Passen moderne Leistungssteuerung von Beschäftigten und Energiewirtschaft zusammen?

Passen moderne Leistungssteuerung von Beschäftigten und Energiewirtschaft zusammen?

Klassische Steuerungsinstrumente und leistungsorientierte Vergütung werden in der Energiewirtschaft teils schon seit Jahren genutzt. Mittlerweile ist jedoch deutlich erkennbar: Die Umbrüche der Branche (bspw. Energiewende, Sektorkopplung, Elektromobilität und insbesondere die zunehmende Digitalisierung) lassen vollkommen neue Geschäftsmodelle entstehen, die neue Formen der Arbeitsorganisation verlangen.

Verstärkt wird der Trend zu neuen Arbeitsformen außerdem durch gesamtgesellschaftliche Trends, zu denen zum Beispiel neue Ansprüche – gerade jüngerer Beschäftigter – an Zusammenarbeit, Feedback und den Wert von Arbeit zählen. In der Folge müssen altgediente Verfahren und die eingeübte Praxis teils völlig umgekrempelt werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wodurch moderne Leistungssteuerung in der Energiewirtschaft charakterisiert wird.

Durch stete Veränderungen geraten klassische Instrumente der Leistungssteuerung – insbesondere auf Jahresrhythmen ausgerichtete Verfahren – zunehmend unter Druck. Sie können sowohl die Ansprüche moderner Formen der Arbeitsorganisation in einem dynamischen Umfeld als auch die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen und Bedürfnisse der jüngeren Generationen nur schwer bedienen.

Dies ist umso bedeutender in der Energiewirtschaft, da sich die Branche in ihrem Bild als attraktiver Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren sukzessive weiterentwickelt hat. Um dem Anspruch als attraktiver Arbeitgeber, aber auch als Unternehmen mit moderner Führungskultur und zukunftsfähigen Führungs- und Steuerungsinstrumenten weiterhin gerecht zu werden, müssen sich die Unternehmen der Branche zwingend mit den modernen Formen der Leistungssteuerung – einem modernen Performance Management – und ihrem Einsatz auseinandersetzen.

In diesem Kontext ist Kienbaum nach 2017 in 2019/2020 in dieser Branche erneut der Fragestellung nachgegangen, welche Funktionen ein modernes Performance Management vorzugsweise erfüllen soll. Vor diesem Hintergrund wurden insbesondere die Steuerungsfunktion sowie die Entwicklungsfunktion als Leitplanken identifiziert. Erstere fokussiert dabei insbesondere auf die Ausrichtung der Mitarbeitenden/Teams an den Zielen und Ergebnissen der Organisation; letztere nimmt den Aufbau von Kompetenzen bei den Mitarbeitenden sowie deren Weiterentwicklung in den Blick. Weniger stark priorisierten die Befragten die Motivationsfunktion im Sinne einer monetären und nicht-monetären Simulation zielgerichteten Verhaltens sowie die Messfunktion (Messen von Performance als Hebel zur Umsetzung der Steuerungsziele). Noch deutlich dahinter liegt die Verteilungsfunktion (leistungsgerechtes Vergütungsmanagement).

Fokussiert auf die ersten beiden Funktionen, die Steuerungs- und die Entwicklungsfunktion, ergeben sich mit Blick auf ein modernes Performance Management folgende neue Fragestellungen:

  • Wie fokussieren wir unsere Mitarbeitenden stärker auf unser sich schneller veränderndes und komplexeres Geschäft?
  • Wie müssen wir Steuerungsmechanismen für die sich verändernden Marktverhältnisse ändern?
  • Wie fördern wir die eigenverantwortliche Entwicklung unserer Mitarbeitenden?
  • Wie kann Performance Management den Kompetenzaufbau in den Fokus rücken?

Umgang mit einem sich schneller verändernden und komplexeren Geschäft

Schnellere geschäftliche Veränderungen, insbesondere aufgrund von veränderten Kundenanforderungen, die sich zunehmend auch unterjährig ändern, fordern die stetige Auseinandersetzung mit Neuerungen und folglich eine zunehmende Intensität nötiger Abstimmungen. Insofern verändert sich der Bedarf der Informationsaustausche hin zu kürzeren, aber in häufiger Frequenz stattfindenden Abstimmungen bzw. Meetings. Die zunehmende Komplexität des Business, gerade durch neue energiewirtschaftliche Geschäftsfelder, verlangt zudem eine noch intensivere Auseinandersetzung mit dem Geschäft des Kunden, um dessen Wünschen und Anforderungen weiterhin gerecht werden zu können. Dies reicht bis zu dem Punkt, wo Kundenlösungen „on the job“ als Prototyp – und damit manchmal auch nur als 80-Prozent-Lösung – geschaffen werden, um nicht an Geschwindigkeit zu verlieren.

Beschäftigte im Arbeitsalltag auf kürzere Zyklen bei gleichzeitiger noch intensiverer Auseinandersetzung mit den Kundenanforderungen einzustimmen stellt in diesem Umfeld eine wesentliche Herausforderung dar.

Ein Performance Management, das diese kürzeren Zyklen und stetig zunehmenden Änderungen hinsichtlich der Stoßrichtungen berücksichtigt und flexibler darauf reagieren kann, ist nötig.

Steuerungsmechanismen, die auf die sich verändernden Marktverhältnisse einzahlen

Der Umgang mit einem sich immer schneller verändernden Geschäft bedeutet auch, dass Steuerungsansätze, die im Wesentlichen eine Steuerung von Verhaltens- und Leistungserwartungen mit langfristiger Orientierung vorsehen, den Steuerungsanforderungen aus dem Geschäft nicht mehr folgen können. Ein Beibehalten der bisherigen Performance-Praxis birgt die Gefahr eines Auseinanderdriftens der (systemisch vorgesehenen) kommunizierten Verhaltens- und Leistungserwartungen und dem nötigen Agieren entlang der tatsächlichen Marktanforderungen.

Eine stimmige Performancesteuerung verlangt daher auch eine Anpassung von internen Prozessen und Verfahrensweisen in der Mitarbeiteransprache und der Kommunikation von Verhaltens- und Leistungserwartungen, die sich innerhalb des Jahres dynamisch entwickeln können.

Das bedeutet, dass eine jahresbezogene Zielorientierung oder die Beurteilung von Jahresleistungen in einem einzigen Gespräch zum Jahreswechsel hinterfragt werden muss. Nur Steuerungsmechanismen und Instrumente, die den Anforderungen des Geschäfts folgen können, werden ein gut funktionierendes Performance Management ermöglichen. Zu solchen Instrumenten zählen beispielsweise Objectives & Key Results (OKR),After-Action-Reviews oder auch einzelne Maßnahmen für einen mehrfach unterjährig stattfindenden Performance-Dialog bis hin zum „Day-to-Day“-Feedback. Alle Beispiele sehen eine kurzzyklische Performancebetrachtung bzw. -begleitung vor und können so der Geschwindigkeit des Geschäfts besser folgen.

Förderung der Eigenverantwortung der Mitarbeitenden zur Bewältigung stetiger Veränderungen

Eigenverantwortliches Arbeiten als solches kann erlernt werden, allerdings müssen auch die passenden Bedingungen dafür geschaffen werden.

Um Eigenverantwortung von Beschäftigten – gerade in sich dynamisch entwickelnden Geschäftsfeldern wie der Energiewirtschaft – zu stärken, muss den Beteiligten die Ergebniserwartung klar kommuniziert werden. Erst dann können die Mitarbeitenden ihr Engagement und ihre Verantwortung so einsetzen, dass beides auf den Erfolg des Unternehmens einzahlt.

Umspannt wird die eigenverantwortliche Entwicklung von der tatsächlichen individuellen Motivlage der Mitarbeitenden. Je genauer die Beweggründe des Einzelnen (bspw. Sicherheit, Unabhängigkeit etc.) erkannt werden, desto besser kann darauf reagiert werden. Auch, wenn man nicht alle Bedürfnisse vollends wird befriedigen können, ist es essentiell, dass ein hoher Informationsgrad über die optimalen Bedingungen der Beteiligten besteht.

Ein weiterer wesentlicher Faktor zur Stärkung der eigenverantwortlichen Entwicklung ist Feedback. Fehlendes Feedback bezüglich der erbrachten Arbeit erzeugt Unsicherheit, die nicht selten darin mündet, dass die Effektivität leidet, da Mitarbeiter sich häufiger fragen, ob das Geleistete den Erwartungen entspricht. Insofern reduziert kontinuierliches Feedback die Unsicherheit stärker als Gespräche im Halb- oder Ganzjahrestakt.

Eine weitere Rahmenbedingung liegt darin, als Führungskraft weiterhin Entscheidungen zu treffen. Denn eigenverantwortliche Entwicklung zu stärken bedeutet zwar, als Führungskraft weniger Vorgaben zu machen, aber nicht zwingend, weniger entscheiden zu müssen. Wird dies missverstanden, kann die gewollte eigenverantwortliche Entwicklung schnell durch negative Erfahrungen gestoppt werden.

Eine weitere bedeutende Bedingung ist die nötige Fehlertoleranz. Soll die eigenverantwortliche Entwicklung gestärkt werden, so müssen Fehler gemacht werden dürfen. Nur so entwickelt sich das Zutrauen, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen.

Alle Rahmenbedingungen können durch eine modernes Performance Management, welches nicht den Fokus auf „Command & Control“, sondern stärker auf „Begleitung und Coaching der Mitarbeitenden auf ihrem Weg zum Ziel“ legt, unterstützt werden. Insofern sollten neben der Leistungsbemessung in einem modernen Performance Management die Elemente der Mitarbeiterentwicklung stärkere Berücksichtigung erfahren.

Leistungssteuerung im Einsatz für den Kompetenzaufbau

Traditionell wurde Leistungssteuerung eher als Kontrolle und Management von (Minder-)Leistungen betrachtet. Im ganzheitlichen Verständnis stellt allerdings auch die Entwicklung von Kompetenzen eine wesentliche Facette dar.

Gerade in Zeiten, in denen die dynamische Weiterentwicklung von Geschäftsfeldern in den Energieversorgungsunternehmen, der Einzug von Digitalisierung und KI-gestützter Technologie oder auch die Zunahme der Veränderungsgeschwindigkeit kundenseitiger Anforderungen für viele Beschäftigte massive Veränderungen mit sich bringen, ist die Entwicklung neuer und die Weiterentwicklung bestehender Kompetenzen essentiell. Dies gilt insbesondere in angespannten Arbeitsmarktfeldern der Branche, in denen der Kompetenzaufbau die langfristige Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeitenden sicherstellen muss.

Damit das gelingen kann, sind die bestehenden (klassischen) Modelle des Performance Managements weiterzuentwickeln. Viele bisherige Verfahren sind noch wenig an die neuen (digitalen und dynamischeren) Anforderungen angepasst und wirken daher teils den Entwicklungsbestrebungen entgegen.

Zudem ist der Mensch in den Verfahren noch stärker in den Mittelpunkt zu rücken, um die Entwicklung und Stärkung von Kompetenzen ernsthaft zu betreiben und ein gestärktes Leistungsbestreben zu erreichen. Hier besteht bei vielen Ansätzen noch Potential zur Verbesserung.

Fazit

Insgesamt bieten die aktuellen Entwicklungen in der Leistungssteuerung viele Chancen, den dynamischen Entwicklungen der Branche mit einer Justierung oder Neuausrichtung der Führungs- und Steuerungsinstrumente im eigenen Unternehmen besser zu begegnen. Hier gilt es, beherzt den Schritt der Veränderung zu wagen. Denn die Mitarbeiter sind weiterhin das bedeutendste Kapital jedes Unternehmens – deren Performance und Motivation ist und bleibt der entscheidende Faktor für künftigen geschäftlichen Erfolg.

Haben Sie Fragen oder wollen mehr über das Thema erfahren? Wenden Sie sich gerne an unseren Autor:

Arne Sievert | E-Mail: arne.sievert@kienbaum.de | Tel.:+49 221 801 72-731

Die vollständige Studie zum Thema “Leistungssteuerung in der Energie-, Wasser- & Entsorgungswirtschaft” können Sie hier erwerben.

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