Kienbaum Artists' Book
2024 | Eva Berendes | Thoughts and Feelings

Eva Berendes‘ Werke sind abstrakte Malereien oder Skulpturen oder irgendetwas dazwischen. Die Künstlerin verwendet verschiedene Materialien wie Stoff, Gips, Lochbleche, Gitter, etc.
Sie verhandelt in ihnen nicht nur spezifische Fragen der einzelnen Kunstgattungen, sondern auch die Übergänge oder Wechselbeziehung zu den angewandten gestalterischen Disziplinen wie Architektur, Design und Kunsthandwerk. Ihre Werke hinterfragen daher nicht nur ihre eigene Autonomie, sondern auch das Verhältnis zum Betrachter, der durch sie in eine aktivere Rolle eines Benutzers versetzt wird.

 

Für ihr Künstlerbuch hat sie neue Textilarbeiten erstellt und diese im Moment des Werdens fotografisch dokumentiert. Jede Buchseite gibt einen Ausschnitt der Stoffarbeit im Maßstab 1:1 wieder. Stofffalten, Nähte, Stecknadeln und Staubflusen wirken haptisch greifbar und lassen jedes Detail als eigene Komposition erscheinen. Gleichzeitig verhindert die Nähe das Erfassen in der Gesamtheit.

2024 | Eva Berendes | Thoughts and Feelings

 

136 Seiten mit farbigen Abbildungen | herausgegeben von Laura und Jochen Kienbaum | 24 x 32 cm | Softcover

“Für das Künstlerbuch habe ich eine Reihe noch unfertiger Textilarbeiten zusammen mit dem Fotografen Heinrich Holtgreve fotografiert – in Ausschnitten, die im Buch im Originalmassstab reproduziert werden. Knitterfalten, Stecknadeln und Staubflusen sind sichtbar und erzeugen einen trompe-l’oeil-artigen Effekt auf dem Papier. Verbindungen und Kontraste in den Kompositionen entstehen auf einzelnen Seiten und über das Blättern des Buches hinweg, es ergibt sich ein Spiel mit Varianz und Wiederholung. Kurze Auszüge aus Whatsapp-Chats sind dem Bildmaterial beigestellt. Wie die abgebildeten Kompositionen haben sie etwas Unfertiges und sind für das Buch nicht redigiert worden. Sie geben Einblick in banale und tiefgründige Aspekte des Prozesses und entsprechen auch den parallel stattfindenden Aktivitäten des Chattens und Arbeitens im Studio.” (Eva Berendes, 2023)

Portrait: Eva Berendes | Fotograf: Dale Grant Photography

Untitled, 2012 Stahl, Messing, Lack 140 x 115 x 90 cm Foto: Jens Ziehe

Über das künstlerische Werk

Eva Berendes schafft abstrakte Werke, die sich eindeutig weder der Malerei oder Skulptur zuordnen lassen. Gemeinsam sind ihnen eine kräftige Farbigkeit, monochrome Farbflächen, klare geometrische Formen und die Verwendung von unterschiedlichsten Materialien und Texturen.

Die Künstlerin hat ihre Werke schon früh aus der Fläche gelöst und in den Raum hineinwirken lassen oder gezielt für bestimmte Orte entwickelt. Dabei sind Werkserien entstanden, die Räume aufteilen, Übergänge markieren oder den Betrachter zur Interaktion aufzufordern scheinen. Immer wieder verwendet Eva Berendes dabei Formen und auch Materialien, die uns aus dem Alltag vertraut sind oder Erinnerungen an Gebrauchsgegenstände wecken. So hat sie nicht nur Installationen mit Vorhängen gestaltet, sondern einige Skulpturen greifen die Formen von Paravents, Toren (Gates), Warensicherungen (Guards) oder auch die Stahlkonstruktionen von Spielplätzen auf. Inspiriert wird sie von anderen angewandten gestalterischen Disziplinen wie Architektur, Design, Mode und Kunsthandwerk. Häufig arbeitet sie an Projekten auch direkt mit den Kreativen aus diesen Bereichen zusammen.

Dennoch spielen ihre skulpturalen Werkgruppen oft mit den klassischen Elementen der Malerei: Es gibt einen Träger (Gitter oder Stoff und Keilrahmen), eine Modifikation des Bildvierecks und Farbe auf Stoff. Ihre Werke wurden als Reflexionen einer „sich in den Raum ausdehnende[n] Malerei“ (Bonner Kunstpreis) bezeichnet.

Das Medium Buch bewegt sich ebenso zwischen der Zwei- und Dreidimensionalität. Es ist einerseits Objekt, das in die Hand genommen und vom Betrachter benutzt werden kann. Andererseits bannen die Buchseiten alles ins Zweidimensionale.

Eva Berendes hat für das Buch an einer Serie von neuen Stoffarbeiten gearbeitet. Die Buchseiten zeigen originalgroße Ausschnitte der noch nicht fertiggestellten Stoffarbeiten. Durch diese Wiedergabe wirken der geknitterte Stoff, die ausgefransten Ränder und die Stecknadeln haptisch und wie Täuschungen des Auges. Gleichzeitig thematisieren sie den Herstellungsprozess. Nach Fertigstellung wirken die Stoffarbeiten wie Malereien, auch wenn die einzelnen Elemente nicht gemalt, sondern vielmehr übereinandergelegt und genäht sind.

Ausstellung

Anlässlich des Erscheinens des KIENBAUM ARTISTS‘ BOOK eröffnen wir eine Ausstellung mit Werken von Eva Berendes, diese zeigt eine Auswahl an älteren Arbeiten, aber auch die neue Serie von Stoffarbeiten, die für das KIENBAUM ARTISTS‘ BOOK entstanden sind.

Eva Berendes | Selected Works
12.12.23 – 22.3.2024

Die Ausstellung kann nach vorheriger Anmeldung besucht werden.

Anmeldung bitte unter: Julia.Wedlich@kienbaum.de

Zur Edition der KIENBAUM ARTISTS‘ BOOKS

Seit 2007 erscheint jährlich ein KIENBAUM ARTISTS‘ BOOK: Für das Künstlerbuch erhält eine Künstlerin oder ein Künstler, die Möglichkeit die eigene Arbeitsweise in Form eines Buches vorzustellen. Dabei entstehen manchmal Bücher, die einen Blick hinter die Kulissen gewähren und dabei Materialien oder auch Arbeitsprozesse sichtbar machen, die sonst nur im Atelier zu sehen sind. Andere Künstler:innen schaffen ein Kunstwerk in Buchform oder nutzen es um etwas Neues auszuprobieren. Es gibt Bücher mit einem konzeptuellen Ansatz, aber auch solche, die eher klassisch die Kunstwerke präsentieren und kontextualisieren. Jedes Buch ist daher eine besondere Begegnung mit der Kunst.

Über die Künstlerin

Eva Berendes studierte an der Akademie der Bildenden Künste München, an der Hochschule der Künste Berlin und am Chelsea College of Art & Design in London, wo sie 2002 einen MA abschloss. Heute lebt und arbeitet sie in Berlin. Ihre Arbeiten präsentierte sie in zahlreichen internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen und sie erhielt 2021 den Bonner Kunstpreis. Die Künstlerin arbeitet häufig auch an interdisziplinären Projekten mit Architekten und Designern. Werke der Künstlerin sind in öffentlichen Sammlungen vertreten, u.a. in der Sammlung der Bundesrepublik Deutschland, der Mercedes-Benz Art Collection, der Sammlung der Deutschen Bundesbank sowie der ständigen Sammlung des Kunstmuseum Bonn vertreten.