Was macht eigentlich… Kathrin Aehling?

Was macht eigentlich… Kathrin Aehling?

Kathrin Aehling war von 2009 bis 2013 bei Kienbaum im Bereich Management Consulting, zuletzt als Senior Consultant am Standort Düsseldorf beschäftigt.

Ihr beruflicher Weg führte Sie danach zum französischen Konzern Schneider Electric, wo Sie zunächst als Head of Talent Management in Deutschland die Entwicklung des Führungsnachwuchses und das Recruiting verantwortete. Anfang 2016 übernahm Kathrin als Senior HR Business Partnerin die HR-Verantwortung für den Geschäftsbereich Energy Management. Anfang 2020 hat Kathrin dann den Schritt raus aus HR und ins Business genommen, seitdem verantwortet Sie als Head of Channel Management B2B Distribution und Electricians mit ihrem Team die Koordination sämtlicher Aktivitäten im dreistufigen Vertrieb über den Elektrofachgroßhandel an die Installateure, Schaltanlagenbauer und industriellen Endkunden.

Kathrin wohnt mit ihrem Partner und ihrer 5-jährigen Tochter bei Köln. In ihrer Freizeit ist sie am liebsten mit der Familie im Campervan unterwegs oder aber auf dem Rad bzw. joggend.

Kathrin Aehling

Was fällt Dir als Erstes ein, wenn Du an Deine Kienbaum-Zeit zurückdenkst?

Die besten Kollegen und Kolleginnen, die man sich vorstellen kann, eine spannende und vor allem auch lehrreiche Zeit mit einer steilen Lernkurve. Ich fand es klasse, dass ich schon früh sehr viel Verantwortung übernehmen durfte und zeitgleich unheimlich viele Einblicke in unterschiedliche Unternehmenskontexte und -themen bekommen habe. Bei Kienbaum habe ich erfahren dürfen, was fantastisches Teamwork ist und wie man als Team mit Freude und Zusammenhalt auch durch Phasen sehr hoher Belastung gehen kann. So habe ich das nie wieder erlebt und es hilft mir bis heute, mir darüber bewusst zu sein, was ich, wenn notwendig, zu leisten imstande bin.

Wer oder was hat Dich besonders geprägt bei Kienbaum?

Das waren vor allen Dingen die Menschen, das Team. Bei Kienbaum habe ich großartige Kolleginnen und Kollegen mit einem ähnlichen Wertesystem getroffen, extrem viele kluge Köpfe, von denen ich viel lernen konnte und die offen ihr Wissen geteilt haben. Und wenn es bei Kienbaum hart auf hart kam und irgendeine Deadline vorlag, haben alle an einem Strang gezogen. Was ich aus meiner Zeit bei Kienbaum bis heute noch mitgenommen habe sind die Kontakte, aber vor allen Dingen richtig enge Freundschaften: viele großartige Menschen und vor allen Dingen auch starke, mutige und inspirierende Frauen, mit denen ich noch Kontakt habe und mit denen ich zum Teil sogar heute noch zusammenarbeite. Das ist für uns alle eine sehr prägende Zeit gewesen und die hat sehr zusammengeschweißt. Ich finde, die Kienbaum-Zeit – mit allem, was dazu gehört; sowohl Arbeit als auch Feiern – war schon etwas Besonderes.

Wie hat die COVID-19-Phase Dein Arbeitsumfeld und Deine Arbeitsweise verändert?

Oberflächlich betrachtet hat sich für mich persönlich tatsächlich erst einmal gar nicht so viel verändert. Schneider Electric ist sehr progressiv, was neue Arbeitsformen angeht: wir haben schon seit ein paar Jahren eine Flexibility@Work-Policy, welche Dinge wie die freie Arbeitsplatz- und Arbeitszeitwahl, Möglichkeiten zum Sabbatical usw. regelt. Bereits vor der Pandemie habe ich zwei bis drei Tage pro Woche von zuhause aus gearbeitet und war die restliche Zeit unterwegs oder im Büro. Komplett ins Homeoffice zu wechseln war allerdings auch für mich nicht einfach. Zum einen fand im Homeoffice die parallele Betreuung eines Kleinkindes statt und zum anderen habe ich kurz vor dem ersten Lockdown einen komplett neuen Job übernommen: Ich bin vom Team HR ins Business gewechselt. Das war fachlich eine große Herausforderung und zudem habe ich ein neues Team übernommen. Ein Team kennenzulernen und mit diesem zusammenzuarbeiten, wenn alle zuhause sitzen, das hat mich anfangs stark beschäftigt. Wir haben schnell angefangen, jede Woche ein digitales Teammeeting abzuhalten. Allen Widrigkeiten zum Trotz haben wir in diesem einen Jahr so ein richtiges „Wir-Gefühl“ entwickelt.

Als Head of Channel Management Distribution & Electricians bin ich für die Koordination aller Aktivitäten (Marketing, Vertrieb, Pricing, Verträge, etc.) in einem Vertriebskanal verantwortlich. Unser Vertrieb war schon vor der Pandemie mit digitalen Endgeräten ausgestattet. Meine größte Herausforderung war es dann aber, unseren Vertrieb in kürzester Zeit  in die Lage zu versetzen, die Kundenbesuche komplett digital durchführen zu können. Das ist, wie man sich vorstellen kann, im Handwerk nicht besonders einfach: der Elektriker steht eher auf der Baustelle, als dass er hinter dem Rechner sitzt und auf den digitalen Besuch eines Herstellers wartet. Aber wir haben diese Herausforderung als Team exzellent gemeistert und am Ende des schwierigen Corona-Jahres tatsächlich sowohl bei der Customer Facing Time als auch beim Umsatz ein trotz Pandemie erfolgreiches Jahr verzeichnen können.

Hat sich dein Führungsverhalten in dieser Zeit geändert?

Ich führe in der Doppelspitze und teile mir die Führung des Teams mit einem Kollegen – allerdings nicht in Teilzeit, sondern beide in Vollzeit. Wir sind sehr unterschiedlich und davon kann das Team sehr profitieren. Dadurch, dass das Team zwei Führungskräfte hat, können wir näher dran sein und es ist immer einer erreichbar. Wir haben allerdings schon klare Verantwortlichkeiten: ich bin verantwortlich für den dreistufigen Vertrieb und mein Kollege für den Vertrieb über Partner. Für alle übergeordneten Themen sind wir gemeinsam zuständig.

Mein Führungsverhalten hat sich nicht verändert. Es ist situativ davon abhängig, was die einzelnen Mitarbeiter:innen brauchen und wie selbständig sie sind. Ich weiß, ich habe Mitarbeiter:innen, die melden sich, wenn sie etwas haben, und solche, bei denen ich ab und zu einmal nachfragen muss. Da ich das Team noch nicht so gut kannte, hatte ich zu Beginn befürchtet, dass es remote schwerer sei, ein Wir-Gefühl aufzubauen und auch zu bemerken, wenn einzelne Teammitglieder bspw. überlastet sind. Aber diese Angst war ziemlich unbegründet.

Wünschst du dir die Office-Kultur zurück, wie sie vor Corona herrschte?

Bei uns gab es kürzlich eine Umfrage unter den Mitarbeiter:innen mit genau dieser Frage. Nach der Pandemie: Wollt Ihr weiterhin im Homeoffice bleiben, teils, teils oder vollständig zurück ins Büro? Und der überwältigende Großteil hat sich für teils, teils ausgesprochen. Das merkt man bei sich selbst ja auch: irgendwann fällt einem die Decke auf den Kopf, wenn man den ganzen Tag in seinem Homeoffice sitzt und nicht einmal das Haus verlässt – und dann noch mit einem Kleinkind im Hintergrund, puh! Schneider Electric ist super unterstützend und offen, bei uns gibt es schon seit Wochen die Möglichkeit, einen Schnelltest zu machen, wenn wir ins Büro gehen und das tue ich im Moment etwa alle zwei Tage. Meinem Team ist es völlig freigestellt, aber auch diese Kolleg:innen kommen hin und wieder. Dann geht man gemeinsam Mittagessen und merkt, wie alle es genießen, einmal zu Hause heraus zu kommen, sich auszutauschen, Zeit im Team zu verbringen. Ich glaube auch, dass für das Teamgefühl persönliche Kontakte und persönliche Teammeetings wichtig sind. Ich glaube, es ist ein Trugschluss, dass alles digital stattfinden kann.

Wie ist es euch gelungen als Team remote zusammenzuwachsen?

Wir haben im Herbst gemeinsam beschlossen, digitale Mittagspausen einzurichten. So haben wir neben dem wöchentlichen Teamcall einmal die Woche ein digitales Mittagessen und eine digitale Kaffeepause. Da kann sich jeder, der Zeit hat, einchecken und das nimmt das Team super an. Hier geht es tatsächlich um Smalltalk: was steht gerade an, was beschäftigt einen privat? Zudem haben wir eine digitale Weihnachtsfeier veranstaltet: wir haben zusammen digital Plätzchen gebacken, das war cool und hat richtig viel Spaß gemacht. Und trotzdem ist es so: alle freuen sich darauf, sich irgendwann mal wieder persönlich treffen zu können und abends gemeinsam mit einem Wein an der Theke zu sitzen.

Du führst Dein Team als Doppelspitze, zuhause machst du das ja auch. Möchtest Du vielleicht erzählen, wie Euch die gleichberechtigte Elternschaft gelingt?

Gerne. Grundsätzlich finde ich das Teilen von Verantwortung gut, das kommt allen zugute.

Als wir uns entschieden haben, wir wollen ein Kind, war auch schnell klar, dass wir uns die Care-Arbeit und die Elternschaft gleichberechtigt teilen wollen. Zum einen war mir mein Job schon immer wichtig und ich hätte mir nicht vorstellen können, über einen längeren Zeitraum in Elternzeit zu gehen und für Nils, meinen Partner, war es anders herum wichtig, nicht nur der Vater zu sein, der morgens aus dem Haus geht und spät abends nach Hause kommt, sondern für unsere Tochter Hanna da zu sein und seinen Teil an der Erziehungsarbeit zu übernehmen. Somit haben wir entschieden, uns die Elternzeit zu teilen. Ich war die ersten sechs Monate zu Hause und Nils im Anschluss sieben Monate, in denen er am Ende die Eingewöhnung in die Kita übernommen hat. Seitdem arbeiten wir beide Vollzeit und teilen uns alle anderen täglichen Aufgaben 50/50. So haben wir es in der Corona-Zeit auch gemacht. Ich habe morgens gearbeitet und nebenbei die 395. Folge „Bibi & Tina“ angemacht, kleinere und größere Katastrophen gelöst – u. a. versucht den pinkfarbenen Textmarker unter der Wohnzimmerdecke zu entfernen. Aber so ist es halt. Und mittags haben wir dann den Wechsel gemacht, so dass ich am Nachmittag konzentriert arbeiten konnte. Tatsächlich sind wir so bislang durch diese Pandemie gekommen, ohne dass einer völlig am Limit gelaufen ist oder die Hauptlast dieser Zeit tragen musste.

So ist es auch in normalen Zeiten: ich bin für die Frühschicht zuständig und Nils holt Hanna aus dem Kindergarten ab und ist dann nachmittags mit ihr zu Hause und kümmert sich. So bekommen wir Familie und Arbeit seit fünf Jahren – Hanna wird jetzt sechs – unter einen Hut und können uns beide beruflich verwirklichen, aber auch beide Zeit mit unserer Tochter verbringen und für sie da sein. Natürlich ist das auch manchmal eine Herausforderung und erfordert sehr viel Absprache; wir planen immer sonntags, wie die nächste Woche aussieht. Und wenn einer auf Dienstreise geht, dann muss man jonglieren, aber es funktioniert sehr gut und ist uns sehr wichtig. Gleichberechtigung ist für uns ein zentraler Wert, den wir Hanna vorleben und mitgeben wollen.

Wie empowerst du deine Mitarbeiter?

Da müsstest Du meine Mitarbeiter fragen. Genau sagen kann ich es nicht, aber ich hoffe, dass sie sich von mir empowered fühlen. Ich bin jemand, der schon die Richtung vorgibt, und ich habe eine Idee, wo ich hin möchte mit meinem Team, was das Ziel ist. Dann wiederum kann ich aber auch sehr viel Freiheit lassen, zumindest solange ich das Gefühl habe, es läuft. Ich weiß, ich habe hohe Ansprüche sowohl an mich als auch an das Team. Wichtig ist aber, nicht nur die Ansprüche zu kommunizieren, sondern dem Team dabei zu helfen, dorthin zu kommen und dabei eine Art Mentoren-Rolle zu übernehmen. Wir arbeiten quasi in einer Schnittstellenfunktion mit sehr viel Troubleshooting und „Führen ohne Macht“. Wir sind fachlich für die Ausrichtung vieler Anderer verantwortlich – das ist eine große Herausforderung, wenn man nicht disziplinarisch vorgesetzt ist. Da versuche ich das Team hinzuführen und sie zu coachen. Die Nagelprobe meiner Empowerment-Fähigkeiten steht jetzt an: ich werde ein fünfmonatiges Sabbatical machen. In diesen fünf Monaten wird sich zeigen, ob ich mein Team empowered habe und sie ohne mich als Führungskraft klar kommen. Eine Herausforderung für alle, aber ich bin mir sicher, dass das Team dies wuppen wird!

Welche Chancen siehst du in der aktuellen Situation?

Vieles, was uns in den letzten Jahren als Narrativ immer und immer wieder erzählt wurde, bspw. die angebliche Unvereinbarkeit von Klimaschutz und prosperierender Wirtschaft oder auch die Unmöglichkeit der Verlagerung der Arbeit ins Homeoffice, ist im letzten Corona-Jahr drastisch widerlegt worden. Gebetsmühlenartig wurde gepredigt, man könne den Menschen nicht verbieten, mit dem Auto überall hin zu fahren oder jeden Tag in den Flieger steigen, um Geschäftstermine in einer anderen Ecke Deutschlands wahrzunehmen, oder aber man brauche die Arbeitnehmer:innen zwingend im Büro, damit man sicherstellen kann, dass sie auch tatsächlich arbeiten. Und dann kommt eine Pandemie und ganz viele Dinge sind mit einem Mal nötig und im Positiven auch möglich. Wir wohnen in der erweiterten Einflugschneise des Kölner Flughafens und hier sind über Monate keine Flugzeuge übers Haus geflogen. Die Natur hat sich erholen können, das ist doch unglaublich. Ich finde die Pandemie hat uns nicht nur Negatives gebracht. Im Gegenteil: ich finde es sehr ermutigend, zu sehen, was möglich ist, wenn man wirklich will oder – wie in diesem Fall – muss. Ich hoffe sehr, dass wir es gesellschaftlich und politisch schaffen, dieses Momentum zu nutzen und Dinge wirklich zu ändern.

Vielen Dank für das spannende Gespräch!

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