Empowerment ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Zukunft von Unternehmen

Empowerment ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Zukunft von Unternehmen

Der Karrieredienst Experteer hat Jochen Kienbaum (73) für seine herausragende Leistung und seinen besonderen Einsatz für die Consulting-Branche in Deutschland mit einem Sonderpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Über das Erfolgsrezept des Familienunternehmens, welche Werte wichtig sind und wo er Kraft und Inspiration für sein Lebenswerk geschöpft hat, spricht Jochen Kienbaum in unserem Interview.

Im Juni 2019 wurde Jochen Kienbaum vom Karrieredienst Experteer mit dem Sonderpreis „Lebenswerk“ für seine herausragende Leistung und seinen besonderen Einsatz in der Consulting-Branche in Deutschland ausgezeichnet

1. Sie wurden für Ihr Lebenswerk als „Wegbereiter für die gesamte Personalberaterbranche“ ausgezeichnet. Was macht Kienbaum so einzigartig?

Jochen Kienbaum: Als mein Vater vor fast 75 Jahren Kienbaum gründete, waren die Uhren in Deutschland komplett auf Null gestellt. Fast alle Unternehmen lagen nach dem Krieg am Boden und mussten schnell neue Ideen in unternehmerische Realität verwandeln, um Menschen in Lohn und Brot bringen zu können. Und schnell war auch mein Vater: Er besuchte die Industriestandorte im Bergischen Land auf seinem Fahrrad und half der mittelständischen Wirtschaft, Erfolgsgeschichten zu schreiben. Damit gründet er das erste Beratungshaus in Deutschland. Die Gesetzmäßigkeiten waren damals die gleichen wie heute: Schnell sein, besser sein, innovativ sein und vor allem die besten Köpfe auf die richtigen Positionen setzen.
Ein gutes Gefühl für Menschen und eine starke Werteorientierung spielen traditionell eine wichtige Rolle in einem Familienunternehmen. Unsere Verzahnung von Personal- und Managementberatung mit Zukunftsthemen wie Empowerment, Learning und Acceleration unter einem Dach, macht uns heute einzigartig im deutschsprachigen Beratungsmarkt.

2. Ihr Vater hat Ihnen 1977 das Berliner Büro anvertraut, um Unternehmen in West-Berlin zu beraten, acht Jahre später die Gesamtgeschäftsführung. Was haben Sie von Ihrem Vater in der gemeinsamen Zeit gelernt?

Jochen Kienbaum: Mein Vater forderte immer das Maximale – auch von sich. Selbst wenn die Voraussetzungen damals noch ganz andere waren und er durch seinen direkten Führungsstil eher autokratisch geprägt war, war es ihm immer wichtig, seinen Mitarbeitern große Entwicklungschancen zu geben.
Talente und Nachwuchskräfte zu identifizieren und sie zu fördern, das habe ich mir von meinem Vater abgeschaut; auch wenn ich – anders als er – einen eher teamorientierten Führungsstil verfolgt habe. Nach meiner Erfahrung entfalten Menschen am besten ihr Potenzial, wenn wir ihnen auch die Freiheiten geben, sich weiter zu entwickeln. Wichtig ist es dabei, Spielräume zu definieren, deren Banden idealerweise durch starke Werte markiert sind.
Heute wird das mehr und mehr unter dem Begriff Empowerment summiert. Mit Blick auf die Arbeitgeberattraktivität sowie mit den Herausforderungen an Organisationsstrukturen durch die Digitalisierung, ist nach meiner Auffassung eine Unternehmenskultur, die auf gelebtem Empowerment fußt, ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Zukunft von Unternehmen.

3. Innovationen muss man oft gegen Widerstände durchsetzen. Was war Ihre größte Herausforderung?

Jochen Kienbaum: Nach meinem Studium habe ich 1977 die Beratungseinheit „Kienbaum Berlin“ gegründet. Den Fokus habe ich auf die Suche und Auswahl von Führungskräften gerichtet. Mir wurde schnell klar, dass Personalentscheidungen und Organisationsentwicklung zunehmend im internationalen Kontext gesehen werden müssen, damit Unternehmen im globalen Wettbewerb punkten können. Zur Zeit des Eisernen Vorhangs hatte Berlin als Wirtschaftsstandort keinerlei Bedeutung. Vielen Unkenrufen zum Trotz war ich der festen Überzeugung, ein Wirtschaftswunder mit aufbauen zu können. Aber das gute Gespür für die Bedürfnisse der Kunden, die richtigen Personen im Team sowie Mut und Ehrgeiz, nicht vor schwierigen Marktsituationen Halt zu machen, sondern die Personalsuche schon früh auf den internationalen Markt auszuweiten, haben mich nachhaltig gestärkt.
Mein Mut und Erfolg wurden honoriert: 1986 hat mir mein Vater die Leitung der Personal- und Managementberatung übertragen.

4. Wo haben Sie Ihre besten Gedanken und Ideen entwickelt?

Jochen Kienbaum: Für mich gibt es keinen bestimmten realen Raum, an den ich mich zurückziehe, um Ideen zu entwickeln. Aber ich versuche mir ganz bewusst zeitliche FreiRÄUME zu schaffen, in denen ich Gedanken reflektieren oder auch einmal ganz abschalten kann. Ein wichtiger Rückzugspunkt neben meiner Familie ist dabei meine Leidenschaft zur Kunst. Die Auseinandersetzung mit Künstlern und ihrer Schaffensweise hilft mir dabei, die Perspektive zu wechseln und Zusammenhänge und Vorgehen neu zu bewerten.
Eine weitere wichtige Nebenwirkung in dem Prozess: die Selbstreflexion. Wenn es gelingt, aus bekannten Denk- und Verhaltensmustern auszubrechen, lernt man sich viel besser kennen.

5. Auf welchen Erfolg sind Sie besonders stolz?

Jochen Kienbaum: Der Generationsübergang in Familienunternehmen ist immer ein kritisches Momentum. Deswegen bin ich sehr stolz darauf, dass es uns gelungen ist, in einem konstruktiven und gegenseitig wertschätzenden Prozess eine professionelle Nachfolgelösung in die dritte Generation entwickelt zu haben.

6. Wie wichtig ist Ihnen Familie – und was unterscheidet Familienunternehmen von Konzernen?

Jochen Kienbaum: Durch die Übernahme des Unternehmens durch Fabian ist unsere Familie noch näher zusammengewachsen – das ist ein großes Glück. Auch im Unternehmen legen wir viel Wert auf die Gemeinschaft. Das spiegelt sich zum Beispiel in unserem Performance-Modell wider, das Teamwork und People-Engagement belohnt und nicht auf Einzelinteressen ausgerichtet ist.

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