Was Unternehmen aktuell mit Blick auf ihre Personalkosten beschäftigt

Was Unternehmen aktuell mit Blick auf ihre Personalkosten beschäftigt

Angesichts der Inflation wächst der Druck auf Unternehmen, Löhne und Gehälter zu erhöhen. Unternehmen stecken in einem Dilemma: Auf der einen Seite brauchen sie jede motivierte Kraft. Auf der anderen Seite steigen ohnehin schon die Kosten. Ein Ratgeber.

Arbeitnehmer:innen thematisieren die steigenden Lebenshaltungskosten zunehmend. Sie formulieren ihren Unmut mit Blick auf gegebenenfalls unterjährig anstehende Gehaltsrunden oder mit Blick auf die zum vergangenen Jahreswechsel stattgefundene – aus ihrer Sicht (mittlerweile) zu gering ausgefallene – Gehaltsrunde. Nach aktuellen Kienbaum-Untersuchungen waren die Gehaltsteigerungsraten zum Jahreswechsel 2021/22 zwar um rund zwei Prozentpunkte höher als zum Jahreswechsel 2020/21, jedoch wird dies in Zeiten von einer Inflation (im Mai knapp acht Prozent) von den Arbeitnehmer:innen häufig als nicht ausreichend wahrgenommen.

Was wirkt auf die Unternehmen ein?

Konjunkturprognosen und der ifo-Geschäftsklimaindex sinken. Mit gemischten Gefühlen schauen die Unternehmen auch auf die anstehenden Tarifrunden in 2022/23. Die Auswirkungen auf die Personalkosten sind Stand heute unklar. Absehbar hingegen sind die Entwicklungen rund um die zwei geplanten Anhebungen des Mindestlohns im Juli und Oktober dieses Jahres, um dann mehr als 20 Prozent. In der Vergangenheit wurden Anpassungen in der Höhe des Mindestlohns zum Teil durch eine Reduktion der Arbeitszeit kompensiert. Ob dies in diesem Jahr auch der Fall sein wird, ist umstritten. Viele unserer Kunden formulieren die Absicht, den Arbeitnehmer:innen eine Unterstützung bei der Bewältigung der gestiegenen Lebenshaltungskosten zur Verfügung zu stellen. In Zeiten eines derart hart umkämpften Arbeitsmarktes ist die Verunsicherung groß, ob man dabei “konkurrenzfähig” reagiert. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Anfragen an die Kienbaum Vergütungsberatung nach „ganz aktuellen“ Gehaltsdaten (nicht älter als vier bis acht Wochen) steigen.

Was machen die Unternehmen bereits?

Eine Vielzahl unserer Kunden hat das Thema Inflation bei den Gehaltsrunden zum Jahreswechsel 2021/22 bereits im Blick gehabt. Von vielen wurde es bei den vereinbarten Abschlüssen – jedoch in moderater Form – eingepreist. Teils wurden aber auch Extra-Budgets von zwei bis drei Prozentpunkten eingeplant, die jedoch – aus heutiger Sicht – nicht ausreichend waren, um der aktuellen Inflation entgegenzuwirken. In den Unternehmen werden verschiedene auch unterjährige Maßnahmen diskutiert. Dabei besteht große Unsicherheit, welche Höhe bei potenziellen monetären Reaktionen angemessen ist und wie solche Auszahlungen ausgestaltet sein sollten (z.B. Einmalzahlungen, oder Anhebungen der Grundvergütung). Die Vorgehensweisen unterscheiden sich hier durchaus erheblich zwischen den Unternehmen.

Was werden die Unternehmen in naher Zukunft tun?

Der Handlungsdruck bei den Löhnen und Gehältern ist den meisten Unternehmen bewusst. Gleichzeitig sehen wir aber, dass ein Großteil der Unternehmen noch eine abwartende Haltung einnimmt. Dabei achten die Unternehmen nicht nur auf die Inflation, sondern auch auf ihre Positionierung im umkämpften Arbeitsmarkt. Aus Sicht der Unternehmen empfiehlt es sich zu beobachten, wie nachhaltig die oben beschriebenen Entwicklungen sind. Auch gilt es zu beobachten, ob sich spürbare Effekte in den Löhnen und Gehältern in der Breite der Positionen oder nur in für die Unternehmen relevante Schlüsselpositionen zeigen. In einer solchen Phase empfiehlt es sich für die Unternehmen, gegebenenfalls „auf Zeit zu spielen“. Ein probates Mittel hierfür sind unter anderem vereinbarte Einmalzahlungen. Zum einen sind Einmalzahlungen in der Regel einfacher umsetzbar als strukturelle Veränderungen in der Vergütung. Zum anderen wirken sie lediglich kurzfristig und erzeugen damit keine nachhaltigen Effekte in der Personalkostenstruktur. Mit einer Einmalzahlung kann das Unternehmen ein Symbol der Wertschätzung an die Mitarbeitenden senden und „erkauft“ sich gleichzeitig Zeit. Kienbaum Compensation & Performance Management

4 Thesen, wie Unternehmen jetzt reagieren können

Aus den Einschätzungen der Unternehmen und Ihren bisherigen Verhaltensweisen lassen sich einige Thesen ableiten.

1) Rasch ein Zeichen der Wertschätzung an die Belegschaft senden!

Eine frühzeitige Botschaft an die Beschäftigten, dass die gesamtwirtschaftliche Entwicklung angemessen berücksichtigt wird, kann das Arbeitgeberbild schärfen, das einem die Beschäftigten wichtig und etwas wert sind. In einem zunehmend umkämpften Arbeitsmarkt kann ein zu langes Zögern und gar ein Ausbleiben von Reaktionen zu unerwünschten Effekten auf die Belegschaft führen.

2) Die Ausgestaltung der Reaktion muss wohlüberlegt sein – externe Effekte auf die Personalkosten noch in diesem Jahr sind nur zum Teil kalkulierbar

Wie üblich gilt, dass die Antworten der Unternehmen auf den individuellen Kontext angepasst werden müssen. Halten sie die Wirkung auf ihre Arbeiternehmer:innen für angemessen oder wollen/müssen die Unternehmen mehr tun? Welcher Spielraum bleibt für die Unternehmen übrig, um die Personalkosten der übrigen Mitarbeitenden anzupassen? Hier helfen eventuell bereits vorhandene Regelungen oder Öffnungsklauseln, die eine unternehmensindividuelle, ggf. sogar funktions- bzw. funktionsgruppenspezifische Reaktion auf die Situation möglich machen. Auch zeitlich versetzte Maßnahmen der Entwicklung (dauerhaft oder in Form von Pauschalen) – jeweils in Abhängigkeit der weiteren Entwicklungen – wären dabei denkbar.

3) Pauschale Maßnahmen erscheinen nicht sinnvoll – hier gilt es zwischen Solidarität und Leistungsprinzip abzuwägen

Ist der Spielraum erst einmal abgesteckt, empfehlen wir Unternehmen genau hinzuschauen, wo sie aktiv werden wollen. Im umkämpften Arbeitsmarkt sind einige Kompetenzen schwieriger zu ersetzen als andere. Wie wichtig sind einzelne Kompetenzen für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens? Hier gilt es die vorhandenen Ressourcen klug einzusetzen. Auch gilt es neben dem Mittel der Einmalzahlungen weitere Optionen, wie z.B. Retention-Prämien, in Erwägung zu ziehen.

4) Es geht um Signale an die eigene Belegschaft, welche klug kommuniziert werden müssen, um den gewünschten Effekt zu erzielen

Die Arbeitgeber sollten ein deutliches Signal der Unterstützung und Wertschätzung an ihre Arbeitnehmer:innen senden. Beiderseitiges Verständnis ist in diesen Zeiten unabdingbar, um gemeinsam den wirtschaftlichen Erfolg zu sichern. Die aktuelle Situation bietet den Unternehmen auch eine Chance, der Belegschaft und gerade den Schlüsselfunktionen ein starkes Signal der Wertschätzung zu senden und damit ihre Bindung an das Unternehmen zu erhöhen.