Erfolgreiche Führung für die Energiewende

Ambidextrie im Energiesektor – Die Balance zwischen Kerngeschäft und Innovation meistern

Die Energiewirtschaft befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Die Energiewende, getrieben durch den Klimawandel, der Verknappung fossiler Brennstoffe und nicht zuletzt staatlicher Vorgaben, erfordert eine radikale Transformation der Branche. Einerseits muss die Branche weiterhin das Kerngeschäft mit konventionellen Energiequellen wie Kohle, Gas und Öl aufrechterhalten, um die Energieversorgung zu gewährleisten. Andererseits ist der Druck groß, auf nachhaltigere Energiequellen wie Windkraft, Solarenergie und Geothermie umzusteigen, um den Klimawandel zu bekämpfen und die Umweltverschmutzung zu reduzieren. Das stellt Führungskräfte in der Energiebranche vor besondere Herausforderungen.

Führungskräfte im Energiesektor stehen vor der Aufgabe, scheinbar widersprüchliche Ziele zu verfolgen. Um diese zu bewältigen, benötigen Unternehmen der Energiewirtschaft das, was wir als ambidextre Führung bezeichnen. Im Folgenden werden wir uns näher mit den verschiedenen Aspekten der Ambidextrie in der Energiewirtschaft befassen und diskutieren, wie Führungskräfte ihre Unternehmen auf die Zukunft vorbereiten können.

Was bedeutet Ambidextrie für Führungskräfte

Ronnie O’Sullivan ist der erfolgreichste Snookerspieler seit der Gründung des professionellen Weltverbandes 1969. Was ihn von den meisten seiner Konkurrenten abhebt ist seine Ambidextrie – seine Beidhändigkeit. So ist er seltener auf die Hinzunahme eines Hilfsqueues angewiesen und ist häufiger in der Lage den perfekten Stoß auszuüben.

Mitte der 70er-Jahre wurde der Begriff aus der Medizin entlehnt und auf die Unternehmensführung übertragen. Ambidextrie bedeutet hier sowohl effektiv im Kerngeschäft zu agieren als auch gleichzeitig neue Geschäftsfelder zu erschließen. Also gleichzeitig:

  • Effizienz: Das Kerngeschäft muss weiterhin effizient und zuverlässig betrieben werden. Dies erfordert eine Optimierung der Prozesse, eine Reduzierung von Kosten und eine Steigerung der Produktivität, was oft mit eher klassischem Management gelingt.
  • Und Innovation: Das Unternehmen muss in neue Geschäftsfelder investieren und innovative Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Dies erfordert Kreativität, Risikobereitschaft und eine offene Unternehmenskultur.

Es gibt verschiedene Ansätze, um Ambidextrie in Unternehmen der Energiewirtschaft umzusetzen. Einige Beispiele sind:

  • Strukturelle Trennung: Die Schaffung separater Einheiten für das Kerngeschäft und für Innovationen kann helfen, die Fokussierung zu verbessern und Konflikte zu vermeiden.
  • Änderung der Unternehmenskultur: Mitarbeitende sollten darin bestärkt werden, neue Ideen einzubringen und offen über Möglichkeiten zur Optimierung bestehender Prozesse zu diskutieren. Führungskräfte sollten ihre Teams kontinuierlich dazu motivieren, sich neuen Herausforderungen zu stellen und innovative Ansätze zu entwickeln.

Wichtig: Ambidextrie ist keine statische Eigenschaft, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der aktiv gestaltet werden muss. Führungskräfte spielen dabei eine Schlüsselrolle, indem sie die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen und die Mitarbeitenden motivieren und befähigen, sowohl effizient als auch innovativ zu handeln.

Die 4 Rollen der ambidextren Führung

Um Ambidextrie erfolgreich umzusetzen, müssen unterschiedliche Führungsweisen und Rollen im Unternehmen koexistieren:

  • High Performance Leader: High Performance Leader legen den Fokus auf Optimierungspotenziale im Kerngeschäft (Produktverbesserung, Effizienzsteigerung, etc.). Auf Basis von Analysen und Planungen geben sie Ziele, Aufgaben, Standards und Verantwortlichkeiten vor und kontrollieren den Erfolg mit Hilfe von Kennzahlen.
  • Enabler: Enabler gestalten bei gleichbleibendem Fokus auf das Kerngeschäft eine selbstorganisierte und agile Arbeitsweise. Dazu vermitteln sie Kompetenzen, übertragen Verantwortung und agieren als Coach für das Team und einzelne Mitarbeitende.
  • High Innovation Leader: Der Arbeitsfokus der High Innovation Leader liegt auf der systematischen, top-down gesteuerten Innovation neuer Produkte/Services. Sie leiten Ziele aus übergeordneten Strategien ab und steuern klassisch-strukturierte Innovationsprozesse über Meilensteine und Kennzahlen (z. B. Stagegate-Prozesse).
  • Pioneer: Pioneers erkennen Innovationspotenziale am Markt und in der eigenen Organisation. Sie nutzen moderne Methoden, um neue Ideen zu entwickeln, zu testen und zu skalieren. Sie fördern selbstorganisierte Zusammenarbeit, schaffen Freiräume und inspirieren ihre Teams zu Kreativität, „bold moves“ und „out-of-the-box“-Denken.

Wichtige Fähigkeiten für Führungskräfte

Neben den unterschiedlichen Typen von Führungskräften gibt es einige wichtige Fähigkeiten, die alle Führungskräfte in der Energiewirtschaft benötigen, um Ambidextrie erfolgreich umzusetzen:

  • Strategisches Denken: Führungskräfte müssen in der Lage sein, eine klare Vision für die Zukunft des Unternehmens zu entwickeln und diese in eine Strategie umzusetzen, die sowohl das Kerngeschäft als auch Innovation berücksichtigt.
  • Konfliktmanagement: Führungskräfte müssen in der Lage sein, Spannungsfelder, die sich aus den unterschiedlichen Geschäftsmodellen und dadurch bedingt unterschiedlichem strukturellen Rahmen ergeben zu erkennen, aufzuzeigen damit sie besprechbar und normalisiert werden. Denn auflösen lassen sie sich in den meisten Fällen nicht. Dies ist besonders wichtig im Kontext von Ambidextrie, da es oft zu Spannungen zwischen denjenigen kommt, die das Geld erwirtschaften, und denjenigen, die in Innovationen investieren.
  • Innovationsförderung: Führungskräfte müssen eine Unternehmenskultur schaffen, die Kreativität und Lernen fördert. Sie müssen Mitarbeitende motivieren, neue Ideen einzubringen und diese aktiv unterstützen.
  • Veränderungskompetenz: Führungskräfte müssen in der Lage sein, Veränderungen effektiv zu managen und Mitarbeitende durch den Wandel zu führen.

Anpassung der Performance-Management-Systeme im Kontext von Ambidextrie

AmbidextrieUm Ambidextrie in der Energiewirtschaft erfolgreich umzusetzen, ist es notwendig, die Performance-Management-Systeme anzupassen. Traditionelle Systeme fokussieren sich oft auf kurzfristige Ergebnisse und finanzielle Kennzahlen. Dies kann dazu führen, dass Innovationen vernachlässigt werden, da sie oft mit Risiken und Unsicherheiten verbunden sind.

Angepasste Performance-Management-Systeme berücksichtigen sowohl kurzfristige als auch langfristige Ziele sowie finanzielle und nicht-finanzielle Kennzahlen. Sie fördern außerdem eine Unternehmenskultur, die Kreativität, Lernen und Zusammenarbeit schätzt.

Verschiedene Incentivierungsstrategien für das Management von Kerngeschäft vs. Innovation

Es gibt verschiedene Incentivierungsstrategien, die im Kontext von Ambidextrie eingesetzt werden können, um Führungskräfte entsprechend ihrer Rolle im Innovationsprozess oder im Kerngeschäft unterschiedlich zu incentivieren:

  1. Incentivierung des Kerngeschäfts:
  • Kurzfristige Ziele: Führungskräfte können auf der Grundlage kurzfristiger Ziele wie z. B. Umsatz, Gewinn oder Marktanteil incentiviert werden.
  • Finanzielle Kennzahlen: Führungskräfte können auf der Grundlage finanzieller Kennzahlen wie z. B. Rentabilität, Return on Investment (ROI) oder Economic Value Added (EVA) incentiviert werden.
  • Effizienzsteigerung: Führungskräfte können auf der Grundlage von Maßnahmen zur Effizienzsteigerung wie z. B. Kostensenkung, Prozessoptimierung oder Qualitätsverbesserung incentiviert werden.
  1. Incentivierung von Innovation:
  • Langfristige Ziele: Führungskräfte können auf der Grundlage langfristiger Ziele wie z. B. Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen, Erschließung neuer Märkte oder Aufbau neuer Geschäftsmodelle incentiviert werden.
  • Nicht-finanzielle Kennzahlen: Führungskräfte können auf der Grundlage nicht-finanzieller Kennzahlen wie z. B. Anzahl neuer Ideen, Patente oder Markteinführungen incentiviert werden.
  • Förderung von Kreativität und Lernen: Führungskräfte können auf der Grundlage von Maßnahmen zur Förderung von Kreativität und Lernen wie z. B. Teilnahme an Trainings, Workshops oder Konferenzen incentiviert werden.

Kombination von Anreizsystemen:

Die Anpassung von Performance-Management-Systemen ist ein wichtiger Schritt, um Ambidextrie in der Energiewirtschaft erfolgreich umzusetzen. Durch die Verwendung unterschiedlicher Incentivierungsstrategien können für Führungskräfte entsprechend ihrer Rolle im Innovationsprozess oder im Kerngeschäft unterschiedliche Anreize geschaffen werden. Es ist wichtig, eine Kombination aus verschiedenen Anreizsystemen zu verwenden, um sowohl das Kerngeschäft als auch Innovation zu fördern. Dies trägt dazu bei, die Balance zwischen Effizienz und Innovation zu halten und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Die richtige Mischung aus Anreizen hängt von der spezifischen Situation des Unternehmens ab.

Fazit:

Der Wandel in der Energiewirtschaft ist notwendig und unumgänglich. Führungskräfte spielen eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der Herausforderungen und der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft. Sie stehen dabei vor einer doppelten Herausforderung: einerseits die Kernprozesse mit konventionellen Energiequellen aufrechtzuerhalten und andererseits Innovationen für eine nachhaltige Zukunft voranzutreiben.

Die Lösung liegt in ambidextrer Führung, die Effizienz im Kerngeschäft mit Innovationen für neue Energiequellen in Einklang bringt.

Verschiedene Führungstypen wie High Performance Leader, Enabler, High Innovation Leader und Pioneers sind hierfür erforderlich.:

Um Ambidextrie erfolgreich zu implementieren, sollten alle Führungskräfte in der Energiewirtschaft zudem über diese Fähigkeiten verfügen:

  • Strategisches Denken
  • Konfliktmanagement
  • Innovationsförderung
  • Veränderungsmanagement

Da unterschiedliche Führungstypen erforderlich sind, sollte auch das Performance Management entsprechend angepasst werden. Traditionelle Systeme mit Fokus auf kurzfristigen Finanzzielen behindern Innovationen. Überarbeitete Systeme berücksichtigen langfristige Ziele, finanzielle und nicht-finanzielle Kennzahlen sowie eine Kultur der Kreativität.