Wandel der IT-Führungskraft

Wandel der IT-Führungskraft

Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data sind nur einige der Schlagworte, die man sofort mit dem heutigen Wandel und der Digitalisierung in Verbindung bringt. Es geht jedoch um sehr viel mehr!

Produkte, Märkte und Branchen verändern sich und damit Unternehmen und insbesondere auch die IT-Funktion und deren Akteure. Dabei rückt die IT-Führungskraft zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit. Deren Rollenverständnis wirkt jedoch weiterhin in großen Teilen tradiert und trotzt hartnäckig der sich wandelnden Einflussfaktoren und Strukturen.

Ausschlaggebend für diesen Wandel sind im Wesentlichen:

  • Automatisierung & Technischer Fortschritt: Steigende Anzahl von Tools und KI-Routinen übernehmen bereits heute geschäftsrelevante Prozesse und Management- Entscheidungen. Tendenz steigend!
  • Einbindung des Business: Businessnahe Product Owner bestimmen die Abfolge von Aktivitäten, nicht mehr übergeordnete businessfremde IT-Manager oder andere Koordinatoren.
  • Selbststeuernde Teams: Aufgaben werden zunehmend fragmentiert in agilen sich selbststeuernden Teams gelöst, die ihre Tätigkeiten eigenständig planen sowie sich gegenseitig führen und Feedback geben.
  • Dezentralisierung von Autoritäten: Die Übertragung einzelner Führungskompetenzen an Teammitglieder oder die Unterscheidung zwischen einer disziplinarischen und einer fachlichen Führungskraft führt zu Demokratisierung und damit zu flachen Hierarchien.
  • Projekt-/themenbasierte Rollen: Fest zugeordnete Stellen mit klassischem Anforderungsprofil sowie traditionelle und damit einhergehende Unternehmenskarrieren werden von projekt-/themenbasierten Rollen abgelöst.

Die Anforderungen an die mittleren Führungskräfte in der agilen IT verändern sich damit gravierend. Die bisherige Rolle des Managers, Koordinators und Ressourcenplaners wird in es in dieser Form nicht mehr geben: Die Zeiten des Command-and-Control sind vorüber.

Es ist auch ein Fehler, keinen Fehler zu machen. Dann hat man zu wenig Neues ausprobiert.
Sylvian Newton, Head of People, Allianz SE

People Coach, IT-Experte oder BEIDES?

Doch was jetzt? – In Best Practice IT-Funktionen etablieren sich zwei neue Typen von Führung:

1. Der People Coach

Unter dem Stichwort „Empowerment“ ist es Kernaufgabe des People Coaches, seine Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, selbständig Entscheidungen zu treffen sowie Ziele und Aufgaben umzusetzen. Der People Coach zeichnet sich dadurch aus,  Ideen und Visionen einzubringen, seine Mitarbeiter zu motivieren und Feedback zu geben. Er übernimmt dabei insbesondere die Verantwortung eine Umgebung bereitzustellen, in der Mitarbeiter sich entwickeln und frei agieren können. Dazu zählt neben den physischen Räumlichkeiten (z. B. Team-Space, Kanban-Board) vor allem eine Umwelt, in der Fehler erlaubt und gewollt sind. Fehler werden als Bestandteil des Lernens und der Weiterentwicklung verstanden.

2. Der IT-Experte

Ein tiefes Wissen über das Themengebiet der IT, beispielsweise geschäftskritischer Anwendungssysteme, zeichnet den IT-Experten aus. In Organisationen kann er der „Go-To-Programmierer“ sein, an den sich Mitarbeiter bei schwierigen Fragen in der IT-Entwicklung wenden. Des Weiteren verfügt der IT-Experte in der Regel über ein besonders hohes Know-how in der  Zusammenarbeit mit externen Providern und der Abnahme von Arbeitsergebnissen. Die hohe Fachlichkeit kann sich auch in Aufgaben der Architektur, im Demand Management oder Projektmanagement äußern.

Auf dem Weg zur neuen IT-Führungskraft – Eine Handlungsempfehlung

Um die Transformation und Veränderung Ihrer IT-Führungskräfte in Richtung von People Coaches und/ oder IT-Experten zu begleiten, sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen, die für die beiden Rollen unterschiedlich wichtig sind.

Was nun? Die Digitalisierung wird nicht kommen, sondern sie ist bereits da! Außerdem wird sie nicht viel, sondern nahezu Alles verändern! Die Zeit für einen Wandel ist jetzt. Die Kienbaum-Studie „All-Agile IT“ hat gezeigt, dass sich bereits ein Drittel der IT-Organisationen auf agile Strukturen und entsprechende Führungsgrundsätze umgestellt haben. Wie steht es bei Ihnen? Treiben Sie die Transformation Ihrer IT-Führungskräfte aktiv voran? Drei Praxisbeispiele legen im Folgenden dar, wie Vorreiter der Industrie diese Herausforderung bewältigen.

Wandel der IT-Führungskraft – Ausgewählte Use Case

BMW Group

Aufbau von IT-Experten durch Führungskräfte-Training „Back to Code“

Unter dem Motto „100% agil“ verfolgt die BMW Group IT das Ziel, bis Ende 2019 die IT-Organisation vollumfänglich nach agilen Prinzipien auszurichten. CIO und Senior Vice President Information Management der BMW Group Klaus Straub fokussiert dabei auf eine konsequente Produktorientierung sowie die Etablierung von interdisziplinären BizDevOps Teams. Innerhalb dieser Teams wird der klassischen Führungskraft eine neue Funktion zugeschrieben: weg von tradierten Manager-Typologien, charakterisiert durch ausgeprägte Management-Kompetenzen ohne Bezug zur „echten IT“, hin zu IT-Experten, die über umfangreiche IT-Fachlichkeit verfügen und wieder stärker an die Inhalte ran rücken.

Führungskräfte werden im agilen Kontext nicht überflüssig, aber ihre Rollen und Aufgaben ändern sich. Sie sorgen für eine Kultur, in der die agilen Werte nachhaltig gelebt werden und rücken stärker an den Content. So haben wir das Programm „Back to Code“ aufgesetzt, das auch Führungskräfte wieder an echte IT heranführt  und zu mehr Spaß bei der Arbeit verhilft.
Klaus Straub, CIO und Senior Vice President

Adidas Group

People Coaches als Hebel auf dem Weg zur schnellst lernenden IT-Organisation

CIO Michael Vögele steckt mitten im Change Management – die Adidas IT soll in Zeiten von Digitalisierung und Agilisierung zur schnellst lernenden IT-Organisation in der Industrie werden. Damit dies gelingt setzt Adidas bei der Führungskultur an. Der Sportartikelhersteller ist überzeugt, dass moderne Führungskräfte als People Coach agieren sollten, um ihre Mitarbeiter bei der persönlichen Weiterentwicklung zu unterstützen. Es gilt Flexibilisierung statt Standardisierung zu forcieren und Mitarbeitern viel Freiraum einzuräumen. Darüber hinaus sind die IT- Führungskräfte der Adidas Group gefragt, nicht nur die eigenen Teams, sondern auch sich selbst zu selbstgesteuertem lebenslangem Lernen anzuhalten. Führungskräfte und Mitarbeiter profitieren von selbstbestimmten Lerninhalten und wechseln je nach Kompetenz – entgegen eines klassischen Hierarchieverständisses – zwischen der Rolle des Lernenden und Lehrenden.

Ing Diba

Erste Ansätze zur Verschmelzung der beiden Rollen IT-Experte und People Coach

Dass die IT-Führungskraft zeitgleich sowohl als IT-Experte als auch als People Coach agieren kann, zeigt der Case der Ing Diba. Im Rahmen der Transformation von der „Direktbank zur Digitalbank“, wurde die ehemals traditionelle Organisation der Ing Diba in ein agiles Operating Modell überführt und ein lateraler Führungsstil implementiert. Führungskräfte machen weniger von disziplinarischer Weisungsbefugnis als vielmehr von gezieltem Networking zur Stärkung der eigenen Kompetenzbasis Gebrauch und verfügen als ausgewiesene IT-Experten über umfangreiches Expertentum. Zeitgleich befähigen flache Hierarchien, eine offene Feedback- sowie Kommunikationskultur Führungskräfte dazu, die Rolle des People Coach wahrzunehmen. Das neue Führungsverständnis verhilft den rund 350 „Squads“ (multidisziplinäre Teams) innerhalb von insgesamt 13 sogenannten „Tribes“ zu einem gemeinsamen Denkrahmen, fördert bereichsübergreifende Zusammenarbeit und beschleunigt so die Entwicklung neuer Produkte für den Kunden.

 

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