Mit digitaler Führungskompetenz durch die Krise

Mit digitaler Führungskompetenz durch die Krise

Das Coronavirus hat nach Asien nun auch Europa und Nordamerika im Griff. Einschneidende Maßnahmen sozialer und wirtschaftlicher Natur sind die Folge. Sie sind notwendig, um eine rasante Ausbreitung des Virus einzudämmen.

Die wirtschaftlichen Folgen dieser Maßnahmen zeichnen sich bereits jetzt deutlich ab: Viele Unternehmen ziehen die Konsequenz aus ihrer Verantwortung für die Gesundheit der Belegschaft und schicken ihre Mitarbeitenden, sofern möglich, ins Homeoffice. Doch nicht jede Organisation hat bis dato flächendeckende Homeoffice-Strukturen implementiert und sieht sich deshalb gezwungen, technologisch aufzurüsten, um die Geschäftsfähigkeit auch in der ungewissen Krisenzeit aufrecht zu erhalten. Folglich sind die Herausforderungen für Organisationen immens.

Die Umstellung auf virtuelles, digitales Arbeiten ist jedoch nicht nur eine strukturelle und technologische Frage, sondern vor allem eine Frage von Führung. Digitale Führungskompetenz ist derzeit unumgänglich, um Teams effektiv aus der Distanz zu führen. Bei Kienbaum setzen wir uns seit langem intensiv mit diesem Thema auseinander und haben so ein integriertes Verständnis digitaler Führungskompetenz erarbeitet.

Der Dreiklang Digitaler Führungskompetenz

Digitale Führungskompetenz setzt sich aus drei Komponenten zusammen: Virtuelle Führung, Geteilte Führung und Digitalkompetenz (Fastenroth, Knappstein, & Jochmann, 2019).

Virtuelle Führung bedeutet, dass der soziale Einflussprozess von Führung nun primär durch den Einsatz digitaler Kommunikationstechnologien erfolgen muss. Um diese Art der Führung zu praktizieren, ist eine ausgeprägte Digitalkompetenz, also ein umfassendes Wissen und eine positive Grundhaltung gegenüber digitalen Technologien – ein digitales Mindset – unumgänglich.

Dass die Zusammenarbeit nun nicht mehr face-to-face, sondern remote und teilweise sogar asynchron stattfindet, reduziert die Kontrollmöglichkeiten von Führungskräften. Deshalb müssen diese zunehmend Verantwortung abgeben und auf ihre Mitarbeitenden übertragen. Geteilte Führung nennt sich dieser Ansatz, in dem die Führungskraft als Coach agiert und ihren Mitarbeitenden mehr Verantwortung für die gemeinsamen Ziele überträgt und sie zunehmend in Entscheidungsprozesse einbindet, um diese langfristig zu motivieren und die Performanz des Teams sicherzustellen. Studien zeigen, dass geteilte Führung die Teamleistung besonders positiv beeinflusst, wenn kreative Lösungen gefragt sind und wenn die Aufgabenkomplexität und Abhängigkeit zwischen den Teammitgliedern zur erfolgreichen Bearbeitung einer Aufgabe hoch sind.

Digitale Führung

Digitale Führungskompetenz

Best Practices zum Führen virtueller Teams

Neben dem Verständnis für digitale Führungskompetenz stellt sich die Frage, was Führungskräfte in der Praxis beachten müssen, um ihr Team virtuell zum Erfolg zu führen. Ausgehend von den Befunden von Malhotra, Majchrzak und Rosen (2007) möchten wir Ihnen die folgenden Best Practices mit auf den Weg geben:

1. Vertrauen aufbauen und erhalten

Ein Klima des Vertrauens und der Unterstützung ist unumgänglich für das Funktionieren virtueller Teamarbeit. Bauen Sie Vertrauen auf, indem Sie regelmäßige virtuelle Get-togethers abhalten; beispielsweise ein virtuelles Teammeeting jeden Montag und Freitag, um die Wochenziele und -ergebnisse zu besprechen. Hierbei gilt es, das Prinzip des „Equal Sufferings“ zu beachten. Das bedeutet, dass die Zeiten, zu denen diese Meetings stattfinden, für alle Mitarbeitenden erreichbar sein sollten, oder, falls dem nicht so ist (z. B. bei Teammitgliedern in verschiedenen Zeitzonen oder bei Eltern, die Kinder betreuen müssen), wechseln, so dass alle Teammitglieder gleich oft profitieren bzw. „benachteiligt“ sind. Weiterhin sollten die virtuellen Get-togethers genutzt werden, um Regeln, Prozesse und Verhaltensnormen zu etablieren, damit die Teammitglieder wissen, wie sie sich im Team verhalten sollten.

2. Produktivität managen

Nutzen Sie digitale Technologien, um die Produktivität zu erhöhen. Hier geht es vor allem um die effiziente Planung und Durchführung von virtuellen (Regel-)Meetings. Das bedeutet beispielsweise, dass asynchrone Kommunikation genutzt werden kann, z. B. Mails oder digitale Kollaborations- und Projektmanagementplattformen, um das Meeting vorzubereiten. Sammeln Sie Informationen und Projektfortschritte und diskutieren Sie diese dann synchron im Team.

3. Verteilte Diversität fördern

Diversität hat viele Gesichter. Zwar erhöht die Corona-Krise nicht unbedingt die kulturelle Diversität in ihrem Team, doch spielen andere Facetten von Diversität eine entscheidende Rolle: Teams leben davon, verschiedene Kompetenzprofile mit unterschiedlichen fachlichen Hintergründen zu integrieren, um Lösungen zu entwickeln und Aufgaben zu bearbeiten. Ohne Face-to-face-Kommunikation wissen Teammitglieder oft nicht, welche hilfreichen Kompetenzen ihre Kollegen besitzen. Führungskräfte sollten deshalb Kompetenzprofile der einzelnen Mitarbeitenden aufstellen und an das gesamte Team versenden. Auch können asynchrone Kommunikationsmedien, beispielweise digitale Chatplattformen, genutzt werden, um diverse Meinungen, Vorschläge und Sachverhalte im Team zu diskutieren.

4. Kommunikation zur Zielüberprüfung

Auch im virtuellen Team gilt: Überprüfen Sie Fortschritt und Zielerreichung. Asynchrone Kommunikationsmedien bieten enorme Möglichkeiten, Performance zu tracken. Doch Vorsicht: Zu starkes Reglementieren und Überwachen können zu Mikromanagement führen und untergraben so die Produktivität und Motivation genauso wie zu wenig Kontrolle. Hier gilt es, ein adäquates Maß zu finden, denn geteilte Führung bedeutet nicht die Abwesenheit von Führung (Laissez-faire-Führung).

5. Visibilität erhöhen

Virtuelle Teams bergen oft die Gefahr, dass bestimmte Teammitglieder nur bedingt außerhalb des Teams wahrgenommen werden. Wenn Sie jetzt auf virtuelle Teamarbeit umstellen, bedenken Sie, dass diese auch alle Gremien betrifft, in denen Sie mit ihren Teamkollegen face-to-face vertreten sind, beispielweise Meetings mit anderen, höher gestellten Führungskräften. Diese sollten entweder auch virtuell stattfinden oder Sie sollten, wenn Sie als Führungskraft nun nur noch alleine an diesen Meetings teilnehmen, Sorge dafür tragen, dass die Leistung und der Beitrag Ihrer Mitarbeitenden dort wahrgenommen werden. Andernfalls laufen Sie Gefahr, dass Ihre Mitarbeitenden ihren Beitrag außerhalb des Teams nicht sehen und dadurch auf lange Sicht demotiviert werden.

6. Enabling der Teammitglieder

Zu guter Letzt ist ein kontinuierliches und angemessenes Enabling der Mitarbeitenden entscheidend, was mit Punkt fünf einhergeht. Loben Sie gute Leistungen Ihrer Mitarbeitenden im virtuellen Get-together. So fühlen sich diese für ihre Leistung wertgeschätzt und erfahren Anerkennung von anderen Teammitgliedern. Auf diese Weise stärken sie den Teamzusammenhalt und die Motivation Ihrer Mitarbeitenden auch über die räumliche Distanz hinweg.

Wir hoffen, dass Ihnen diese Best Practices in Ihrem (neuen) Arbeitsalltag weiterhelfen und stehen jederzeit für einen konstruktiven Dialog zum Thema zur Verfügung. Bleiben Sie gesund!

Bei Fragen wenden Sie sich gerne an Walter Jochmann (walter.jochmann@kienbaum.de) und Lukas M. Fastenroth (lukas.fastenroth@kienbaum.de).


Quellen:

  1. Fastenroth, L. M., Knappstein, M., & Jochmann, W. (2019). Digitale Führungskompetenz – eine neue Kurzskala hilft bei der Messung. Wirtschaftspsychologie Aktuell, 4, 48-52.
  2. Malhotra, A., Majchrzak, A., & Rosen, B. (2007). Leading Virtual Teams. Academy of Management Perspectives, 21(1), 60-70.

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