Scaling Up Agile: Neuausrichtung von OTTO IT nach agilen Organisationsprinzipien

Scaling Up Agile: Neuausrichtung von OTTO IT nach agilen Organisationsprinzipien

Dr. Michael Müller-Wünsch (53) übernimmt Mitte 2015 die neu geschaffene Position des OTTO-Bereichsvorstands Technology (CIO) und zeichnet sich fortan verantwortlich für die IT-Landschaft des Onlinehändlers.

In seiner Rolle gestaltet Müller-Wünsch maßgeblich an der Digitalisierung des Geschäftsmodells mit und setzt als innovativer Treiber Maßstäbe und Impulse. Im Interview mit Cyrus Asgarian, Kienbaum Partner und Gesamtverantwortlicher für das Beratungsfeld ‚Organisation‘, beleuchtet Müller-Wünsch die strategische Neuausrichtung der eher traditionell aufgestellten IT-Funktion der OTTO-Einzelgesellschaft unter Berücksichtigung agiler Organisationsprinzipien.  Der Wandel von monolithischen Applikationen zu Microservices bzw. Business Services durch die Einführung agiler Teams stellt dabei einen zentralen Faktor der Transformation dar. Auszüge aus ihrer Konversation folgen.

Herr Dr. Müller-Wünsch, die Funktion IT-Vorstand hat in der Otto Group eine lange Tradition. Bereits vor über 30 Jahren hat das Unternehmen die Funktion erstmalig eingeführt. Allerdings ist diese durch umfängliche Konzernentwicklungen über die Jahre hinweg diffundiert. Vor knapp zwei Jahren hat man sich dazu entschieden, die Position eines eigenen OTTO-Bereichsvorstands Technology (CIO) für die OTTO-Einzelgesellschaft zu schaffen und aufbauorganisatorisch abzubilden. Was waren die Beweggründe für die Schaffung bzw. Wiedereinführung dieser Position und dem damit einhergehenden Ausbau der eigenständigen IT-Organisation? Was hat Sie motiviert, sich der neuen Aufgabe anzunehmen?

Das Unternehmen und die Marke OTTO bestehen seit fast sieben Jahrzehnten. In den letzten Jahren ist die große Bedeutung der Funktion Technologie in dem Geschäftsmodell von OTTO immer deutlicher geworden. Die Eigentümer, angefangen von Michael Otto, haben dieser Erkenntnis Rechnung getragen und sich vorgenommen, dass sich die Technologieinduzierung von Geschäftsmodellen auch aufbauorganisatorisch wiederfindet. Die Reflektion, dass Technologie nicht nur ein „Enabler“, sondern vielmehr Geschäftsmodell per se sein kann, hat letztlich dazu geführt, dass man in unserer historisch gewachsenen Organisation das neue Ressort Technologie eingeführt bzw. wiedereingeführt hat. Die Neuinterpretation der Rolle und die aufbauorganisatorische Verankerung tragen meines Erachtens maßgeblich dazu bei, dass das Geschäftsmodell von OTTO in einem von digitalen Giganten geprägten Marktumfeld wettbewerbsfähig bleibt. Das heutige Ressort ‚Technology‘ steht daher nicht nur für IT, sondern für den Gesamtkontext Technologie in unserem Geschäftsmodell. Dies hat mich sofort begeistert und zum Wechsel zu OTTO bewogen.

Die im Markt bekannte, klassische CIO Rolle leben wir bei uns im Hause so nicht. Der klassische IT-Verantwortliche auf Geschäftsführungsebene bzw. C-Level, der aus einem SAP Anwenderkontext heraus operiert, würde unser Selbstverständnis des CIOs nicht hinreichend wiedergeben. Unser Selbstverständnis der CIO Funktion und Rolle ist, dass Technologie einen inhärenten Bestandteil des Geschäftsmodells darstellt.

In Ihrem Titel „Bereichsvorstand Technology (CIO)“, führen Sie CIO in Klammern. Würde man den Bereichsvorstand Technology mit einer klassischen CTO-Funktion assoziieren, hätte diese im Vergleich zur Rolle des CIO eine andere Konnotation. Wie wird dies in Ihrem Unternehmen interpretiert?

Die im Markt bekannte, klassische CIO Rolle leben wir bei uns im Hause so nicht. Der klassische IT-Verantwortliche auf Geschäftsführungsebene bzw. C-Level, der aus einem SAP Anwenderkontext heraus operiert, würde unser Selbstverständnis des CIOs nicht hinreichend wiedergeben. Unser Selbstverständnis der CIO-Funktion und Rolle ist, dass Technologie einen inhärenten Bestandteil des Geschäftsmodells darstellt. Vor dem Hintergrund, dass Unternehme heutzutage mehr denn je geprägt sind von Daten, Algorithmen und anderen mit der Informationstechnologie verbundenen Wertschöpfungselementen, spiegelt die Bezeichnung „Bereichsvorstand Technology“ diesen Gedanken wieder.

Der ‚Bereichsvorstand Technology‘ fasst letztlich aber auch die IT-Komponenten der etwas unbeliebteren Disziplin des Backoffices und Back-Ends zusammen. Auf den Punkt gebracht: ein CIOplus.

Kurz nach der Übernahme des CIO Postens haben Sie ein Organisationsreview der IT-Funktion vorgenommen. Welche Ausgangssituation haben Sie in Ihrer IT-Organisation vorgefunden? Welche Rolle hat der Kunde oder Konsument in ihren Überlegungen gespielt, eine mögliche Re-Positionierung der IT-Funktion vorzunehmen?

Die Ausgangssituation, die ich nach der Übernahme des CIO Postens vorgefunden habe, lässt sich im Wesentlichen anhand von zwei Punkten beschreiben. Zum einen wurden IT und Technologie von der Organisation noch vermehrt als Lieferantenleistungen angesehen. Auch hat sich die IT selbst überwiegend als Dienstleister verstanden. Diesem Gedanken folgend, hat unsere IT die Dienstleistungen entsprechend den Anforderungen der Fachbereiche versucht bestmöglich zu erbringen, manchmal ohne die Anforderungen kritisch genug zu hinterfragen. In derartigen Kunden-Lieferantenbeziehungen wird häufig vergessen, für wen man eigentlich schlussendlich die Leistungen erbringt und wie unser Unternehmen sein Geld verdient. Wir als OTTO verdienen unser Geld mit den Kunden, die bei uns Waschmaschinen, TV-Sets, Möbel, Kleider oder andere Artikel aus unserem Sortiment kaufen. Diesen Gedanken der maximalen customer oder noch besser consumer obsession habe ich versucht in meine Organisation zu transportieren. Mir ist es wichtig, dass meine Mannschaft darüber nachdenkt, wie es uns als Konsumenten- bzw. Geschäftspartner-orientierte Technologieabteilung gelingt, Wert für unser Geschäftsmodell zu entfalten. Wichtig ist hierbei der Unterschied zwischen dem Konsumenten und dem Kunden: Denn der Konsument ist nicht zwingend auch unser Kunde. Damit Konsumenten zu Kunden und damit zu loyalen Partnern werden, müssen wir aus technologischer Perspektive verstehen, welche Konsumentenprobleme es zu lösen gilt. Sich dies immer wieder vor Augen zu führen, ist die erste Bürgerpflicht eines jeden in unserer Organisation. Dieses Bewusstsein war zum Zeitpunkt der Übernahme meiner neuen Funktion nicht gänzlich verbreitet. Zum anderen habe ich festgestellt, dass man sich zum Teil hinter Prozessen und internen Regularien versteckt. Dies mündet mitunter darin, dass wir für den Konsumenten nicht immer den maximalen Nutzen generieren. Daher habe ich meine Aufgabe darin gesehen, die Re-Positionierung des Technologiebereiches voranzutreiben und Elemente zu etablieren, die dem Erfolg der Gesamtorganisation OTTO zu Gute kommen. Zusammenfassend: mir ging es vor allem darum, zunächst die Etablierung einer konsumentenorientierten Technologie-Organisation, die sich an einer business-service orientierten Architektur orientiert, voranzutreiben.

OTTO operiert heute in einem dynamischen Marktumfeld, welches eine hohe Flexibilität, eine adaptive Time-to-Market-Strategie sowie ein kontinuierliches Innovationsklima erfordert. Basierend auf diesen zentralen Geschäftsanforderungen haben Sie sich dazu entschieden, Ihre IT-Organisation nach agilen Prinzipien neu auszurichten. Welches Ziel haben Sie mit dem Umbau verfolgt bzw. was war Ihnen besonders wichtig?

Als wesentliche Maxime gilt für mich, dass Geschwindigkeit für uns im ambitionierten Marktumfeld in vielen Fällen einen höheren Wert hat als Effizienz. Mir ist Time-to-Market deutlich wichtiger, als permanent den letzten Cent umzudrehen. Letzteres birgt die große Gefahr, irgendwann keine Marktrelevanz mehr zu haben und in der Belanglosigkeit zu verschwinden. Die einfache Regel lautet daher auch in unseren komplexen Strukturen, dass Geschwindigkeit am Markt nicht immer, aber doch oft Priorität vor Kosteneffizienz hat. Zudem sind nicht allein die absoluten Kosten entscheidend, sondern vielmehr die Relation von Leistung zu Kosten.

Um Geschwindigkeit am Markt zu erzielen, ist die IT-Architektur ein zentraler Faktor bzw. elementare Voraussetzung. Im Rahmen des Umbauprogramms haben Sie daher insbesondere die Entwicklung einer anpassungsfähigen, flexiblen IT-Architektur fokussiert. So wählen Sie den Ansatz, die monolithische Systemlandschaft durch die Einführung von agilen Teams sukzessive aufzubrechen. Jedes agile Team trägt für einen klar definierten Bereich die Gesamtverantwortung – auch jene für den Umbau bzw. die Flexibilisierung der Architektur. Dieses Vorgehen scheint auf den ersten Blick ungewöhnlich. Was hat Sie dazu bewegt, agile Strukturen genau dort einzuführen, wo es merklich am schwersten ist?

Im Rahmen des Umbaus haben wir uns die Frage gestellt wie es uns gelingt, ein in der Vergangenheit bewährtes Modell zukunftsorientiert auszurichten. Eine Arbeitshypothese war, dass die über lange Jahre stark auf Effizienz ausgerichtete IT-Organisationsstruktur wahrscheinlich nicht die Geschwindigkeit erzielen wird, die wir in cross-funktionalen, agilen Teams erwarten. Da wir innerhalb unseres Konzerns und auch innerhalb der IT-Organisation von OTTO bereits einige gute Beispiele vorweisen konnten, in denen sich agile Organisationsmodelle als hochgradig wirksam erwiesen haben, haben wir diese auf ein Konstrukt angewendet, welches zunächst als nicht veränderungsfähig eingeschätzt wurde – einen großen und über Jahrzehnte entwickelten Monolithen.Um diesen Monolithen grundlegend zu modernisieren, bedarf es eines Organisationsmodells, welches auf Geschwindigkeit als wesentliches Konstruktionsprinzip basiert. Wir haben uns daher entschieden, Strukturen einzuführen, die es unseren Teams ermöglichen, eigenständig innerhalb bestimmter Leitplanken, die Veränderung und Modernisierung einzelner Teilbereiche voranzutreiben. Die Kraft der kleinen, marktorientierten agilen Teams ermöglicht uns, den angestrebten Umbau mit hoher Geschwindigkeit zu forcieren.Wir haben 25 cross-funktionale Teams (sogenannte Teams of Ten) eingeführt und diesen wiederrum virtuelle Blöcke aus dem Monolithen zugeordnet. Die Teams tragen hierbei die Gesamtverantwortung für ihren virtuellen Block, wobei wir über dezidierte Governance Prinzipien den Rahmen definieren. Insgesamt verfolgen wir damit ein übergeordnetes Ziel: das Organisationsmodell soll einzahlen auf eine Business-Service-Orientierte Architektur. Diese ist dadurch beschrieben, dass wir beispielsweise das Ziel verfolgen, den besten ‚Payment Service‘ oder den besten ‚Dispositionsservice‘ zu etablieren und diese Services als einen „As a Service“ zu betreiben.

Vor dem Hintergrund, dass agile Teams eigenständig und autonom agieren, welche Rolle spielt der CIO in diesem Konstrukt und wie wird sich seine Rolle in Zukunft entwickeln? Wird er überhaupt noch benötigt?

In einem technologieaffinen Unternehmen wird der CIO zukünftig eine deutlich wachsende Bedeutung und Sichtbarkeit im Unternehmen von seinem Umfeld erhalten. Denn in einem technologieaffinen Unternehmen wird es viel häufiger passieren, dass diejenigen Personen, die tiefes Technologieverständnis haben, die Ausgestaltung der Organisation und des Geschäftsmodells relevant beeinflussen – wenn nicht sogar verantworten.

Technisch erfordert der Paradigmenwechsel hin zu agilen Strukturen sicherlich einiges an Umdenken und spürbaren Aufwendungen. Organisatorisch ist der Wechsel aber sicherlich noch dramatischer, denn vorhandene Abteilungsstrukturen müssen aufgebrochen und Verantwortungen umverteilt werden. Insbesondere verändert Agil die Rolle des mittleren Managements. In agilen Welten sind Manager viel näher am Content und den Technologien. Sie arbeiten gleichberechtigt im Team mit, agieren mehr als Coaches. Das kann zügig Ängste wie Macht- und Kontrollverlust hervorrufen. Wie gehen Sie mit dieser Herausforderung um?

Die Erkenntnis, dass Wandel erstmal etwas Positives und nichts Schlechtes per se ist, trägt wesentlich dazu bei, die mit Veränderung einhergehenden Herausforderungen zu bewältigen. Interessant ist, dass gerade in der Vergangenheit in Organisationsfragestellungen ein wesentlicher Impuls zum Wandel und den damit einhergehenden strukturellen Veränderungen vielfach aus IT Bereichen gekommen ist. Als Beispiel sei hier das Konstrukt der projektorientierten Organisation anzuführen. Wenn man dies in Zusammenhang bringt mit der Entwicklung von Führungsstrukturen und Führungskräften, so ist zu beobachten, dass auch diese sich positiv verändert haben. Nämlich weg von traditionellen Macht- und Kontrollinstrumenten hin zu Führungsprinzipien, die sowohl eine Hochleistungs-Organisation als auch eine höchstzufriedene Arbeitsorganisation auszeichnen. Obwohl Agil bewährte Strukturen sowie Denk- und Arbeitsmodelle verändert, bin ich nicht so weit zu sagen, dass wir per se Führungsebenen heraus nehmen müssen, aber wir müssen vermehrt an dem mit Agil einhergehenden neuen Führungsverständnis arbeiten.

Aus unserer Erfahrung zeigt sich, dass die Agile Kultur den Unternehmen am meisten Probleme bereitet. Denn mehr noch als eine Toolbox, ist Agilität ein Mindset. Agile Organisationen sind User-zentriert und genau an dieser Stelle herrscht in vielen Unternehmen Nachholbedarf. Wie ist es Ihnen gelungen die kulturelle Transformation erfolgreich zu bewältigen?

Rückblickend lassen sich drei Erfolgsfaktoren ableiten. Der erste Erfolgsfaktor ist die aktive Einbindung der Mitarbeiter in den Veränderungsprozess. Daneben hat es sich ausgezahlt, sich Zeit zu nehmen, um Dinge zu erklären und zu erläutern. Und der dritte Erfolgsfaktor besteht darin, die Probleme nicht aus Sicht einer Führungskraft zu lösen, sondern aus Sicht der breiten Belegschaft. So habe ich meine Mitarbeiter immer wieder nach den zentralen Pain Points gefragt, die sie daran hindern einen guten Job machen zu können. Daraufhin wurden mir hunderte von Themen genannt, die aus Mitarbeitersicht zu lösen sind. Und genau daran haben wir gemeinsam gearbeitet. Natürlich wird es immer jemanden geben, der sich nicht auf den Veränderungsprozess einlässt. Aber am Ende des Tages ist Veränderung ein Vertrauensthema und Vertrauen muss durch positiv gemachte Erfahrungen und gemeinsame Erfolge geschaffen werden.

Zur erfolgreichen Einführung von agilen IT-Strukturen als Vehikel zur Digitalisierung und Vernetzung des Handels ist der Faktor Mensch entscheidend. Agilität erfordert neben einer Anpassung von IT-Prozessen auch neue IT Rollen bzw. veränderte Skills, wie bspw. SCRUM-Master, DevOps Spezialist, Data Scientist, UI/UX Designer  oder Venture Architects. Wie aufwendig ist es diese neuen Rollen mit den richtigen Mitarbeitern zu besetzen? Welche Up-Skilling bzw. Weiterbildungsmaßnahmen nutzen Sie, um Ihren Mitarbeitern agile Prinzipien näher zu bringen?

Grundsätzlich schätze ich die Weiterentwicklung eines guten internen Mitarbeiters nicht aufwendiger ein als die Suche nach einem guten neuen Mitarbeiter. Durch unseren kontinuierlichen Feedbackprozess „Feedback im Dialog“, haben wir einen Mechanismus etabliert, der es dem Mitarbeiter und dem jeweiligen Verantwortlichen ermöglicht, sich über die Anforderungen, die an den Mitarbeiter gestellt werden auszutauschen und im Dialog festzustellen, ob das Skill-Set des Mitarbeiters ausreicht, den Anforderungen gerecht zu werden. Daraus lassen sich konkrete Weiterentwicklungsmaßnahmen ableiten. Im Zuge des Ausbaus des Ressorts Technology habe ich darüber hinaus besonderen Wert auf Fokusthemen gelegt. So werden wir in diesem Jahr eine gemeinsame Sprache für Führungskräfte etablieren, indem alle Führungskräfte vom Teamleiter bis zum Bereichsvorstand ein „Agile Leadership Training“ absolvieren. Dieses Training soll es uns ermöglichen, in einer Sprache, einer Syntax und einer Semantik zu sprechen. Ich bin davon überzeugt, dass einerseits Programme erforderlich sind, die für alle gelten; und andererseits muss spezifisch auf den Einzelnen eingegangen werden, damit dieser im Stande ist seiner zukünftigen Aufgabe gerecht zu werden. Hierfür bedarf es eines systematischen Talent Managements.

Aber nicht nur die Kultur und die fehlenden Tools bremsen Konzepte wie DevOps aus, sondern auch der Fachkräftemangel. Unternehmen stoßen immer wieder vor die Herausforderung, dass Konzepte entwickelt werden, die mit der aktuellen Mannschaft nur schwer umsetzbar sind. Gleichzeitig ist es sehr schwierig, Mitarbeiter mit Know-how und Erfahrung zu finden, und zwar sowohl für die Entwicklung als auch für den Betrieb. OTTO konkurriert in diesem Umfeld mit Unternehmen wie bspw. Zalando, Alibaba und Amazon um den Führungsnachwuchs. Wie gehen Sie mit diesem Thema um und welche Strategie verfolgen Sie, um Employer of Choice zu werden?

Sich als Arbeitgeber nicht nur gut, sondern realistisch darzustellen ist meiner Meinung nach der einzig zielführende Weg. Denn würde man hier ein Schauspiel anstellen, wäre man innerhalb kürzester Zeit demaskiert. Insgesamt gilt es, Arbeits- und Rahmenbedingungen sowie Perspektiven zu schaffen, die uns für potentielle Mitarbeiter hochattraktiv machen.  So wie wir unsere Kunden dazu verführen müssen bei OTTO zu kaufen, so muss der potentielle Mitarbeiter verführt werden bei OTTO zu arbeiten. Und wenn dieser enttäuscht wird, wird das gleiche passieren wie bei einem Kunden – er wird nicht wiederkommen und die gemeinsame Reise nicht fortsetzen wollen. Daher sind wir bestrebt, OTTO auf glaubhafte Art und Weise als überraschendes, offenes und vielfältiges Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt zu platzieren. Wir sind davon überzeugt, insbesondere für den IT Nachwuchs ein hochattraktives Umfeld bieten zu können, in dem sich der einzelne verwirklichen kann.

Nach vorne geschaut: Wie sieht OTTO-IT in 5 Jahren aus, was ist ihre langfristige Vision? Ist die Reise jemals zu Ende?

Ich nehme wahr, dass unsere Leistungen sehr wohlwollend honoriert werden. Gleichwohl werde ich nicht müde zu sagen, dass die Modernisierung der IT eine Reiseetappe ist, die ich zwar begleite und gestalte, wir aber noch nicht angekommen sind und wahrscheinlich auch nie ankommen werden.

Wenn wir unsere Neugierde und unser Unternehmertum bewahren und weiterhin unsere Kunden, Partner und Mitarbeiter überraschen wollen, kann man nicht vorhersehen wo die Reise hingehen mag.
Aber: Auch in 5 Jahren ist die Gesamt-Organisation noch stolz auf ihre konsumentenorientierte Technologieabteilung, die an einer business-service-orientierten Technologie-Architektur arbeitet.. Ich persönlich hätte mein Ziel erreicht, wenn die IT innerhalb der Gesamtorganisation bekannt wäre als eine Funktion, die dazu beiträgt den Erfolg des Unternehmens maßgeblich mit zu gestalten und mit der es Spaß macht zusammenzuarbeiten. An bestimmten Stellen konnten wir bereits überraschen, in dem wir Dinge anders und besser hinbekommen haben als es ursprünglich vermutet wurde. Aber es gilt so viel Qualität und Substanz aufzubauen, dass auch der ein oder andere Rückschlag in der Zukunft gut verkraftet werden kann.

Eine abschließende Frage. Welchen Rat würden Sie ihren Kollegen geben, die sich auf eine ähnliche Transformations-Reise begeben wollen. Was sind die wesentlichen “Lessons Learned” und Stolpersteine auf dem Weg zu mehr Agilität?  Wie sieht die perfekte Arbeitsweise für Sie aus? Worauf kann kein agiles Projekt verzichten?

Man sollte nicht glauben, dass man in absehbarer Zeit fertig ist. Sondern man sollte offen kommunizieren, dass jede Transformation ein Findungsprozess ist, der andauern wird. Außerdem halte ich nichts davon, Agilität kochbuchartig über eine Organisation zu stülpen. Vielmehr sollte man sehr sorgfältig analysieren, welches Problem gelöst werden muss. Agilität ist nicht als Dogma zu verstehen, sondern Agilität ist ein Mindset, ein Ansatz, der in einer bestimmten Problemlage helfen kann, aber nicht automatisch jedes Problem löst. Meine Empfehlung ist es daher sehr ordentlich zuzuhören und aufmerksam zu beobachten, was in der Organisation passiert.

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