Performance Management: Hebel zu mehr Chancengleichheit

Performance Management: Hebel zu mehr Chancengleichheit

Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt im sozialen und unternehmerischen Kontext eine zentrale Bedeutung: Mitarbeitende fordern nicht nur eine nachhaltige Unter­nehmensführung und -entwicklung, sondern auch Sicherheit und Fairness am Arbeitsplatz. Vor diesem Hintergrund ist auch der Aspekt der Chancengleichheit für viele Unternehmen besonders relevant. Die Kienbaum Fokusstudie „Performance Management 2022“ hat untersucht, welche Ausgestaltungs­varianten des Performance Managements auf eine höhere Chancengleichheit einzahlen, und was Unternehmen tun können, um sich proaktiv in diesem Bereich zu platzieren.

Immer mehr Unternehmen richten ihre Unternehmenssteuerung an den ESG-Kriterien (Environmental, Social und Governance) aus. Nachhaltigkeit umfasst dabei in diesem Zusammenhang alle Maßnahmen, die darauf abzielen, unseren Planten und das soziale Miteinander langfristig erfolgreich zu machen – und das bezogen auch auf Unternehmens- und People-Prozesse. Dabei gewinnt auch Chancengleichheit immer mehr an Relevanz. Im Fokus steht dabei die Förderung gleicher Chancen und Möglichkeiten für alle Menschen, unabhängig von unterschiedlichen soziodemografischen Ausgangsbedingungen. So weisen bereits frühere Studien auf den Wettbewerbsvorteil eines systematischen Diversity Managements, auf den höheren Erfolg divers aufgestellter Teams und auf eine bessere Unternehmensperformance bei größerer (Chancen-)Gleichheit hin. In Zeiten einer Knappheit von Talenten und High Potentials können es sich Unternehmen regelrecht nicht mehr leisten, mögliche Top-Performer durch systematisch verwehrte Aufstiegschancen oder eine klare Ungleichbehandlung zu verlieren.

Erfolgsfaktor Chancengleichheit: Warum es sich lohnt

Chancengleichheit ist kein Selbstzweck. Vielmehr sollten sich die ergriffenen Maßnahmen für Unternehmen und ihre Mitarbeitenden auch rentieren. Dass dies in vielen Unternehmen gelingt, zeigt die Kienbaum-Studie „Performance Management 2022“, die einen signifikanten Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Chancengleichheit und dem Unternehmenserfolg offenlegt. Dieser äußert sich in der Arbeitgeberattraktivität, der Zufriedenheit der Mitarbeitenden und in ihrer Leistungsbereitschaft. Gleichzeitig sind positive Effekte für die Unternehmensperformance aus wirtschaftlicher Sicht erkennbar: Unternehmen mit einer höheren Chancengleichheit berichten von einer stärkeren Innovationskraft, Rentabilität und Agilität. Kurzum: Eine Investition in Chancengleichheit über zielgerichtete Maßnahmen lohnt sich.

Leistungsdefinition  

Nicht die Form der Ausformulierung entscheidet, sondern die Umsetzung der Leistungsdefinition durch Fairness, Erreichbarkeit und Vergleichbarkeit: Die meisten befragten Unternehmen steuern Leistung über quantitative Kenngrößen (69 Prozent) und qualitative Beiträge (77 Prozent). Kollektive und individuelle Ziele werden von rund der Hälfte der Teilnehmenden zur Leistungsdefinition herangezogen.

Interessanterweise achten nach eigener Angabe nur 32 Prozent der Unternehmen explizit darauf, dass Zielvereinbarungen in ihren , das heißt in ihrem Ambitionsniveau, zwischen Abteilungen und Bereichen abgestimmt sind. Dabei trägt dieser Aspekt erfahrungsgemäß oft zu stark unterschiedlichen Ambitionsleveln in den Zielvereinbarungen bei und kann somit Chancengleichheit regelrecht untergraben.

Die Ergebnisse der Befragung bestätigen diesen Eindruck: Unternehmen, welche beispielsweise durch Quervergleiche gleiche Anforderungen zwischen Bereichen und Führungskräften sicherstellen, berichten von einer signifikant höheren Chancengleichheit. Der aktuell zu beobachtende Trend, der zur Kollektivierung variabler Vergütungsbestandteile zu Lasten individueller Ziele führt, löst die Bedeutung des Quervergleichs und die Abstimmung in der Leistungsmessung mitnichten auf. Diese Anforderungen an die Kalibrierung gelten genauso aber auch für die individuelle Leistungs- beziehungsweise Kompetenzbeurteilung.

Leistungsmessung und -beurteilung

Unternehmen mit höherer Chancengleichheit greifen auf einheitliche, standardisierte und transparente Kriterien und Instrumente zurück. Bei fast 40 Prozent der befragten Unternehmen sind die Informationen und Evidenzen zur Beurteilung der Mitarbeitenden nicht transparent und einheitlich definiert. Des Weiteren prüfen nur etwa 45 Prozent, ob ihre Informationen und Evidenzen sowie ihre Instrumente zur Leistungsmessung auch tatsächlich diskriminierungsfrei sind und zur Chancengleichheit beitragen. Dies ist insbesondere kritisch zu bewerten, da einheitlich definierte, transparente und diskriminierungsfreie Evidenzen, Kriterien und Instrumente zur Beurteilung mit einer deutlich erhöhten Chancengleichheit zusammenhängen. Dies deckt sich stark mit Erfahrungen aus der Beratungspraxis, in der wir regelmäßig Defizite in Verfahrenstransparenz, einen Mangel an Beurteilungsgrundsätzen oder heterogene Beurteilungspraktiken als relativ leicht zu behebende Hygienefaktoren in der Leistungssteuerung identifizieren.

Eine multiperspektivische Beurteilung nutzt rund die Hälfte der befragten Unternehmen. Dabei setzen sie mehrheitlich auf ein Self-Assessment und oder integrieren ein Feedback weiterer Führungskräfte zusätzlich zu dem der direkt vorgesetzten Führungskraft in den Prozess. Die aktuelle Studie zeigt jedoch, dass eine eindimensionale Beurteilung nicht ausreicht. Werden unterschiedliche Perspektiven in den Performance-Prozess integriert, so steigt die wahrgenommene Chancengleichheit signifikant

Erfolgsfaktoren im Performance Management für mehr Chancengleichheit

Erfolgsfaktoren im Performance Management für mehr Chancengleichheit

 

Leistungssteuerung

Die Mehrheit der befragten Unternehmen (69 Prozent) hat einen standardisierten und transparenten Jahresprozess mit bekannten Meilensteinen, Rollen etc. etabliert. Hierbei kalibrieren beziehungsweise vergleichen jedoch nur 39 Prozent der Unternehmen die Leistungsbeurteilungen im Rahmen von Abstimmungsrunden und Gremien. Diese sind erfahrungsgemäß ein wichtiger Faktor, um Ungleichheit in der Bewertung zwischen Beurteilenden zu eliminieren und eine höhere Vergleichbarkeit sicherzustellen. Die Ergebnisse der Studie sowie unsere Praxiserfahrung zeigen, dass breiter aufgestellte Leistungsbeurteilungen ebenso wie klar ausgedrückte quantitative oder qualitative Erwartungshaltungen an Leistung mit einer höheren Akzeptanz, Mitarbeiterzufriedenheit und Leistungsbereitschaft einhergehen. Gleichzeitig wird auch eine erhöhte Chancengleichheit wahrgenommen.

Die Studienergebnisse lassen außerdem den Schluss zu, dass insbesondere ein hoher Standardisierungs- und Transparenzgrad des Prozesses einen Beitrag zu Chancengleichheit leisten kann. Einen signifikanten Einfluss im Jahresprozess für die Chancengleichheit zeigen zudem auch unterjährige Standortbestimmungen – ein klarer Trend im Performance Management, den wir bereits seit Jahren beobachten und welcher zu Erwartungsklarheit und Fairness durch kurzzyklische Rückmeldungen beiträgt.

Leistungskonsequenzen

Chancengleichheit manifestiert sich vor allem in der Nachvollziehbarkeit der Karriereentscheidungen entlang transparenter und klarer Kriterien. Mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmen machen Vergütungsanpassungen und Boni von standardisierten und transparenten Kriterien abhängig. Im Bereich der Nachvollziehbarkeit der Höhe der variablen Vergütung berichten sogar fast 80 Prozent von einer Ausrichtung an klaren und transparenten Kriterien.

Betrachten wir die Leistungskonsequenzen im Hinblick auf die Chancengleichheit, so zeigt sich insbesondere eine hohe Bedeutung der Nachvollziehbarkeit und der kriteriengeleiteten Ermittlung von Vergütungs- und Karriereentscheidungen. Unternehmen, die von einer höheren Chancengleichheit berichten, machen insbesondere die Ableitung von Beförderungen und Boni an einheitlichen, für alle gleichermaßen geltenden Kriterien fest und fördern so die gleichen Erreichbarkeitschancen für alle Mitarbeitenden. Auch der gleichberechtigte Zugang zu Entwicklungsmöglichkeiten sowie alternative Karrierewege tragen laut der Befragungsergebnisse signifikant zu mehr Chancengleichheit im Unternehmen bei.

Fazit

Die Fokusstudie 2022 zur Bedeutung des Performance Managements für die Chancengleichheit in Unternehmen zeigt wirkungsvoll die Wichtigkeit der Ausgestaltung des Systems für nachhaltig ausgerichtete People-Prozesse. Die Ergebnisse weisen auf die hohe Bedeutung von standardisierten, einheitlichen und kriteriengeleiteten Systemen hin, welche die Vergleichbarkeit in Leistungserwartung und -beurteilung unternehmensübergreifend sicherstellen und resultierende Rewards transparent und nachvollziehbar vergeben. Dabei entsteht nicht nur ein Mehrwert für Unternehmen hinsichtlich ihres gesellschaftlichen und politischen Images, sondern auch im monetären und nicht-monetären Unternehmenserfolg. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, die bereits in vielen Unternehmen (teilweise) implementierten Maßnahmen zu professionalisieren und anzureichern.

Zur Studie

Im Rahmen der Kienbaum-Fokusstudie „Performance Management 2022“ wurden Ausgestaltungsvarianten des Performance Managements untersucht, die auf eine höhere Chancengleichheit einzahlen. Im Aufbau der Studie orientieren wir uns am Kienbaum Ordnungsrahmen für Performance Management Systeme (siehe Abbildung 1). An der Untersuchung im Frühjahr 2022  haben 170 Unternehmen unterschiedlicher Größen und Branchen teilgenommen.

 

Dieser Artikel ist erschienen in Comp&Ben Ausgabe 4 / August 2022: Zur aktuellen Ausgabe. 

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Mehr zum Thema

Forbes New Research: Diversity + Inclusion = Better Decision Making At Work, 2017.
Forbes: Why Gender Equality Matters In Business Success, 2020.
Krell, G.,/Sieben, B.: Diversity Management: Chancengleichheit für alle und auch als Wettbewerbsvorteil, 2011, in: Krell, G./Ortlieb, R./ Sieben, B. (eds): Chancengleichheit durch Personalpolitik.