Innenansichten der Personalberatung

§25c Kreditwesengesetz (KWG) – Anker der Stabilität oder Zukunftsbremse für Regionalbankvorstände?

Das deutsche Bankenwesen befindet sich inmitten einer Umbruchphase, die im Vergleich zur Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte nahezu beispiellos ist.

Ein in vielen Bereichen voll durchschlagender Zuwachs an Komplexität ist das Resultat gestiegener Anforderungen durch Regulatorik, Digitalisierung, aber auch Herausforderungen an das Geschäftsmodell an sich, um nur einige der gängigsten Stichworte zu nennen.In einem sich konsolidierenden Regionalbankenumfeld ist ferner der Trend zu beobachten, die Gremien in größer werdenden Instituten nach einer Phase des Anwachsens relativ gesehen zu verkleinern. So wachsen die Aufgaben in Umfang und Vielfalt bereits ohne äußere Einflüsse für jeden Vorstand spürbar an. Was bedeutet dies nun für das Spitzenpersonal regionaler Häuser und lassen sich die dramatisch veränderten Rahmenbedingungen unserer Zeit überhaupt konform zu den Anforderungen des KWGs abbilden?

Bei aller Bekenntnis der BaFin, entsprechend der sich bietenden Einzelfälle zu urteilen, lassen sich in der Praxis wiederkehrende Mechanismen beobachten, die die Frage aufwerfen, ob sich veränderte Anforderungen in hinreichendem Maße in den Profilen neuer Vorstände widerspiegeln. Darüber hinaus lässt sich aber insbesondere auch bei den Aufsichtsgremien regionaler Institute selber eine gewisse Vorsicht beobachten, trotz eines nach außen oftmals formulierten Anspruchs an das eigene Unternehmertum, schlussendlich doch eher vermeintlich sichere Pfade zu beschreiten.

Drei grundlegende Anforderungen an zukünftige Vorstände

Die Zeiten, in denen sich zukünftige Vorstände regionaler Häuser mehrheitlich aus der eigenen Institutsform rekrutierten und dann qua Lebensarbeitszeit und konsequenter Fortbildungslaufbahn in diese Rolle entwickelt haben, sind lange vorbei. In den Anforderungskatalogen vieler Institute spiegelt sich heute der Wunsch nach größerer Vielfalt wider, und es ist mittlerweile selbstverständlich, die gesamte Bandbreite des deutschen Bankenmarkts bei potentiellen Kandidatinnen und Kandidaten mit einzubeziehen. Unter anderem die dadurch gewachsene Heterogenität hat viele Institute beweglicher und marktfokussierter werden lassen. Gleichwohl muss das alleine keineswegs ausreichen, um sich mit Entwicklungen und Megatrends, die ein ganzes Geschäftsmodell hinterfragen, hinreichend und vor allem umfänglich auseinanderzusetzen. Während es sich hier die meisten anderen Branchen erlauben können, in ihren Top-Führungsgremien gezielt auch auf Quereinsteiger oder branchenfremde Charaktere zu setzen, bleibt der Bankenvorstand im Prinzip den Bankern vorbehalten. Und die eigene Erfahrung zeigt: An diesem Umstand wird sich so schnell auch nichts ändern. Setzt man diese Erkenntnis als Prämisse für die nahe und mittlere Zukunft, so lassen sich drei grundlegende Anforderungen an zukünftige Vorstände hervorheben, die stärker als zuvor in den Vordergrund rücken:

1. Individuelle Fähigkeiten müssen mit den Marktanforderungen wachsen

Bezogen auf das Profil des Einzelnen lässt sich frei nach Platon sagen, dass wenn „die Philosophen nicht Könige werden, dann müssen die Könige zu Philosophen werden“. Kurz gesagt: Der erfolgreiche Vorstand wächst in seinen Kenntnissen und Fähigkeiten in gleicher Weise, wie die Anforderungen durch den Markt, durch Technik, Innovation und Disruption steigen. Sich damit alltäglich auseinanderzusetzen ist die Aufgabe jeder Führungskraft, auch außerhalb eines Vorstands – und im Übrigen auch außerhalb des Bankenbereichs. Die Besonderheit des Bankenvorstands ist nun aber, dass er nahezu ohne Ausnahme in seinem traditionell geprägten Geschäftsmodell groß geworden ist. Dieses gilt es zu verteidigen und es gleichzeitig auf den neuesten Stand zu entwickeln. Und dennoch gilt es auch, sich nicht von Entwicklungen überrollen zu lassen. Gesucht ist der „Gestalter der Box“, der „out of the box“ denkt und handelt. Dies klingt idealtypisch, doch gerade hier zeigt sich in der Praxis, dass die Anzahl der Charaktere, die diese fachliche, thematische und vor allem mentale Breite mit abdecken, trotz eines wachsenden Kandidatenmarkts sehr klein ist.

2. Diversity entsteht durch die sinnvolle Verknüpfung von Unterschieden

Da komplexe Anforderungen in sehr viel geringerem Maße von zwei oder wenigen Schultern getragen werden können, spielt bei der Besetzung eines Vorstands heute nicht nur das individuelle Profil der Einzelperson, sondern die Zusammensetzung des gesamten Gremiums eine zunehmend tragende Rolle. Die Definition entsprechender Anforderungen erfolgt mittlerweile nicht mehr alleine auf der Grundlage von Einzelprofilen, sondern berücksichtigt das Profil des Gesamtvorstands. Hinsichtlich einer Ressortverteilung mutet das trivial an, es bezieht sich darüber hinaus aber im Besonderen auf die Notwendigkeit hin zu einer wachsenden Heterogenität und Vielfalt bei Institutsherkunft, Erfahrungs- und Eindrucksvielfalt, Methodik oder auch persönlichen Merkmalen. In der Art und Weise, wie sich verschiedene Merkmale in der Summe zusammensetzen und diese klug miteinander verwoben werden, liegt ein wesentlicher Erfolgsfaktor der zukünftigen Institutsleitung und erweitert den strapazierten Begriff des „Diversity“ um eine bedeutende inhaltliche Facette.

3. Das Bewusstsein für Führungssteuerung muss wachsen

Damit die genannten Aspekte wirksam zur Geltung kommen, bedarf es aber auch einem wachsenden Bewusstsein für die Koordination und Steuerung der Führungsarbeit selber. Dieser Metafunktion fällt die Aufgabe der regelmäßigen Standortbestimmung der Führung zu, um dadurch den Rahmen für einen lebendigen und vielfältigen – und durchaus auch strategisch kontroversen – Diskurs zu optimieren. Sie definiert Themenkomplexe, stellt Teams zusammen und orchestriert deren Zusammenwirken. In der Regionalbank fällt diese Rolle naturgemäß dem Vorsitzenden zu und ist mehr oder weniger sporadisch in jeder Geschäftsordnung enthalten. Die Praxis zeigt aber auch hier, dass diesem Teil des Managements in der Breite heute vielfach noch zu geringe Aufmerksamkeit gewidmet wird, wenngleich er bezüglich der Herausforderungen der Zukunft regionaler Institute nicht nur eine wesentliche, sondern eine essentielle Komponente moderner Führung repräsentiert.

Eine Prüfung der eigenen Aufstellung und gegebenenfalls auch eine entsprechende Akzentverschiebung gehören daher heute zum selbstverständlichen Aufgabenkatalog eines modernen Aufsichtsrats, um den Rahmen, den das KWG nun einmal setzt, bestmöglich und unternehmerisch zu nutzen. Sie gehören aber auch zum Anspruch einer zeitgemäßen Personalberatung, die nicht nur die Besetzung einzelner Vorstandspositionen alleine, sondern auch die Weiterentwicklung der Führungs- und Leitungsarbeit als Ganzes zum Ziel hat.

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