Brave Leadership

Vom lokalen Grundversorger zum Energiewendeunternehmen – Interview mit Hans-Martin Hellebrand

Im Rahmen unserer Kienbaum Reihe Brave Leadership durften wir Hans-Martin Hellebrand begrüßen, Vorstandsvorsitzender der Badenova aus Freiburg. Im Gespräch mit Henning Böhne, Managing Director & Partner, gibt Hans-Martin Hellebrand Einblicke in seine Führungsphilosophie und die Herausforderungen, denen er sich als CEO eines Unternehmens im Wandel stellt. Das vollständige Gespräch können Sie im eingebetteten Video ansehen – hier finden Sie einen Überblick über die zentralen Punkte.

Hans-Martin Hellebrand beschreibt im Interview die Transformation der Badenova, die sich vom traditionellen Energieversorger hin zu einem Unternehmen entwickelt hat, das aktiv die Energie- und Wärmewende gestaltet. Als Vorsitzender des Vorstandes ist es Hellebrands Anspruch, Energiezukunft zu gestalten. Im Kontrast zum klassischen Geschäft eines lokalen Energieversorgers ist dies ein großer, aber seiner Ansicht nach nötiger, Schritt. „Unsere Branche hat den größten Hebel, um den Klimawandel aufzuhalten“, betont er. Selbstverständlich brauche es für diesen Wandel Mut, neue Technologien und manchmal auch das Akzeptieren von Unsicherheiten. Um die gesamte Belegschaft auf diesen Weg mitzunehmen bzw. zu gewinnen, sei mutige Führung – Brave Leadership – unerlässlich. Der Kern dessen: das klare Kommunizieren einer Vision, für die es sich zu arbeiten lohnt.

Zuhören und Kommunikation als Schlüssel zum Erfolg

Als Führungskraft setzt Hellebrand daher vor allem auf Dialog: „Listen und Silent haben die gleichen Buchstaben – und das ist kein Zufall.“ Er zeigt auf, wie wichtig es ist, Mitarbeitende aktiv einzubinden und erst danach gemeinsam auf die Vision einzuschwören. Unidirektionale Kommunikation sei der völlig falsche Weg. Workshops, in denen alle Hierarchien vertreten sind, schaffen hingegen eine Plattform für den Austausch und fördern eine Unternehmenskultur der Offenheit und Wertschätzung. Helleberg erläutert in diesem Zusammenhang auch, dass es je nach Unternehmen Unterschiede im Hinblick auf die CEO-Kommunikation gibt. Bei Startups mache es Sinn, sich als Chef:in so zu positionieren, dass man das Team magnetisch anzieht und mitreißt. So habe er es selbst im Silicon Valley erlebt. In etablierten Unternehmen müsse der Purpose jedoch auch aus der Belegschaft kommen. Die Devise solle in diesem Kontext also lauten: Involvieren und anschließend gemeinsam den ausgearbeiteten Weg begehen.

„Listen und Silent haben die gleichen Buchstaben – und das ist kein Zufall.“

Fehlerkultur und Unsicherheiten als Chance

Für Hellebrand gehört zu Brave Leadership auch, Unsicherheiten zuzugeben und Fehler als Lernmöglichkeiten zu sehen. Zwei Beispiele aus der Praxis: In internen Resonanz-Workshops hat Hellebrand bewusst Kolleg:innen aus allen Abteilungen und Hierarchien zusammengeholt und offen über Sorgen, Zweifel und Nöte gesprochen. Als Vorstand in so eine Runde zu gehen, sei nicht einfach: „Ich habe natürlich eine Idee, was rauskommen soll. Aber das schlucke ich alles runter und höre erstmal nur zu, was aus dem Team kommt.“ Diese echte Offenheit müsse man wollen. Agiere man hier aufgesetzt, wird die Veranstaltung zur Farce. „Menschen fühlen sich dann hinters Licht geführt. Damit bricht Kultur!“

Mit Blick auf die Kunden gibt Hellebrand zu: „Wir haben lange versucht, Solaranlagen direkt zu verkaufen, aber erst über Feedback verstanden, dass Kunden keine Produkte, sondern Lösungen suchen.“ Mit dieser Einsicht stellte Badenova das Angebot auf kundenorientierte Komplettlösungen um.
Wichtig sei, in so einer Situation zuzugeben, dass man falsch lag. Das gelingt leichter und glaubwürdiger, wenn von vornherein Hypothesen-basiert gearbeitet wird. D.h. nicht zu behaupten, dass man den richtigen Weg kenne, sondern vielmehr zu sagen: „Meine Hypothese ist X. Und jetzt lasst uns schnell checken, ob das stimmt.“

Love it, Change it, Leave it

Klar ist: Transformation ist immer Veränderung. In diesem Zuge wird laut Hellebrand immer auch das Team neu sortiert. Nicht alle ziehen mit und immer wieder müsse man auch Menschen vor die Wahl stellen: Love it, change it, leave it. „Ich habe ältere Kollegen gesehen, die wider Erwarten super auf agil umgeschaltet haben und wiederum jüngere, von denen ich dachte, dass sie mitziehen würden, die es aber nicht getan haben.“ Hier gilt es in offenen Gesprächen rauszufinden, wer wie tickt und wer wirklich Teil der Transformation sein kann und will.

Brave Leadership Talk Hellebrand 1

Ohne #Machen kein Fortschritt

Seine Zeit im Silicon Valley hat Hellebrand geprägt. Er schwört auf den Dreiklang „Groß denken, klein starten und machen“. Dieses iterative Vorgehen zeigt sich bei der Badenova heute in der Einführung digitaler Plattformen und Partnerschaften, etwa durch den Aufbau eines Handwerkernetzwerks zur Umsetzung nachhaltiger Energielösungen. Dies basiert auch auf der in Kalifornien gereiften Einsicht, das Unternehmen vom Kunden her zu denken, nicht von innen nach außen. „Oft glauben wir zu wissen, was gut ist und der Kunde müsse das nur lernen. Es ist aber genau andersherum: Wir müssen die Kunden verstehen, um dann ins Unternehmen zu denken: Wie können wir Sachen entsprechend angehen.“ Zudem fußen Entwicklungen wie diese auf der Einsicht, nicht alles allein machen zu wollen. Es gehe immer um das bestmögliche Produkt für den Kunden. Um das zu erreichen, solle man sich durchaus Partner ins Boot holen, die einzelne Aspekte besser beherrschen als man selbst. Hellebrand erläutert: „So ist in 24 Monaten ein Ökosystem entstanden, in dem wir als Badenova das größte Handwerkernetzwerk in Südbaden aufgebaut haben, wir mit Hardware-Herstellern Partnerschaften entwickelt und jetzt auch Versicherungs- und Finanzierungsprodukte von Banken und Sparkassen implementiert haben.“

Führung im Wandel: Empowerment und Verantwortung

Als zentrale Aufgabe von Führungskräften sieht Hellebrand das Geben von Orientierung, die Stärkung von Teams und das Fördern von Eigenverantwortung. „Wir brauchen mutige Führungskräfte, die Entscheidungen in die Teams verlagern, ihnen Autonomie geben und gleichzeitig Verantwortung einfordern.“ Das müsse geschehen auf der Ich-Ebene, auf der Team-Ebene und auf der Organisations-Ebene. Um Ownership und das nötige unternehmerische Handeln zu fördern, so skizziert Hellebrand, stehe zuerst der Purpose im Fokus. Daraus leiten sich konkrete strategische Ziele ab, die im dritten Schritt mit OKR gesteuert werden. So stelle man Empowerment und Accountability sicher, denn nur durch einen definierten und messbaren Outcome lasse sich prüfen, ob Ziele erreicht werden. Zu guter Letzt sei es essenziell, während der Sprints, regelmäßig und offen mit den Teams zu kommunizieren und den Fortschritt auf dem Weg zum Outcome zu prüfen. Dieser Mix aus ‚coachen und challengen‘ ist für Hellebrand „das Rezept, um in kleinen Schritten auf eine große Vision zuzugehen.“

Credo: Positiv denken

All das werde sehr begünstigt mit der Kraft positiver Energie: „Ob du sagst, du schaffst es oder nicht – du wirst immer recht behalten.“ Mit dieser Einstellung motiviert er nicht nur seine Mitarbeitenden, sondern auch sich selbst.

Sehen Sie das komplette Interview im Video und erleben Sie Hellebrand im Dialog über Führung, Transformation und den Mut, Neues zu wagen.