Variable Vergütung: Sinn oder Unsinn?

Variable Vergütung: Sinn oder Unsinn?

Seit einigen Jahren schon steht die variable Vergütung im Rampenlicht: Welche Motivationswirkung entfaltet sie wirklich? In welchem Verhältnis steht diese zum Demotivationspotenzial? Der Trend geht in Richtung kleinerer und kollektiver ausgerichteter Boni. Aber wie entlohnt man dann Top Performer, ohne die Fixkosten in die Höhe zu treiben? Und sind dabei Unterschiede nach Zielgruppen zu berücksichtigen?

Das Corona-Jahr 2020 mit seinen extremen Auswirkungen auf Unternehmen sowohl positiver als auch negativer Natur hat gezeigt, welchen Restriktionen variable Vergütung unterliegt. Wir möchten mögliche Alternativen zur Diskussion stellen.

Kienbaum-Studie «Gehälter in der Krise»

 

Unsere Kundinnen und Kunden berichten uns, dass viele Mitarbeitende trotz einer wirtschaftlich schwierigen Situation ihres Arbeitgebers eine Auszahlung der variablen Vergütung erwarten. Personalverantwortliche stellen sich daher die Frage, wie sie mit dieser Erwartung umgehen können, und ob ihr Vergütungssystem mit Blick auf diese Herausforderung richtig aufgestellt ist.

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, haben wir im Rahmen unserer Studie «Gehälter in der Krise» circa 1400 Arbeitnehmende zu ihren Erwartungen und knapp 50 Arbeitgeber zu ihren Plänen der Auszahlung der variablen Vergütung für das Jahr 2020 befragt. Es zeigt sich, dass rund zwei Drittel der Arbeitnehmenden aus Unternehmen, welche von der Krise betroffen sind, eine Auszahlung ihrer variablen Vergütung erwarten. Das Stimmungsbild unserer Kundinnen und Kunden findet sich also in den Daten der Studie wieder. Interessanterweise spielt die Bewertung der eigenen Performance für die Erwartungshaltung der Arbeitnehmenden keine Rolle.

 

Variable Vergütung in der Krise Diagramm

 

Die Erwartung der Arbeitnehmenden an die Auszahlung der variablen Vergütung trifft laut unserer Studie auf vorbereitete Arbeitgeber, welche durchaus gewillt sind, variable Vergütungen auszuzahlen. Dies senkt das Risiko für böse Überraschungen der Arbeitnehmenden.

Jedoch drängt sich die Frage auf, was an der variablen Vergütung variabel ist, wenn sie auch in einem schwierigen Jahr von so vielen erwartet wird – und diese Erwartungen auch noch bedient werden. Verfehlt die variable Vergütung damit nicht ihre ursprüngliche Idee? Und: Ist variable Vergütung unter diesen Vorzeichen überhaupt noch sinnvoll?

 

Stürzt Corona die variable Vergütung in die Krise?

 

In der Theorie ermöglichen variable Vergütungsbestandteile eine Atmung der Personalkosten mit dem Unternehmenserfolg und erfreuen sich deshalb in der Praxis nach wie vor großer Beliebtheit. In „guten Jahren“ sollen Mitarbeitende am erwirtschafteten Unternehmenserfolg partizipieren, während in „schlechten Jahren“ die Kosten für das Unternehmen gesenkt werden. Zusätzlich ermöglichen sie die überdurchschnittliche Vergütung von Top Performern, sofern ein individueller Bestandteil vorgesehen ist. Wie unsere Studienergebnisse verdeutlichen, scheint sich diese theoretisch beabsichtigte Variabilität jedoch nur in sehr begrenztem Umfang in den Erwartungen der Arbeitnehmenden widerzuspiegeln.

Dazu kommt, dass unter anderem aufgrund der Höhe des variablen Anteils die effektive monetäre Variabilität für einen überwiegenden Teil der Arbeitnehmenden zumindest auf Spezialisten- und Sachbearbeiter-/Facharbeiterlevel gering scheint: Bei der Hälfte der befragten Arbeitnehmenden, welche eine variable Vergütung erhalten, beträgt diese weniger als zehn Prozent der Gesamtvergütung. Bei den erwarteten und geplanten Auszahlungsgraden folgt, dass die Schwankung der variablen Vergütung bei sehr vielen Arbeitnehmenden maximal einen halben Monatslohn beträgt. Lohnt sich der Aufwand sowie das Risiko einer Demotivation, sollte die variable Vergütung dann doch einmal geringer ausfallen als erwartet?

 

Variable Vergütung In Der Krise Diagramm 2

 

Anreizinstrumente, die wirklich motivieren

 

Doch welche Alternativen bestehen neben klassischen variablen Vergütungssystemen und einer reinen Fixvergütung? Wie können Mitarbeitende für herausragende Leistungen belohnt und die gemeinsame Erarbeitung von Erfolgen gefördert und honoriert werden?

Einen möglichen Ansatzpunkt bieten Spot-Boni, die auch bei unseren Kundinnen und Kunden an Bedeutung gewinnen: Laut unserer Studie «Performance Management Revisited» denkt jedes zweite Unternehmen über die Einführung einer solchen Lösung nach oder hat sie bereits eingeführt. Dieses Instrument erlaubt es Unternehmen, herausragende Leistungen auf Individual- oder Teamebene unterjährig und ohne großen administrativen Aufwand zu honorieren. Spot-Boni kompensieren Steuerungsverluste, die mit der Verschiebung zu höheren Fixvergütungen oder kollektiven Steuerungsgrößen in der variablen Vergütung einhergehen. Durch die Unmittelbarkeit und kürzere Feedbackzeit wird auch der direkte Zusammenhang mit der erbrachten individuellen bzw. Teamleistung deutlicher.

Einige Unternehmen gestalten Spot-Boni bewusst nicht-monetär aus, um so Wertschätzung statt monetärer Belohnung in den Vordergrund zu rücken. Die Wahl einer geeigneten Belohnung sorgt dafür, dass neben Leistungsanerkennung der Teamzusammenhalt (z.B. Teamevent) oder die Arbeitgeberbindung über einen längeren Zeitraum (z.B. Abo) gestärkt werden. Die wahrgenommene und unter Umständen auf Grund von Steuerfreibeträgen auch die effektive Belohnung wird so schnell größer als ein geringfügiger monetärer Betrag. Auch die Teilnehmenden der aktuellen Kienbaum Performance Management Studie attestieren spontanen und anlassbezogenen Feedbackformaten den höchsten Wirkungsgrad bezüglich Motivation und Leistungssteuerung. Da eine zentrale Charakteristik von Spot-Boni eine spontane – und somit nicht erwartbare – Honorierung darstellt, ist im Falle eines Ausbleibens beispielsweise in Krisenjahren nicht das gleiche Risiko einer Demotivation gegeben wie bei variabler Vergütung.

In der Praxis stellen variable Vergütungssysteme für einige Zielgruppen einen effektiven Anreiz- und Steuerungsmechanismus dar, beispielweise im Vertrieb oder bei Führungskräften mit deutlichen variablen Vergütungsanteilen. In anderen Bereichen sollten Unternehmen kritisch hinterfragen, ob ihr Vergütungssystem den Ansprüchen tatsächlich gerecht wird: Ist das System wirklich variabel? Schüren wir mit der gelebten Auszahlungspraxis nicht ohnehin hohe Erwartungen, die eher einer Fixvergütung gleichen und andernfalls demotivierend wirken? In diesen Fällen könnten Fixvergütungen verbunden mit anlassbezogenen Spot-Boni eine echte Alternative darstellen.

 

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Annika Krienbuehl | E-Mail: Annika.Krienbuehl@kienbaum.com | Tel.: +41 79 608 78 22

Janis Dotschkis | E-Mail: Janis.Dotschkis@kienbaum.de | Tel.: +49 221 801 72-356

Selina Gampe | E-Mail: Selina.Gampe@kienbaum.com | Tel.: +49 711 72 72 17-59