„Gute Führung bedeutet für mich Empowerment“

„Gute Führung bedeutet für mich Empowerment“

Alexandra Kammer ist Co-Founder & Chief Diversity Officer bei Aivy. Im Gespräch mit Kienbaum Director Jens Bergstein spricht sie in der Interviewreihe "Leadership Journeys: Founders" über ihren Führungsstil, was gute Führung in Start-ups ausmacht und die Wichtigkeit von Diversität und Chancengleichheit im Unternehmen. Im Fokus der Interviewreihe steht das Thema Leadership in jungen Start-ups, welche Art von Führung in einem Start-up-Umfeld besonders zielführend ist und ob sich dieser Ansatz im Laufe der Unternehmensentwicklung verändert.

Alexandra Kammer ist Co-Founder & Chief Diversity Officer bei Aivy.

Alexandra Kammer
Selbst Arbeiterkind, setzt sich Alexandra Kammer heute mit ihrem Team bei Aivy für mehr Chancengleichheit in der Personalauswahl ein. Neben ihrem Studium in Linguistik & BWL an der Universität Mannheim wurde sie Finalistin im Digital Female Leader Award und als Diversity Ambassador im Impact of Diversity Award nominiert. In ihrer wissenschaftlichen Forschung untersuchte sie den Zusammenhang zwischen Diversity und Unternehmenserfolg. Ihre Erkenntnisse fließen in ihre Arbeit bei Aivy, einem der erfolgreichsten Impact-Startups in Deutschland (Platz 5, 2021) und Gewinner der HR-Innovation Awards 2022. Das Start-up ist außerdem bekannt aus der Investor:innen-Show “Die Höhle der Löwen” und konnte im letzten Jahr eine Millionenfinanzierung abschließen. Einflussreiche Medien wie Vogue Germany, brandeins oder das Personalmagazin berichten bereits über Alexandras Arbeit bei Aivy.

 

Was macht „gute Führung“ für Dich persönlich aus?

Gute Führung bedeutet für mich Empowerment. Eine gute Führungskraft schafft es, Klarheit zu schaffen in Hinblick auf die Vision bzw. das Ziel und gleichzeitig Freiheit dabei zu geben, wie dieses erreicht wird. Das bedeutet, die Führungskraft ist die unterstützende Instanz, die beispielsweise durch das gezielte Stellen von Fragen Mitarbeitende dabei unterstützt in die Selbstwirksamkeit zu kommen. Zudem macht gute Führung auch aus, dass man sich als Cheerleader versteht und von der Seitenlinie die Erfolge der Mitarbeitenden hervorhebt, anstatt in Micro Managing zu verfallen.

Außerdem ist es in meinen Augen unabdingbar, dass man sich als Führungskraft seiner wichtigsten Werte bewusst ist und diese auch aktiv lebt. In moderner Führung ist das z.B. Transparenz und Verletzlichkeit. In einer Arbeitswelt, die von multiplen Krisen geprägt ist, ist es wichtig, dass man im Team gemeinsam Lösungen sucht und auch mal zugibt, dass man nicht immer eine Antwort parat hat. Das steigert das Vertrauen und den Zusammenhalt im Team.

Was oder wer hat Dich als Führungskraft geprägt?

Da Aivy mich schon durch das Masterstudium begleitet hat, habe ich nicht viele Führungskräfte, auf die ich zurückblicken kann. Diejenigen, bei denen ich aber am meisten gelernt habe, waren die, die mir freie Hand gegeben haben, um herauszufinden, wo meine Stärken liegen. Ein Thema, das sich wie ein roter Fade durchzieht, da wir mit Aivy individuelle Stärken z.B. auch für Führungskräfte sichtbar machen.

Was mich vermutlich am meisten geprägt hat, ist mein Studium selbst. Dort habe ich viel in Sachen Selbstorganisation und -führung gelernt und gleichzeitig auch die Selbstwirksamkeit lieben gelernt. Ich habe einen interdisziplinären Studiengang gewählt und gleichzeitig BWL und Sprachwissenschaften studiert. Da musste ich meinen eigenen Studienplan zusammenstellen, Auslandssemester organisieren und mich selbst an Deadlines halten, denn das hat sonst niemand für mich übernommen. Es gab aber immer eine Stelle, an die ich mich zur Unterstützung wenden konnte, quasi wie bei einer Führungskraft, die mich unterstützt.

Wie setzt sich ein gutes Gründerteam zusammen?

Ein erfolgreiches Gründungsteam zeichnet vor allem eins aus: Diversität! Das bedeutet vor allem vielfältige Hintergründe und Erfahrungen, zum Beispiel bezüglich der Ausbildung und dadurch Interdisziplinarität. Bei Aivy leben wir genau das. Wir vereinen das Beste aus zwei Welten: Psychologie und Technologie. Dabei sind wir alle die ersten in unserer Familie mit Abitur und Studienabschluss und sind vereint in unserer gemeinsamen Mission Selbstreflexion und Berufsorientierung für Talente einfach zugänglich zu machen, während vor allem Unternehmen auf den ersten Blick identifizieren können, welche Bewerbenden die passenden Stärken für die offenen Stellen mitbringen.

Beschreibe doch mal Deine Führungsrolle bei Aivy: Wie hat sich diese seit der Gründung gewandelt? 

Am Anfang war es am wichtigsten, dass wir alle in die Selbstführung gehen und hier entsprechend lernen, uns auch in die Selbstverantwortung zu nehmen. Arbeiten in und am Start-up bedeutet viele Lernerfahrungen zu machen und jeden Tag den Mut zu haben wieder bei null anzufangen.

Mit dem Wachstum des Teams mussten wir auch an unsere Organisationsstruktur ran, denn wir haben schnell gemerkt, dass klassische Hierarchien nicht für uns funktionieren. Dabei haben wir uns an Holokratie orientiert und bei der Einführung viel gelernt. Wir leben die Philosophie unseres Produktes auch nach innen und arbeiten stärkenbasiert zusammen. Das heißt, jede:r bei Aivy übernimmt eine Rolle, die den individuellen Stärken entspricht und hat hier Eigenverantwortung, diese auszufüllen.

Der Abbau von äußeren Strukturen bedeutet, dass innere Strukturen aufgebaut werden müssen oder wie man so schön sagt “New work needs inner work.” Ein häufiger Denkfehler ist nämlich, dass der Abbau von Hierarchie nun bedeutet, alle müssen alles entscheiden. Das wäre kontraproduktiv und würde nur mehr Arbeit für alle bedeuten. Es geht hier vielmehr darum, dass es in der Verantwortung von jedem Teammitglied liegt, die eigene Rolle auszufüllen und dabei auch Grenzen zu setzen, wenn gewisse Dinge nicht auf die Zielsetzung einzahlen. Da sind wir wieder beim Stichwort Selbstführung und weil wir in solchen Organisationsformen immer in Bewegung blieben, heißt das für meine Rolle, dass ich meine Teammitglieder dazu empowere diesen Impact zu erreichen. Ein wichtiger Bestandteil davon ist, dass wir für eine offene Fehlerkultur und damit für psychologische Sicherheit sorgen müssen.

Bei Aivy gilt “Fail fast. Fail forward.” Wir feiern jeden vermeintlichen Fehler und noch mehr die Erkenntnisse, die wir dadurch gesammelt haben. So verlieren wir nicht an Geschwindigkeit und können alle angstfrei in unsere Führungsrolle hineinwachsen.

Ihr habt euch bei „Die Höhle der Löwen“ beworben und euer Start-up gepitched. Wie hat diese Erfahrung Dich als Führungskraft oder das Start-up verändert?

Das war auf jeden Fall eine spannende Erfahrung für uns alle und ich habe viel gelernt z.B. in der Pressearbeit. Einer der schönsten Effekte ist wohl, dass durch die gesteigerte Sichtbarkeit mittlerweile über 60 Unternehmen Aivy einsetzen, die sich direkt von unserer Mission angesprochen gefühlt haben und mit uns nun individuelle Stärken sichtbar machen, um objektive HR-Prozesse zu gestalten!

Deine Meinung in einem Satz zu:

  • Unternehmenskultur: Lieber weniger und wirklich gelebte Werte statt überladene Poster, die viele nur müde anlächeln. Am besten wissenschaftlich und objektiv gemessen mit Aivy.
  • Workations: Coole Option, für mich mit Grenzen: Wenn der Laptop zu ist, ist er zu.
  • Sustainability:  Unabdingbar, wenn wir auf diesem Planeten weiterleben wollen und längst überfällig.

 

xdeck und Kienbaum haben sich zusammengeschlossen, um Organisationen bei der Weiterentwicklung zu helfen und sie für die Arbeitswelt der Zukunft vorzubereiten. xdeck ist Deutschlands erste Early-Stage-Venture-Plattform von Gründer:innen, für Gründer:innen, die Early-Stage-Tech-Start-ups bei Prozessautomatisierung, Künstlicher Intelligenz und Nachhaltigkeitstechnologie im B2B-Bereich unterstützt. Kienbaum bietet Personal- und Managementberatung für Unternehmen jeder Größe und identifiziert und befähigt Organisationen und Führungskräfte, den Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden. xdeck und Kienbaum arbeiten gemeinsam an einem People Management Tool sowie an einer Interviewreihe, welche das Thema Führung in jungen Start-ups näher beleuchtet. Im Fokus stehen dabei die Fragen, welche Art von Führung in einem Start-up-Umfeld besonders zielführend ist und ob sich dieser Ansatz im Laufe der Unternehmensentwicklung verändert. Dabei richten wir unser Augenmerk auf das individuelle Führungsverständnis der Gründer:innen, die Art und Weise, wie sie mit ihren Mitarbeitenden kommunizieren und wie sie mit Herausforderungen umgehen. Unser Ziel ist es, durch diese Interviews ein umfassenderes Verständnis von Führung in Start-ups zu erlangen.

 


 

Die Aivy GmbH ist ein Berliner Start-up, das 2020 von Florian Dyballa, David Biller, Arbnor Raci und Alexandra Kammer gegründet wurde. Sie bieten eine mehrfach ausgezeichnete Softwarelösung zur Analyse der individuellen Talente von Bewerber:innen mit mobiloptimierte Testverfahren, sogenannte „Game-based Assessments“, an. Diese Testverfahren basieren auf psychologischer Eignungsdiagnostik und erheben somit diagnostische Leistungswerte für die Berufswahl. Damit kann Nutzern auf ansprechende und wissenschaftliche Weise die eigene Berufung und individuellen Stärken und Potenziale aufgezeigt werden.


 

Jens Bergstein zum Thema:

Menschen und Teams machen Unternehmen erfolgreich – oder eben nicht. Deshalb ist kontinuierliches Lernen erfolgsrelevanter denn je. Führungskräfte bleiben dann wirksam, wenn sie ihr Mindset, Skillset und Toolset immer wieder offen hinterfragen und aus den Erfahrungen des Tagesgeschäfts lernen. Dadurch sind sie auch wichtige Vorbilder für alle Mitarbeitenden, ebenfalls aktiv zu bleiben. Führungskräfte prägen durch ihr Vorleben die Arbeitskultur. Die Sonne scheint von oben, ist dabei die Devise. Es gilt, eine positive Zusammenarbeit zu schaffen, die Sicherheit trotz der vielen Unsicherheiten gibt und motiviert zum Ausprobieren und Lernen. Gerade bei den agilen Konzepten der „Holokratie“, in der die traditionelle hierarchische Struktur durch eine dezentralisierte, auf Eigenverantwortung setzenden Organisationsform ersetzt wird und Entscheidungsbefugnisse auf verschiedene Rollen und Teams verteilt sind, ist es besonders wichtig, dass Führungskräfte ihre eigenen Stärken und Schwächen genau kennen und sich immer wieder damit auseinandersetzen. Durch Selbstreflexion können sie dann die richtigen Rollen und Verantwortlichkeiten übernehmen und so effektiv zum Erreichen den Organisationsziele beitragen. Neben digitalen Assessments zur Einschätzung der eigenen Fähigkeiten können Führungskräfte durch kundenspezifische Entwicklungsprogramme an echten Führungsherausforderungen lernen. Lernen “in the flow of work” ist das Gebot der Zeit. Durch Leadership Journeys mit Action Learning an echten Geschäftsthemen entwickeln Führungskräfte das erfolgsrelevante Mindset, Skillset und Toolset.

Sie haben Fragen? Sprechen Sie uns an!

Jens Bergstein | E-Mail: Jens.Bergstein@kienbaum.de | Telefon: +49 30 88 01 98-59

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