So gelingt die Probezeit

So gelingt die Probezeit

Die ersten 100 Tage im Job entscheiden häufig darüber, ob es langfristig zwischen Arbeitgeber und Neuzugängen funktioniert. So entscheiden sich bisweilen Karrieren. Leider machen beide Seiten sehr viel falsch. Eine Anleitung.

Anna, 43 Jahre und langjährig erfahrene Führungskraft, hat sich sehr auf den ersten Arbeitstag gefreut. Den modernen Bürokomplex kannte sie schon vom Vorstellungsgespräch. Sie wusste, dass der Kaffee gut ist. Ihre Aufgaben hatte sie realistisch vor dem geistigen Auge. Und nun wurde sie auch noch smart begrüßt. Der erste Tag war eine Aneinanderreihung von Aufmerksamkeiten und schönen Momenten. Sie teilte sich ihr Büro mit einer sehr angenehmen Kollegin.

Doch etwa nach einer Woche fehlte ihr etwas, um genau zu sein jemand. Ein Buddy. Jemand, der Zeit hatte, ihr wichtige Fragen zu beantworten. Ihr Antworten auf die Fragen zu geben, die nicht im Intranet stehen: Wie ticken die Menschen hier? Was hängt wie zusammen, worauf muss sie achten, welche Assistentinnen konnten ihr helfen? Sie lernte die Eigenarten des neuen Arbeitgebers nicht umfänglich genug kennen…

Christine Kentzler

Christine Kentzler, Principal im Bereich Executive New Placement bei Kienbaum

Unternehmen geben sich immer mehr Mühe beim Employer Branding. Erst recht in Zeiten des Fachkräftemangels, inzwischen auch „Arbeiterlosigkeit“ genannt, weil es längst nicht mehr nur einen Mangel an Fachkräften gibt. „Onboarding von Führungskräften läuft in Unternehmen leider immer noch zu oft nach dem Prinzip „Schwimmen oder Untergehen“, sagt Christine Kentzler, Expertin für New Placement bei Kienbaum.

Nur rund ein Viertel der Unternehmen verfolgen einen strukturierten und systematischen Onboarding Prozess. „Nachlässigkeiten und Versäumnisse in diesen ersten 100 Tagen rächen sich, kosten viel Geld und stehen vor allem in keinerlei Verhältnis zum enormen Aufwand bei der Anwerbung von neuen Leuten“, sagt Christine Kentzler. Die Kosten für eine Fehlbesetzung auf Top-Level können sich bis auf deutlich mehr als ein Jahresgehalt summieren.

Auch neue Mitarbeitende vernachlässigen teils einige Dinge, wie die Erfahrung zeigt: „Es wird oft unterschätzt, was unter der Wasseroberfläche liegt: Viele denken, es würde genügen, einen guten Job zu machen und sich fachlich zu beweisen. „Das reicht aber eben nicht“, sagt Christine Kentzler. Gerade in der Anfangszeit sei es wichtig, auf das Beziehungsmanagement zu achten, Stakeholder zu bespielen, Zeit auch darauf zu verwenden sich zu integrieren, sich „erlebbar“ zu machen. „Man muss die Unternehmenskultur kennenlernen, die ungeschriebenen Spielregeln, die bestehenden Allianzen, die Minenfelder.“

Dazu gehören Fragen wie: Wen duzt man, wen solle man lieber siezen? Wird intern per Teams, Slack oder Mail kommuniziert? Wie viel Proaktivität wird verlangt? Was darf ich allein entscheiden, wo sollte ich vorher fragen? Bei alldem helfe oft ein Sparringspartner von außen, mit dem man vertraulich und objektiv die Dinge betrachten und analysieren kann. Hier ist wichtig, den Buddy oder auch den Vorgesetzten nicht allzu sehr mit Fragen zu „nerven“. Da kann ein regelmäßiges, kurzes JFX helfen, wo der Neuankömmling diverse Fragen auf einmal loswird.

Eine weitere Gefahr: die eigenen Ziele und die Roadmap für die ersten 100 Tage aus dem Auge zu verlieren – oder keine zu haben. Für Christine Kentzler liegt ein Kardinalfehler darin, sich darauf zu verlassen, dass Unternehmen bzw. Vorgesetzte schon für die eigene Integration und Einarbeitung sorgen: „Hier werden Unternehmen zwar immer besser, aber das ist ganz klar eine Holschuld beim New Hire. Hier muss ich als neuer Mitarbeiter aktiv werden. Ich muss kontinuierlich tracken: Wo stehe ich und wo muss ich regelmäßig sowie aus verschiedenen Quellen Feedback einholen?“

Besondere schwierig war die Situation, wenn man aus dem Homeoffice startete: Gerade die Themen Visibility, Vernetzung, informelle Gespräche seien extrem wichtig in der Anfangszeit und virtuell aber ungleich schwerer. Man kommt inhaltlich nicht so leicht in die Themen, es fehlt dann doch der kurze, aber stete Informationsfluss vor Ort.

Um das wettzumachen, rät Christine Kentzler, die Frequenz der Kommunikation hochzufahren: Möglichst viele Einzelgespräche führen, proaktiv und beständig darin bleiben, um sich die benötigten Informationen und Terminen mit relevanten Mitarbeitenden, Kollegen und Stakeholdern zu holen. Viele Einzel- und Gruppen-Termine per Videokonferenz machen und eine digitale Team-Meeting-Kultur etablieren, die den persönlichen Kontakt und Vertrauen sowie den offenen und fachlich konstruktiven Austausch fördern.

Kienbaum unterstützt Onboarding-Prozesse intensiv und das auf beiden Seiten: Unternehmen werden dabei unterstützt, die entsprechenden Konzepte und Tools zu entwickeln. New Hires werden von Christine Kentzler im Rahmen der Probezeit mit einem Onboarding Coaching begleitet. Dazu gehört unter anderem:

 

  • Formulieren einer Erfolgsstory
  • Differenzierte Herausarbeitung eines Stärken-/Schwächenportfolios
  • Analyse der Zielfunktion und der Erwartungen
  • Ziele und Roadmap der ersten 100 Tage
  • Erfolgreiche Steuerung der Gruppendynamik
  • Bespielen der Unternehmenskultur

 

„Aus meiner Sicht ist der wichtigste Faktor die innere Haltung: Bewusstsein darüber zu haben, dass die ersten 100 Tage eine sehr erfolgskritische Zeit sind, in der ich unter Beobachtung stehe und mich beweisen muss“, sagt Christine Kentzler. Ein Neuling sei aus Sicht des Unternehmens, der Kollegen, des Chefs und der Kolleg:innen eben ein „unbeschriebenes Blatt“. Gleichzeitig ist die Probezeit aber auch eine susbstantielle Chance, denn, so Christine Kentzler: „Wer in dieser Zeit die Segel richtig setzt, hat das beste Set-up für nachhaltigen Erfolg im neuen Unternehmen gesetzt.“

 

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Christine Kentzler | E-Mail: Christine.Kentzler@kienbaum.de | Telefon: +49 89 45 87 78-84

 

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