Aufbau agiler Teams in Krisenzeiten

Aufbau agiler Teams in Krisenzeiten

Um eine Kultur rund um agile Zusammenarbeit aufzubauen, braucht es mehr als die Implementierung von Slack oder Microsoft Teams: Mehr denn je sind Organisationen heute gezwungen, ihre Belegschaft und ihre Teams zur Agilität zu befähigen. Dabei können People Analytics, organisationale Netzwerkanalysen und ein Hinterfragen der eigenen Führung helfen.

Auf der ganzen Welt sind Millionen von ArbeitnehmerInnen ins Home Office geschickt worden. Ohne eine Änderung der Teamstrukturen, des Führungsverhaltens sowie des Prozess- und Projektmanagements sind viele dieser Teams zum Scheitern verurteilt. Was in einer lokalen Büroumgebung funktioniert, muss in einem dezentralisierten, aus der Ferne arbeitenden Team, besonders in Zeiten starker exogener Einflüsse wie der COVID-19 Pandemie, hinterfragt werden.

Wie sieht ein agil strukturiertes Team aus?

Ergebnisse aus organisationalen Netzwerkanalysen können uns wichtige Einblicke liefern, wie agile Organisationen charakterisiert werden können und welche Faktoren beim Aufbau einer auf dynamischere Zusammenarbeit ausgelegten Umgebung wirklich bedeutend sind.

Aufbau Agiler Teams In Krisenzeiten

Grundlegend dabei ist, dass agile Teams nicht mehr um wenige zentrale Akteure (meist Führungskräfte) herum aufgebaut, sondern dezentral vernetzt sind. Um produktiv zu bleiben und erfolgreich zu werden, müssen Teams es schaffen, ihre Strukturen und Aufgaben an die situativen Gegebenheiten der realen Welt anzupassen: In Zeiten von Corona bedeutet dies eine Dezentralisierung der Arbeitswelt innerhalb einer Organisation. Zudem sind agile Organisationen in hohem Maß miteinander vernetzt. Dadurch können sie sich schneller an Bedürfnisse anpassen und benötigte Formen der Zusammenarbeit ad-hoc annehmen. Ein durch die physische Distanz entstandenes, kulturelles Vakuum kann somit durch ein Neudenken der Zusammenarbeit und digitaler Interaktionen gefüllt werden.

3 Vorteile agiler Teams in Krisenzeiten

Robustheit Flexibilitaet Eigenverantwortung

1) Agile Teams sind robuster gegen den (temporären) Verlust von Mitarbeitenden und Führungskräften

Die Robustheit von Teams oder Organisationen kann als die Verletzlichkeit der Organisation durch die plötzliche Abwesenheit von Mitarbeitenden beschrieben werden. Sie legt fest, ob das Netzwerk aufgrund des Wegfalls eines bestimmten prozentualen Anteils der Belegschaft in bestimmte Teile geteilt wird oder sogar zusammenbricht. Eine agile Organisation ist aufgrund von Redundanzen und kürzeren Wegen zwischen Mitarbeitenden weniger gefährdet als eine hierarchisch strukturierte Organisation.

2) Agile Teams können schneller auf Veränderungen ihrer Umwelt reagieren

In Zeiten von COVID-19 oder globalen Trends wie der Digitalisierung gehören das Tempo und die Anpassungsfähigkeit einer Organisation zu ihren wichtigsten Stärken. Die Fähigkeit einer Organisation, sich schnell anzupassen, neue Verbindungen zu erschaffen und ihre Strukturen selbstständig an Bedürfnisse der neuen Umgebung anzupassen, ist wohl der größte Vorteil gegenüber klassischen, hierarchisch organisierten Teams und Organisationen.

3) Agile Teams kreieren ein stärkeres Verständnis für Verantwortlichkeit und ermöglichen Selbstführung

Die Mehrheit der Mitarbeiterschaft sieht sich momentan mit der Herausforderung konfrontiert, sich selbst und die Arbeit im neuen Kontext des Home Offices zu organisieren. Teil eines agilen Teams zu sein ermöglicht, selbstständig die hierfür notwendige Verantwortung zu übernehmen, anstatt auf bestimmte Aufgaben aufgeteilt zu sein und diese unter transaktionaler Führung abzuarbeiten. Dort, wo in hierarchischen Strukturen transaktionale Steuerung an ihre Grenzen stößt, stärken agile Organisationsformen die Eigenverantwortung und etablieren eine Ownership-Kultur für Themen und Aufgaben.

5 Takeaways für Führungskräfte zur Stärkung der Agilität in Ihrer Organisation

Die Einführung oder Stärkung von agilen Strukturen und Arbeitsweisen stellt eine große Veränderung für viele Organisationen dar. Aus einer Vielzahl von Change- und Transformationsprojekten wissen wir, dass eine solche Veränderung nur erfolgreich sein kann, wenn sie auf den Ebenen Organisation, Team und Selbst umgesetzt wird. Daher zahlen die folgenden Takeaways auf diese drei Ebenen ein.

5 Take Aways Für Führungskräfte Zur Stärkung Der Agilität In Ihrer Organisation

1) Analysieren Sie die Vernetzung innerhalb Ihrer Organisation (Organisations-Ebene)

Führen Sie eine Netzwerkanalyse durch und analysieren Sie, wie hoch der Grad der internen Vernetzung und Dezentralisierung aktuell in Ihrer Organisation ist. Falls die nötigen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind (z.B. fehlende Daten und Kompetenzen), können Sie sich kurzfristig mit einem Soziogramm weiterhelfen. Darunter verstehen wir eine Art Organigramm, das jedoch auf die Vernetzung und Beziehungen untereinander fokussiert. So geht‘s: Zeichnen Sie alle relevanten Organisationseinheiten und Schlüsselpersonen auf ein großes Poster und verbinden Sie alle Elemente, die aus Ihrer Sicht bereits gut vernetzt sind. Identifizieren Sie Elemente, die nicht ausreichend vernetzt sind oder Organisationseinheiten, in denen einzelne Knotenpunkte hervorstechen. Markieren Sie dann, wo eine stärkere Vernetzung oder eine Verbesserung der Zusammenarbeit nötig ist und besprechen Sie dies proaktiv mit den entsprechenden Personen.

2) Nutzen Sie cross-funktionale Projektteams zur Bearbeitung aktueller Anforderungen (Organisations-Ebene)

Die COVID-19-Krise wirkt sich drastisch auf das Tagesgeschäft aus und erfordert eine sofortige Repriorisierung von Aufgaben und Vorhaben. Definieren Sie, welche Anforderungen Ihre Organisation jetzt erfüllen muss, um die Kontinuität des Geschäfts zu wahren und sich an die neue Geschäftswelt anzupassen. Überführen Sie diese Anforderungen in konkrete Projekte und besetzen Sie diese mit cross-funktionalen Teams. Stützen Sie sich auf die vorherige Netzwerkanalyse und stellen Sie sicher, dass die Teams mit Personen aus den Organisationseinheiten besetzt werden, deren Vernetzung Sie verbessern möchten.

3) Übertragen Sie die Verantwortung und den Gestaltungsspielraum an die Teams (Team-Ebene)

Definieren Sie dazu lediglich die Zielstellung, Anforderungen und Rahmenbedingungen an die Projekte. Lassen Sie jedoch dem Team den Freiraum, eigenständig zu entscheiden, welche konkreten Aufgaben sie daraus ableiten und wie sie diese abarbeiten. Das Pull-Prinzip, nach dem sich die Teammitglieder ihre Aufgaben selbst suchen, anstatt sie zugeteilt zu bekommen, stärkt die Eigenverantwortung und das Commitment und wirkt sich somit positiv auf die Teamleistung aus. Konzentrieren Sie sich darauf, nötige Ressourcen bereitzustellen und Hindernisse zu beseitigen.

4) Unterstützen Sie Ihre Teams durch die Einführung agiler Ansätze (Team-Ebene)

Fokussieren Sie sich dabei auf Elemente, welche die Vernetzung, Transparenz und Eigenverantwortung fördern. Die Vernetzung kann durch die Einführung von regelmäßig stattfindenden Meeting-Formaten (z. B. tägliche Stand-Ups oder Retrospektiven) und von digitalen Kollaborationstools (MS Teams, Slack, …) befördert werden. Schaffen Sie Transparenz durch die Nutzung digitaler To-Do-Listen (z. B. nach der Kanban-Logik) sowie durch die Einführung von Rollen (Product Owner, Teamcoach), durch die Verantwortlichkeiten transparent geregelt werden. Fördern Sie die Eigenverantwortung durch die Einführung der Sprint-Logik, nach der sich die Teams zu Bearbeitung bestimmter Aufgaben selbst verpflichten und die Ergebnisse im Review-Meeting präsentieren.

5) Überlegen Sie, was Sie persönlich verbessern können (Selbst-Ebene)

Reflektieren Sie selbstkritisch, wie Sie Ihre Einstellungen und Führungsweisen verändern müssen, um einen größtmöglichen Beitrag zur Stärkung der Agilität und Vernetzung Ihrer Organisation zu leisten. Hinterfragen Sie beispielweise, inwiefern Sie selbst eine agile Mentalität vertreten. Wie leicht fällt es Ihnen, Verantwortung abzugeben und den Teams bei der eigenständigen Bearbeitung von geschäftskritischen Projekten vollständig zu vertrauen? Inwiefern neigen Sie dazu, Aufgaben zu delegieren und kontrollierend einzugreifen? Überlegen Sie auch, mit welchen Personen Sie selbst in Kontakt treten können, um proaktiv die interne Vernetzung zu steigern.

Zwar werden durch die Corona Krise die Vorteile agiler Zusammenarbeitsformen und Notwendigkeit der Implementierung agiler Organisationsstrukturen transparent, jedoch besitzen sie auch eine Allgemeingültigkeit über die aktuelle Krise hinaus. Wollen Organisationen in Zeiten des disruptiven Wandels durch die Digitalisierung handlungsfähig bleiben, ist die Transformation hin zu agileren Strukturen unerlässlich. Die organisationalen Veränderungen der Arbeitswelt, die Corona angestoßen hat, werden daher sicherlich die Zeit der Krise überdauern.

Bei Fragen wenden Sie sich gerne an unsere Experten:

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