Accelerating HR & People Factors

Accelerating HR & People Factors

Auf zu neuen Horizonten des Human Resource Managements: HR-Exzellenz ist nicht länger eine Frage der Positionierung, sondern des Wertbeitrags der HR-Funktion.

Dieser Wertbeitrag speist sich vor allem aus der Fähigkeit zur Ambidextrie, agilen Organisationsstrukturen und Führungsarchitekturen sowie einer verlässlichen Lieferfähigkeit.Auch mehr als 20 Jahre nach Dave Ulrichs damals zukunftsweisender Idee vom HR-Business-Partner ringen HR-Funktionen immer noch mit der Frage: Wie können wir uns positionieren (um nicht länger am Katzentisch sitzen zu müssen)? Dabei kann die Antwort auf diese Frage immer nur eine sein, die zur Selbstbeschäftigung für Personaler gerät. Wer aber die Anforderungen und Bedarfe von Unternehmung, Belegschaft und Gesellschaft genau in den Blick nimmt, kommt nicht umhin, sich zu fragen: Wie kann die HR-Funktion wirklich Wert schaffen?Die Werttreiber der HR-Funktion im Unternehmen sind eigentlich nicht wenige: Vom Management der Personalkosten und Kosten der HR-Funktion über die Vermeidung ungewollter Fluktuation und Senkung von Absentismus bis hin zur Königs-disziplin des HRM – der Planung der Belegschaft von morgen mit der Besetzung von Vakanzen und Schließung von Kompetenzlücken. Eine volle Agenda für die Zukunft der HR-Funktion also.

Und doch stehen sich Personaler oft selbst im Wege, vernichten Wert anstatt welchen zu schaffen – indem sie den Engpass an Talenten im Personalbereich nicht aufzulösen vermögen; weil sie beeinträchtigt sind durch eine mangelhafte IT, selbst aber nicht über ausreichend Digitalkompetenz verfügen; und aufgrund ihrer Sandwichposition zwischen den strategischen Anforderungen des Top Managements und den Notwendigkeiten von HR Operations. Alles Blockaden, welche die HR-Funktion daran hindern, volle Fahrt in Richtung Zukunft der Arbeit aufzunehmen.

Dass dieser Weg ohnehin kein leichter sein wird, verrät uns eine schnelle Analyse des Umfelds, in dem HR sich aktuell bewegt. Denn trotz einer Superentwicklung Nord- und Mitteleuropas insgesamt, können überall schwarze Schwäne beobachtet werden: Italien steckt in der politischen und wirtschaftlichen Krise, die USA überziehen ihre Partner in der Welt mit Strafzöllen, die Weltmeere versinken in Plastikmüll, bewaffnete Konflikte im Nahen Osten erreichen jeden Tag eine neue Eskalationsstufe, der Rechtspopulismus erstarkt (auch und gerade in Deutschland) und Überbevölkerung wird in weiten Teilen der Erde zum Problem. In Summe keine leichte Ausgangssituation für eine Funktion, deren vornehmste Aufgabe darin besteht, Menschen in Organisationen Zukunft zu geben.

Allein Typen wie Emmanuel Macron stimmen optimistisch – weil sie den Mut haben, auch unter widrigsten Umständen zu neuen Horizonten aufzubrechen. Ein solcher Pioniergeist würde auch uns Personalern sehr gut zu Gesicht stehen: Anstatt laufend um uns selbst zu kreisen – um unsere Strukturen, Prozesse und Rollen –, sollten wir endlich die wirklich relevanten und wertstiftenden HR- und People-Faktoren ins Visier nehmen und zum Game Changer im Unternehmen werden.

Beidhändigkeit als Kernkompetenz moderner Unternehmen

Jedes moderne Unternehmen sieht sich heute mit der Herausforderung konfrontiert, gleichzeitig effizient und innovativ sein zu müssen. Die Lösung der strategischen Zielkonflikte zwischen operativer Exzellenz im Bestandsgeschäft einerseits und Experimentierfreude im Innovationsgeschäft andererseits machen den Erfolg einer ambidextren Organisation aus, implizieren aber auch grundsätzlich verschiedene Parameter für die Entwicklung von Geschäftsmodellen (evolutionär vs. disruptiv), die Gestaltung von Organisationsstrukturen (agil vs. stabil) sowie die Konzeption von Führungsarchitekturen (transaktional vs. transformational).

Es ist das Mandat der HR-Funktion, diesen scheinbar konträren Bedürfnissen durch kundenzentrierte Lösungen Rechnung zu tragen. Eine agile, d.h. flexible, anpassungsfähige und kreative Ausrichtung der Personalarbeit ist dafür essentiell.

Agilität in (HR-) Organisationsstrukturen und Führungsarchitekturen

Die Weiterentwicklung des Unternehmens zu einer agilen Organisation durch die HR-Funktion setzt voraus, dass sich die HR-Funktion selbst transformiert, um diesen Trend nachvollziehen und wirksam unterstützen zu können. Kienbaum und die Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) haben daher einen HR Agility Check durchgeführt, der den Agilitätsgrad der HR-Funktion in Deutschland auf die Probe gestellt hat. Rund 200 Unternehmen haben bisher an der Befragung teilgenommen und Fragen zur Ausprägung agiler Methoden, Strukturen, Arbeitsformen, Kompetenzen und Führungskonzepte innerhalb ihrer HR-Funktion beantwortet; auch die IT-Infrastruktur als Grundlage der Anwendung agiler Prinzipien ist einer Analyse unterzogen worden.

Ein erster Zwischenstand zeigt, dass nur vier Prozent aller befragten Organisationen über eine agile HR-Funktion verfügen, 37 Prozent weisen einen mittleren, 59 Prozent sogar einen niedrigen Agilitätsgrad auf. Insbesondere agile Arbeitsformen wie vollständig mobiles oder konsequent papierloses Arbeiten kommen nur selten zum Einsatz, was durch ein insgesamt schwach ausgeprägtes technisches Arbeitsumfeld noch verstärkt wird: Digitale Technologien – soziale Medien oder Business Technologies – finden wenig Anwendung in der HR-Funktion, und das obwohl sie für das Geschäft eines modernen Unternehmens von hoher strategischer Relevanz sind.

In Fragen agiler Kompetenzen geben die befragten HR-Funktionen an, vor allem über eine hohe Kundenzentrierung, kognitive Intelligenz und Begeisterungsfähigkeit zu verfügen; gleichwohl diese Faktoren für ein wirksames People Management zentral sind, erfüllen sie heute allenfalls die notwendige Bedingung für eine werttreibende HR-Funktion. Um einen substantiellen Beitrag zur Unternehmensentwicklung leisten zu können, benötigen Personaler ebenfalls eine hohe Geschäftsorientierung, die sich in Business Development, Innovationsmanagement und agilem Projektmanagement manifestiert – hier weisen die HR-Funktionen im Durchschnitt den niedrigsten Kompetenzgrad auf.

Dass die HR-Funktion mehrheitlich noch eine Experten-Organisation ist, zeigt schließlich auch die Erkenntnis, dass die aufgabenorientierte Führung das am stärksten ausgeprägte Führungskonzept innerhalb der HR-Funktion ist, weit vor mitarbeiterunterstützender Führung mit Coaching und Mentoring bzw. charismatischer und transformationaler Führung. Insbesondere dieser Befund erscheint brisant vor dem Hintergrund, dass Mitarbeiter heute vor allem transformational geführt werden wollen, d.h. das Ideal von einer Führungskraft haben, die ihnen ein inspirierendes Bild von der Zukunft zeichnet und sie auf dem Weg dorthin befähigt, Verantwortung im Unternehmen zu übernehmen.

Die USA kennen diese spielwendenden, nicht immer unumstrittenen Manager- und Führungstypen, auf die auch hierzulande immer wieder beim Thema „Leadership“ rekurriert wird: Facebook-COO Sheryl Sandberg, Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, Ex-Uber-Chef Travis Kalanick… Doch auch Deutschland und insbesondere die deutsche HR-Landschaft wartet mit neuen Wilden auf, welche die Spielregeln für Menschen und Organisation umformulieren und sich interessanterweise mehrheitlich dadurch auszeichnen, dass sie keine reinen Personaler sind, sondern viel Arbeitserfahrung jenseits der HR-Funktion gesammelt haben: Siemens-CHRO Janina Kugel, die zuvor im Management Consulting und in der Unternehmensentwicklung tätig gewesen ist; Thomas Ogilvie, Personalvorstand der Deutschen Post DHL Group, der ebenfalls vorher in der Konzernentwicklung gewirkt hat; VW-Personalvorstand Gunnar Kilian, der sich als Generalsekretär und Geschäftsführer der Konzernbetriebsrats intensiv mit strategischen und arbeitsrechtlichen Fragestellungen befasst hat… Die vertikale Silo-Laufbahn scheint für HR-Spitzenrollen an Bedeutung zu verlieren – ein Trend, der großes Potential für den Befreiungsschlag aus der Lieferfalle birgt.

Befreiungsschlag aus der Lieferfalle

Wie die HR-Funktion die für Organisation und Belegschaft erfolgsentscheidenden Themen in den Fokus nehmen und bearbeiten kann, hängt nicht zuletzt davon ab, wie sie sich ausrichtet und ihre Ressourcen allokiert. In der Theorie von Dave Ulrich unterstützt die HR-Funktion die Belegschaft auf Ebene der Mitarbeiter mit Shared-Service-Einheiten, wohingegen die Business-Partner-Organisation Führungskräfte betreut und auf Ebene der Unternehmung zu einer nachhaltigen Personal- und Organisationsentwicklung beiträgt. In Wirklichkeit verlieren sich Business Partner oft in operativen Prozessen und bleiben so hinter dem eigentlichen Mandat ihrer Rolle zurück.

Für ein Unternehmen mit ambidextrem Zielbild bietet sich daher eine Schärfung der Rollen und Neuverteilung der Ressourcen innerhalb der HR-Organisation an.

Im Bestandsgeschäft adressieren die Business Partner die Bedürfnisse der oberen Führungskräfte. Darüber hinaus beraten Strategische Partner das Management und deren Bereiche in der Implementierung von HR- und People-Faktoren in die Geschäftsstrategie. Die CoC-Organisation bringt ihre Expertise vor allem in der Personalversorgung der Geschäftsbereiche ein, mit Recruiting-Center-Strukturen und Talent-Management-Prozessen. Schließlich stellt eine flächendeckende IT- und Systemunterstützung effiziente und verlässliche Unterstützungsprozesse sicher.

Im Innovationsgeschäft werden die Business Partner von People Coaches gespiegelt, die mit agilen Techniken den OFK-Kreis bei der Entwicklung und Skalierung neuer Geschäftsmodelle unterstützen. Die CoC-Organisation verantwortet das Future Workforce Design und Transformationsmanagement. Eine übergreifende HR-Datenarchitektur mit einheitlichen Business Objects bildet die Grundlage für bereichsübergreifende People Analytics, die wiederum zukünftige Personal- und Kompetenzbedarfe modellieren können.

Durch diese Dualität verfolgt die HR-Funktion nicht nur selbst eine multiple strategische Zielsetzung, die einerseits die Optimierung, andererseits die Transformation der Unternehmung zum Ziel hat; darüber hinaus erlaubt diese Form der Aufstellung auch die Abbildung der multiplen Anforderungen und Bedarfe aus Bestands- und Innovationsgeschäft, wodurch die HR-Funktion schließlich punktgenau Wert stiften kann – für Unternehmung und Belegschaft. Wenn die HR-Funktion also die Geschäftsmodelle des Unternehmens strukturell und inhaltlich adaptiert, hat sie die Chance, wirklich zur Zukunftsgestalterin für Mensch und Organisation zu werden.

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