Plädoyer für eine pragmatische Neugestaltung der Arbeitswelt am Beispiel unseres eigenen Wandels

Plädoyer für eine pragmatische Neugestaltung der Arbeitswelt am Beispiel unseres eigenen Wandels

„Wir müssen Ambidextrie in die Arbeitswelt bekommen“, hat die St. Gallener Professorin Heike Bruch auf unserer diesjährigen Jahrestagung in Ehreshoven gefordert. Ein Impuls, der unter anderem für die New-Work-Blogparade von Winfried Felser interessant sein kann und den ich hiermit gerne aufgreife.

Was bedeutet „Beidhändigkeit“ im Kontext von New Work? In letzter Konsequenz bedeuten ambidextre Arbeitswelten, innerhalb von Organisationen ein Zugleich von etabliert und neu zuzulassen und damit pragmatische Lösungen zu finden, wie New Work in gewachsenen Strukturen gelebt werden kann. Am Beispiel unserer eigenen Transformation möchte ich zeigen, dass man das Machen einfach machen sollte, selbst, wenn einfach nicht immer trivial bedeutet.

New Work TBD.

Wenn es ums Machen geht, ist eins klar: Organisation müssen da abgeholt werden, wo sie stehen. Es ist gut möglich, dass Unternehmen für sich gänzlich oder in Teilen erkennen, dass New Work nicht anwendbar ist und sie mit tayloristischer Effizienzlogik in etablierten Strukturen und Prozessen besser operieren. Zwar sind die potenziellen Vorteile von New Work für Wissensorganisationen zu genüge beschrieben, doch inwieweit z.B. flexible Arbeits(zeit)modelle und Kreativräume sowohl für Wissensarbeiter als auch gewerbliche Berufe einsetzbar sind, gilt es eben individuell zu prüfen.

Deshalb: Kommen wir zum Punkt des Machens zurück. Wie gehe ich New Work überhaupt an? Zentrale und unabdingbare Prämisse ist eine Kultur, in der sich New Work entfalten kann oder anders ausgedrückt ohne New Culture, no New Work! Wenn wir Kultur an dieser Stelle einfach mal als all die Geschichten definieren wollen, die wir mit Führungskräften bzw. Führungsteams verbinden, dann wird schnell klar, dass Führung mit Vision nie wichtiger war. In einer Welt, in der sich Mitarbeiter stärker denn je mit dem Zweck ihres Unternehmens und der Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit auseinander setzen, sind Führungskräfte geforderter denn je, Orientierung und Inspiration zu vermitteln. In ihrer Extremform können dann Menschen, Marken und Zweck miteinander verschmelzen, wie uns John Legere von T-Mobile USA eindrucksvoll vor Augen führt.

Menschen machen also Marken, und Marken machen Märkte. Deshalb sind Authentizität und Haltung derart wichtig. Es geht um das Anfassen, die Erlebbar- und Aufrichtigkeit, weil dadurch Vertrauen entsteht. Wenn ich klar weiß, was ich erwarten darf, dann vertraue und öffne ich mich. Dies ist insbesondere innerhalb von Führungsteams die absolute Grundvoraussetzung. Nur so können Teams und Organisation ihre Potentiale zur vollen Entfaltung bringen. Eine gelebte und allseits zu spürende Vertrauenskultur in Organisationen zu etablieren ist vermeintlich die größte Herausforderung, die es zu meistern gilt, da interne Politik und Eitelkeiten diesem Zielbild gut und gerne im Wege stehen können. Eine weitere nicht zu unterschätzende Rolle nimmt verstärkt die Arbeitsweltgestaltung ein. Architektur ist greifbarer und unmittelbar erlebbarer Ausdruck neuer Arbeitsmöglichkeiten und übersetzt die Philosophie einer Organisation ins Physische. Wenn ich Zusammenarbeit und Innovationskraft stärken möchte, dann bin ich gut beraten, Treffpunkte und Flächen zu kreieren, in denen Menschen tätigkeitsbezogen ihr Potential zur gemeinsamen Entfaltung bringen und damit wirken können.

Ich möchte das gerne am Beispiel von Kienbaum illustrieren, denn wir haben uns für den New-Work-Weg entschieden – mit vielen Vorteilen, und ebenso mancher Herausforderung.

New Culture.

Ab dem Zeitpunkt, als wir anfingen, uns mit Nachdruck unserer eigenen Veränderung zu widmen, durften wir feststellen, dass einige der Erfolgsrezepte der Vergangenheit nicht zwangsläufig die gleichen waren, um uns zukunftsfit aufzustellen. Dazu gehörte vor allem unsere Kultur, von der wir das Gefühl hatten, dass es einer überzeugenden und damit erlebbaren Veränderung bedurfte. Wissend, dass Wandel aber tatsächlich nur gelingt, wenn wir als Führungskräfte wirklich selbst bereit sind, unsere eigenen Verhaltensweisen zu hinterfragen und im Zweifel zu verändern, befinden wir uns momentan auf einer spannenden Reise, die das Unternehmen mit neuer Energie flutet, und einen wunderbaren Anspannungsgrad erzeugt. Was heißt das konkret? Kurzum: Es ist das eine, agile Methoden, flexible Strukturen, die Eigenverantwortlichkeit aller, etc. zu betonen und als Führungskräfte einzufordern, indes diese Konzepte in Gänze in einer Organisation zur Entfaltung zu bringen, dazu bedarf es nun einmal Vertrauen sowie ein gemeinsames Commitment, Disziplin und den Willen der Führungsmannschaft selbst, den Status quo zu verändern. Und diese Lust auf und Kraft für Veränderung sind anstrengend. Sie mögen bisweilen bedeuten, dass wir Dinge nicht nur verändern, sondern aufgeben müssen – auf die eigenen Kosten, aber für das (langfristige) Wohl der Organisation. Deshalb kommt der Gemeinschaft eine so bedeutende Rolle zu; sich einander einzuladen und gegenseitig zu ermutigen ist essentiell, um Veränderung nachhaltig erfolgreich zu gestalten.

Brave New World.

Die Idee der Ambidextrie (er-)leben wir bereits zum Teil, wenn es um unsere Büro- und Arbeitskonzepte geht. Dies begann mit der Entscheidung von Gummersbach nach Köln zu ziehen. In unserem neuen Kölner Hauptsitz haben wir eine offene Bürolandschaft geschaffen, die für jede Tätigkeit innerhalb Kienbaums die passende Arbeitsumgebung bietet: Seien es informelle Austauschgelegenheit auf den Fluren, vielfältige Meetingräume, Open-Space-Bereiche, Stillarbeitsecken, Telefonkabinen oder Büros in unterschiedlichen Größen. Dabei legen wir Wert auf eine moderne Gebäude- und Innenarchitektur, die durch viel Glas und Holz sowie zeitgeistige Möbel Ausdruck findet. Für sich genommen zwangsläufig nicht weltbewegend, für uns als über 70 Jahre altes Unternehmen durchaus. Neben unserem innovativen Hauptsitz, liebevoll Raumschiff genannt, und der nun als Nukleus für den Rest der Kienbaum-Welt fungiert, verfügen wir jedoch im Rest der Welt über viele vermeintliche klassische Bürolandschaften, in denen die Architektur noch nicht immer auf das einzahlt, wo wir hinwollen. Diese Anpassungen wollen wir nun gemeinsam in Angriff nehmen. Solche Veränderungen verbunden mit bestimmten Arbeitsplatzquoten erzeugen verständlicherweise manchmal Sorgenfalten. Ein fest zugeordneter Schreibtisch und/ oder ein Büro bedeutet am Ende eben auch Sicherheit – desk sharing is not everybody’s cup of tea. Um jedoch im Umkehrschluss im Rahmen der Veränderung kein Gefühl der Unsicherheit entstehen zu lassen, sind wir als Führungskräfte insbesondere kommunikativ extrem gefordert.

The art of communication is the language of leadership.

Einer der, wenn nicht der wesentliche Bestandteil von New Work, ist zeitgemäße, digitale Kommunikation unter Einbezug aller technologischen Möglichkeiten. Digitale Kommunikation ist quasi das Rückgrat von New Work. Eingebettet in ein intelligentes Storytelling, ist sie der Schlüssel zum Erfolg. Wenn wir überlegen, wie wir mittlerweile privat kommunizieren und uns informiert halten, und dann schauen, wie Informationsaustausche häufig in Organisationen noch stattfinden, dann konnten wir seinerzeit bei Kienbaum nur zu dem Schluss kommen, dass es höchste Zeit für Veränderung war. Facebook, Yammer, Slack, What’s App, Twitter, etc. zeigen uns in vielfältiger Form wie moderne Kommunikation funktionieren kann – und damit, was dies für Führung und Kultur bedeutet. Es ist noch nicht alles Gold, was glänzt, aber mittels des sozialen Mitarbeiternetzwerks Yammer gelingt uns nun viel aktiveres Agendasetting. Zur Freude aller, denn insbesondere die Erlebbarkeit der Führungskräfte lässt sich über moderne Kommunikationsplattformen zweifelsohne viel besser transportieren und damit virtuelle Teams ultimativ besser führen und zusammenhalten.

Do it.

Das Entscheidende ist die geistige Öffnung. Die Welt ist zu komplex geworden, als dass wir die Herausforderungen alleine meistern könnten. Deshalb lieben wir die Erfahrungen, die wir gerade sammeln und wir sind glücklich, wenn wir unsere Erfahrungen weitergeben dürfen. Wir engagieren uns mit Herzblut in eigener Sache, sind mittendrin, wenn Konzepte und Anwendungen weiterentwickelt werden und probieren New Work selbst aus – damit kommt uns als Beratungsunternehmen natürlich eine wichtige Rolle zu. Mit der Schaffung eines interdisziplinären Digital-Teams spüren wir Ambidextrie sehr deutlich im organisationalen Rahmen. Denn das Team fungiert als starker Treiber, das sowohl die Geschäftsbereiche maßgeblich unterstützt und Digital-Aktivitäten entsprechend orchestriert, als auch New Work durch und durch (vor-)lebt. Sicherlich haben wir ob unserer Aufstellung mit Themen wie Eigenverantwortung, Flexibilität und Agilität gegenüber anderen Branchen und Industrien andere Voraussetzungen, aber viel entscheidender ist, dass wir mit Überzeugung sowie einer anderen Offenheit und Mut agieren, Dinge auszuprobieren und zu vertesten. So helfen uns nicht nur unsere strategischen Beteiligungen an Start-ups enorm, sondern das gesamthafte Agieren in einem digitalen Ökosystem, das unseren USP immer wieder ordentlich challenged und uns damit in der Weiterentwicklung enorm antreibt. Intelligentes Partnering ist im Übrigen zweifelsohne einer der Erfolgsschlüssel in der neuen Arbeitswelt – Organisationen, vereinigt Euch!

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