Ehrlichkeit, Mut, Begeisterungsfähigkeit

Ehrlichkeit, Mut, Begeisterungsfähigkeit

Mehr denn je entscheidet über den Erfolg einer Unternehmensentwicklung, die idealen Führungskräfte und Top-Talente zu gewinnen. Das Problem: Häufig treffen tradierte und in der Vergangenheit erfolgreiche Verhaltens- und Entscheidungsmuster auf neue Erwartungen und Anforderungen seitens der begehrten Zielgruppe(n). Jörg Breiski, Managing Director & Partner Executive Search bei Kienbaum, gibt aus seiner Beratungspraxis wertvolle Impulse für Top-Entscheider:innen.

Die Besetzung von Schlüsselpositionen hat für Unternehmen höchste strategische Bedeutung. Dabei geht es nicht nur um eine wichtige Investitionsentscheidung, sondern unter anderem auch darum, effektive Impulse zu setzen in Bezug auf Innovationsfähigkeit, Veränderungsmanagement und Kulturwandel und damit für die Wettbewerbsfähigkeit und den Unternehmenserfolg. Daher ist die Bereitschaft und das Interesse vieler Top-Entscheider:innen hoch, neue Wege zu gehen und für die Besetzung einer Schlüsselposition Persönlichkeiten in Betracht zu ziehen, die nicht dem bisherigen Unternehmensstandard entsprechen.

Studium, Branchenerfahrung, bereits getragene unternehmerische Verantwortung und Führungserfahrung verlieren zunächst an Bedeutung – Hauptsache „anders“, modern, innovativ, digital und mit weiterem Entwicklungspotenzial ausgestattet. Und nebenbei bemerkt: „Qualität vor Geld“ und bezüglich Arbeitszeit- und -ort präsentiert man sich gerne als zeitgemäß und mit hoher Flexibilität.

Mutig sein, wenn es ernst wird

Wird es jedoch im Entscheidungsprozess ernst und konkret, so verlässt viele Top-Entscheider kurz vor der Ziellinie der Mut. Sie fallen zurück in altbewährte Muster und halten an den Kriterien fest, die sie doch mit der geplanten Neueinstellung gerne über Bord werfen wollten. Damit entsteht wenig Raum für neue Ideen, wertvolle Impulse zur Veränderung, andere Denk- und Arbeitsweisen und kulturellen Wandel.

Zudem verpasst man die Gelegenheit, von dem Wissen und der Erfahrung aus anderen Branchen zu profitieren. Gleiches gilt für das Thema „Erfahrung und Track Record“ einer Person: Bei allem anfänglichen Mut schwindet häufig das Zutrauen der Entscheider:innen, wenn jemand noch nicht mindestens x Jahre erfolgreich in vergleichbarer Position gestanden hat. Und wer weiß schon, ob bestehendes Potenzial wirklich ausgeschöpft werden wird?

Plötzlich findet man sich doch in einer klassischen Diskussion um Geld und die klar vorgegebenen Gehaltsstrukturen eines Unternehmens wieder. Sowie um die Frage, ob es überhaupt eine Möglichkeit gäbe, flexibel zu arbeiten. In Einzelfällen besteht dann nicht nur die Erwartung, sondern auch noch die Verpflichtung zum Umzug an den Arbeitsort innerhalb eines definierten Zeitraums.

Top-Talente für sich begeistern

Das Gewinnen von Top-Talenten auf allen Ebenen eines Unternehmens ist sicherlich eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Damit verbindet sich nicht nur die Innovationskraft und die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens, sondern auch die Entwicklung von Leistungsträgern für das zukünftige Geschäft.

Daher geben sich Unternehmen inzwischen große Mühe, optimale und attraktive Rahmenbedingungen für die begehrten Talente im Markt zu schaffen. Die Ideen und Angebote sind je nach Branche und Handlungsdruck inzwischen so vielfältig und kreativ, wie man sich dies noch vor fünf Jahren nicht hätte vorstellen können. Bei allem Bemühen übersehen manche Unternehmen jedoch einen wichtigen und vielleicht alles entscheidenden Aspekt: Auch Top-Talente entscheiden sich am Ende nicht für ein Unternehmen, sondern für Menschen, mit denen sie gerne arbeiten und erfolgreich sein möchten.

Daher täten Unternehmen gut daran, darauf zu achten, dass in den Gesprächen mit Kandidatinnen und Kandidaten auch wirklich die „Talent-Magnete“ des Unternehmens am Tisch sitzen, die nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für die Zukunft des Unternehmens stehen und dies mit Begeisterung, Motivation und Inspiration transportieren können. Mit Gesprächen nach „Gutsherrenart“ oder Versuchen, Kandidaten „streng unter die Lupe zu nehmen“, gewinnt man heute keinen Blumentopf mehr – zumindest nicht bei den Top-Talenten!

Mehr Ehrlichkeit bei Diversity

Auch wenn das Thema Diversity – abgesehen vom Thema der Frauenquote – über die letzten zwei bis drei Jahre immer weniger Raum in der öffentlichen Diskussion eingenommen hat, so dürfte doch Konsens darüber bestehen, dass jedes Unternehmen von der personellen und sozialen Vielfalt seiner Mitarbeiter nur profitieren kann.

Im Sinne des Unternehmenserfolges tun Organisationen also gut daran, die individuelle Verschiedenheit ihrer Mitarbeiter nicht nur zu tolerieren, sondern diese auch aktiv zu fördern und wertzuschätzen. Dies ist nicht nur eine Frage des Personalmanagements, sondern auch eine wichtige unternehmensstrategische Aufgabe. Aber ein Blick auf die Realität zeigt: Mehr Ehrlichkeit täte der Unternehmenslandschaft in Deutschland und damit unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit gut.

In Entscheidergremien und noch mehr in der Öffentlichkeit werden die Bedeutung von Diversität und die Verankerung in den Unternehmensgrundsätzen gerne stolz demonstriert und idealerweise mit plakativen Beispielen untermauert. Man gibt sich gerne modern, fortschrittlich und weltoffen. Geht es jedoch um die Besetzung von Top-Funktionen, so wandelt sich das Bild gelegentlich – zumindest hinter dem Vorhang. Ein dezentes “Zurseitenehmen” mit dem sinngemäß freundlichen Hinweis „Ich glaube, ein Mann passt gerade in dieser Funktion doch besser zu uns“, kommt doch immer wieder mal vor.

Kein Wunder also, dass Deutschland im internationalen Vergleich zu den Schlusslichtern in puncto Frauen in Führungspositionen zählt. Damit heben wir uns nur knapp von Ländern wie Indien und der Türkei ab. Wenn also Frauen in Top-Positionen ein guter Indikator dafür sind, wie veränderungsfähig eine Unternehmenskultur insgesamt ist, dann stellen wir uns damit aktuell leider kein gutes Zeugnis aus.

Es geht aber nicht nur um den Anteil von Frauen in Führungspositionen, der sich relativ leicht ermitteln lässt. Nicht weniger bedeutend sind auch die anderen unter Diversitätsgesichtspunkten relevanten Themen, die eben nicht so leicht quantifiziert werden können, wie zum Beispiel Ethnie, Alter, Behinderung, sexuelle Orientierung, Familienstand, Elternschaft oder auch Vielfalt von Kompetenzen. Natürlich nicht offenkundig, aber in Einzelfällen spürbar, tun sich manche Entscheider immer noch schwer, den Diversitätsgedanken zu leben und umzusetzen.
Wir sehen: Mut, Begeisterungsfähigkeit und Ehrlichkeit – mit diesen drei Tugenden sind große Sprünge bei der Gewinnung von Top-Talenten möglich!

Haben Sie Fragen? Sprechen Sie uns an!

Jörg Breiski | E-Mail: Joerg.Breiski@kienbaum.de | Tel.: +49 89 45 87 78-66