Wie Führungskräfte im asiatischen Markt auf die Krise reagieren können

Wie Führungskräfte im asiatischen Markt auf die Krise reagieren können

Die weltweit grassierende Corona-Krise trifft die globale Konjunktur mit voller Wucht. Dieser Schock stellt durch Einschränkungen sowohl auf der Angebots- (Supply-Chain) als auch auf der Nachfrageseite (Konsum) eine duale Herausforderung für unsere Volkswirtschaften dar und wird internationale, teils harsche, ökonomische Folgen nach sich ziehen.

Asien als die initial betroffene Region befindet sich neben Europa, den USA und vielen weiteren Regionen noch immer fest im Griff der Epidemie. Gravierende wirtschaftliche Folgen sind auch hier bereits spürbar und Rezessionen selbst im Falle einer raschen Besserung der Lage auf Gesamtjahressicht nicht mehr abzuwenden.

Nichtdestotrotz stellt sich in dieser Zeit die Krisenerprobtheit vieler asiatischer Länder als besonders vorteilhaft heraus. Die asiatischen Staaten haben bereits in der Vergangenheit stark unter den Folgen von Epidemien und Gesundheitskrisen gelitten: SARS (2003), H3N2 (1968, auch bekannt als „Hong Kong Grippe“), oder H2N2 (1958, auch „Asiengrippe“ genannt). Daraus haben sie vieles gelernt, was ihnen nun bei der Limitierung der COVID-19-Ausbreitung zu Gute kommt. Das zeigt sich beispielsweise in Taiwan oder Südkorea.

Aus der Sicht von Kienbaum in Asien möchten wir im Folgenden einen kurzen Blick auf Chancen nach der Krise richten. Bildlich untermalt sehen wir dies in der chinesischen Wortherkunft des Begriffs „Krise“ (), welcher sich aus den Symbolen für „Gefahr“ und „Chance“ zusammensetzt.

Hierzu ist es interessant, noch einmal die vergangenen Krisen und deren wirtschaftliche Implikationen zu betrachten und diese auf die jetzige Situation und deren Folgen zu übertragen.

So heißt es beispielsweise, dass die SARS-Krise 2003 in China den Aufstieg des Online-Handels im Land nachhaltig unterstützt hat. Wirtschaftsgrößen wie das Unternehmen Alibaba, das heute als absoluter Gigant neben der amerikanischen Konkurrenz im E-Commerce wahrgenommen wird, haben durch ein nachhaltig geändertes Kaufverhalten deutlich profitiert. Die Veränderung der Kunden-Präferenz vom klassischen Einzelhandel hin zu digitalen Marktplätzen konnte sich dauerhaft durchsetzen, der vermutete Einmaleffekt durch eine akute Krisenbewältigung bewahrheitete sich nicht. Die chinesischen „E-tailing“-Aktivitäten von 2003 bis 2011 stiegen exponentiell und Chinas Online-Handel wuchs gar siebenmal stärker als der in den USA.

Potenzielle Gewinner der Corona-Krise

Wie lässt sich dieser Anstieg nun auf die derzeitige wirtschaftliche Situation übertragen? Hierzu müssen wir wohl Annahmen darüber treffen, in welcher Form sich Konsumenten, Investitionsverhalten und Geschäftsmodelle durch COVID-19 verändern könnten.

Wie in jeder Krise wird es auch dieses Mal Gewinner geben – analog zu Alibaba. Diese lassen sich aktuell vor allem unter den Anbietern digitaler Geschäftsmodelle wiederfinden. Sollten wir als Konsumenten nun neu adaptierte Konsumgewohnheiten beibehalten, so werden sich entsprechende Technologien als Geschäftsmodelle noch stärker etablieren.

Einige stellvertretende asiatische Beispiele sind die folgenden:

  • Digitale Plattformen im Bereich „E-Learning“ könnten sich sowohl auf Unternehmensebene als auch im Bildungssektor langfristig durchsetzen und Lernen fundamental erleichtern. Schon jetzt haben digitale Lernkonzepte in Firmen, aber auch in privaten und öffentlichen Bildungseinrichtungen in vielen Ländern Anklang gefunden. Die Entwicklung könnte auch hier noch stärker in Richtung „Gamification“, „Micro-Learning“ oder sogar „Augmented & Virtual Reality“
  • Online-Lösungen zur Gesundheitskonsultation wie „Ping An Good Doctor“ oder „Dingxiang Doctor“ haben China bei der Krisenbekämpfung einen guten Dienst erwiesen und könnten aus Sicht der Patienten auch in Zukunft als veritable Alternative zum klassischen Arztbesuch angesehen werden. „Hallo Doc“ in Indonesien und „Dr Anywhere“ in Singapur sind weitere Beispiele. Hier könnte ein profitables Geschäftsmodell entstehen, welches Wartezimmer entlastet und Infektionsketten in Zukunft frühzeitig unterbricht.
  • Auch der Bereich des „E-Governing“ wird in Asien vermutlich deutliche Zuwächse verzeichnen. Länder wie Singapur und Indien profitieren jetzt besonders von einer bereits bestehenden digitalen Administration, da sie bereits im Vorfeld viele Service- und Verwaltungsleistungen auf digitale Kanäle umgestellt hatten. Andere Nationen werden sicherlich nachziehen.
  • Nicht zu vergessen ist ein weiterer Ausbau der technischen Infrastruktur (Soft- und Hardware), welche die Arbeit aus dem Home-Office ermöglicht. Ein anhaltender Boom im Bereich Video-Conferencing, Cloud-Computing sowie bei Organisations- und Kommunikationssoftware in verschiedensten Kategorien ist zu erwarten.
  • Interessant ist ebenfalls, dass Hersteller von Luxusartikeln nun endlich ein langanhaltendes Tabu brechen und dem asiatischen Internetkunden ihr gesamtes Sortiment auch online zur Verfügung stellen. Immerhin treiben Kunden aus der Region rund ein Drittel der globalen Nachfrage in diesem Segment (geschätzt 50 Mrd. EUR im Jahr 2018). Hier wird sich zeigen, wie weit sich der Focus von teuren und prestigereichen Boutiquen in asiatischen Innenstädten und Flughäfen in die Online-Welt verlagern wird.

Aber auch für Unternehmen in klassischeren Geschäftsfeldern stellt die Krise eine Chance dar:

  • Die Produkte aus dem Bereich „Packaged Food“ der amerikanischen Firma DOLE (der weltweit größte Frucht- und Gemüse-Produzent) wurden im Rahmen der Krise derart nachgefragt, dass die Herstellung massiv ausgebaut werden musste. Hans-Friedrich Zeh, welcher in Singapur für die globale Produktion des Unternehmens verantwortlich ist, bestätigte, dass sich der bereits lange anhaltende Trend hin zu einer bewussteren Ernährung in der Region durch die Krise noch beschleunigt.
  • Ebenso könnten durch nationale Interessen getriebene Investitionen in bestimmten Geschäftsfeldern stark ansteigen. So stellten wir fest, dass auch in Asien Angebotsketten massiv gestört sind und Staaten Tendenzen zeigen, zu einer nationaleren Versorgungspolitik zurückzukehren. Profiteure könnten beispielsweise Hersteller im Bereich der Prozesstechnologie in der Lebensmittelherstellung sein, was uns Dominique Kull, welcher für die Schweizer Firma „Bühler“ die Sparten Getreideverarbeitung und Technologieentwicklung in Süd-Ost-Asien leitet, bestätigt.

Kernpunkte einer erfolgreichen Personalstrategie

Es zeigt sich folglich, dass in Zeiten der Krise immer auch Chancen entstehen, welche in die langfristige Planung und strategische Ausrichtung von Unternehmen mit einfließen sollten. Um dies in die Tat umsetzten zu können, brauchen Unternehmen die richtige Personalstrategie, auch bzw. insbesondere in Bezug auf lokale Märkte. Im Folgenden haben wir einige Empfehlungen zusammengestellt, welche wir als Kernpunkte einer erfolgreichen Personalstrategie für Asien sehen:

  • Ein „Digital-Mindset“ wird als gesamthafte Kompetenz immer wichtiger – Egal, ob es sich um das Führen von digitalen Teams oder die Konzeptionierung und Einbettung von digitalen Verkaufsstrategien handelt. Machen Sie keine Kompromisse und beurteilen Sie die digitale Kompetenz Ihrer Mitarbeiter und Führungskräfte – auch und gerade auf Ebene der Unternehmensleitung.
  • Betrachten Sie die asiatischen Märkte weiterhin als dynamische Wachstumschance. Geänderte Prämissen auf Konsumentenseite werden in dieser dynamischen Region – vor allem im E-Commerce – eine rasche Umsetzung finden. Hierzu brauchen Sie frühzeitig die richtigen Talente.
  • Antizipieren Sie potenzielle Chancen und Geschäftsmöglichkeiten so früh wie möglich, um das hierfür notwendige Führungspersonal und Expertenwissen rechtzeitig zu beschaffen und langfristig an Ihr Unternehmen zu binden. Vor allem nach der Krise, in einem wirtschaftlichen Aufschwung, werden die hoch-kompetitiven asiatischen Talentmärkte unter weiteren Druck geraten und die Gehälter langfristig nach oben schnellen.
  • Sollten Entwicklungsländer, welche es vor allem in Süd-Ost-Asien gibt, im Jahr 2020/21 besonders betroffen sein, so stellt dies eine zusätzliche Herausforderung dar. Stellen Sie dafür eine starke Führungsmannschaft vor Ort sicher, welche mögliche wirtschaftliche Sparmaßnahmen im Unternehmenskontext versteht und diese in den kulturellen Kontext übersetzen kann.
  • Auch wenn die Kernaufgabe der Krisenbewältigung aus dem europäischen Homeoffice stattfinden wird: Stellen Sie sicher, dass Ihre Kollegen in Asien Ihr „Commitment“ zu dieser Aufgabe wahrnehmen. So sichern Sie langfristig nicht nur die Bindung von performanten Mitarbeitern an das Unternehmen, Sie zeigen damit auch „Gesicht“. Dies ist von besonderer Bedeutung, da sich in vielen asiatischen Gesellschaften Loyalität stärker gegenüber Führungskräften als auf Organisationen bezogen abspielt.
  • Arbeiten Sie bei Gegenmaßnahmen sehr analytisch und unterscheiden Sie trennscharf, ob ein Mitarbeiter aufgrund der Krise oder aber aufgrund anderer Gegebenheiten Verbesserungspotenziale besitzt. So stellen Sie sicher, dass Sie nach COVID-19 ein hoch-performantes Team haben, um sich auf einen raschen und dynamischen Aufschwung in Asien vorzubereiten.
  • Setzten Sie in Zeiten von Sparmaßnahmen verstärkt auf nicht-monetäre Anreize. Loben Sie sogenannte „Brand-Champions“, welche sich in Krisenzeiten vorbildlich für das Unternehmen einsetzten, öffentlich. Asien gerät häufig aus dem Fokus, wenn es zuhause „brennt“. Anerkennung kann hier sehr viel bewegen.
  • Schauen Sie kritisch auf die Möglichkeiten des digitalen Arbeitens. In Asien sind Reisekosten ein essenzieller Kostenpunkt für jedes Unternehmen. Zwar werden Geschäftsreisen auch nach der Krise noch nötig sein, jedoch birgt die derzeitige Situation den ungewollten Feldversuch, inwieweit es auch ohne physische Präsenz möglich ist, ein Geschäft zu führen und zu organisieren.

Asien bleibt Zukunftsmarkt

Es ist letztlich fraglich, welchen Pfad die gesamtökonomische Entwicklung Asiens im Rahmen von COVID-19 nehmen wird. Verläufe in Form diverser Buchstaben (von „V“ über „U“ bis „W“ und „L“) sind derzeit denkbar. Ökonomen halten aktuell wohl eine Entwicklung in Form eines „V“ oder zumindest eines „Swoosh“ für die realistischste Variante – sprich, ein starker Absturz mit anschließenden milden Zuwachsraten.

In allen Fällen gilt jedoch: Asien ist weiterhin DER fundamentale Zukunftsmarkt und wird – wahrscheinlich noch mehr als vor der Krise – die größte Triebfeder des globalen Wirtschaftswachstums darstellen. Deutsche und europäische Unternehmen werden hier einen langfristigen, starken Absatzmarkt mit kontinuierlich steigender Kaufkraft vorfinden.

In Krisenzeiten gilt daher auch für uns die chinesische Weisheit: „Mit Feuer prüft man Gold, mit Schwierigkeiten die Entschlossenheit”.

 

Kienbaum in der Welt

Mit 26 Büros in 14 Ländern ist Kienbaum der ideale Partner um gemeinsam mit Ihnen das volle Potenzial Ihrer Organisation zu entfalten – nicht nur in Deutschland und Europa, sondern rund um den Globus. Dank jahrzehntelanger internationaler Präsenz bietet Ihnen Kienbaum ein unvergleichliches Verständnis für die lokalen Märkte. Mit vier eigenen Büros in Asien umspannt unsere länderübergreifende Expertise die wichtigsten Wirtschaftszentren der Region.

 

Sie haben Fragen oder möchten mehr erfahren? Wenden Sie sich gerne an unseren Autor:

David Liendgens | Mail: David.Liendgens@kienbaum.com.sg | Tel.: +65 6838 0731

 

Das könnte Sie auch interessieren

No items found