Kienbaum Glossar

Führungsstile

Der Führungsstil beschreibt die Art und Weise, wie eine Führungskraft ihre Rolle ausübt und ihre Mitarbeitenden leitet und motiviert. Es handelt sich um ein Muster von Verhaltensweisen, Einstellungen und Techniken, die eine Führungskraft einsetzt, um Ziele zu erreichen, Aufgaben zu delegieren und die Leistung eines Teams oder einer Organisation zu beeinflussen. Während einige Führungskräfte einen autoritären und direktiven Stil bevorzugen, setzen andere auf partizipative oder sogar Laissez-faire-Ansätze.

Der richtige Führungsstil ist entscheidend für den Erfolg einer Organisation, da er die Arbeitsmoral, Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeitenden beeinflusst. Ein effektiver Führungsstil kann zu einer engagierten und motivierten Belegschaft führen, die innovativ und effizient ist. Ein schlechter Führungsstil kann dagegen die Moral schädigen, zu hoher Fluktuation führen und die Leistung der Organisation beeinträchtigen.

Ambidextrie in der Führung: Exploitation vs. Exploration

Themen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung, New Work und Fachkräftemangel dominieren den wirtschaftlichen Diskurs und Unternehmen müssen sich darauf einstellen. Ambidextrie (lat. Beidhändigkeit) als eine spezialisierte dynamische Fähigkeit, die Paradoxie einer komplexen, sich ständig verändernden Welt zu managen, genießt daher im strategischen Management vermehrte Aufmerksamkeit. Organisationen müssen sich sowohl auf Exploitation als auch auf Exploration konzentrieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Diese konträren strategischen Ausrichtungen müssen tief in der Organisation verankert sein. Für diese Verankerung zeichnen vor allem Führungskräfte verantwortlich.

Das ist mit Exploitation und Exploration gemeint:

Exploitation konzentriert sich auf die effiziente Nutzung bestehender Ressourcen und Prozesse. Hier steht die Optimierung im Vordergrund, um kurzfristige Ziele zu erreichen. Führungskräfte, die sich auf Exploitation fokussieren, stellen klare Anweisungen und Erwartungen auf, überwachen die Leistung engmaschig und bieten Anreize für die Erfüllung von Zielen.

Exploration betont im Gegensatz dazu die Suche nach neuen Möglichkeiten und innovativen Lösungen. Dieser Aspekt zielt auf langfristiges Wachstum und Anpassungsfähigkeit ab. Führungskräfte, die Exploration fördern, ermutigen Mitarbeitende, kreativ zu denken, Risiken einzugehen und neue Ideen voranzutreiben. Sie schaffen ein Umfeld, in dem Fehler als Lernmöglichkeiten angesehen werden und ein offener Austausch von Gedanken gefördert wird.

Erfolgreiche Führungskräfte sind sich der Bedeutung von Ambidextrie bewusst und passen ihren Führungsstil an, um sowohl Exploitation als auch Exploration zu ermöglichen. Dies kann bedeuten, dass sie je nach Situation zwischen verschiedenen Stilen wechseln oder einen hybriden Ansatz entwickeln, der Elemente aus verschiedenen Stilen kombiniert.

Sieben Führungsstile

Expertenorientierte Führung:

Für expertenorientierte Führungskräfte steht das Fachwissen im Vordergrund. Sie sind inhalts- und ergebnisorientiert, wobei sie intellektuelle Kompetenz und Expertise schätzen. Mitarbeiterführung geschieht eher auf einer sachlichen Ebene, und sie fühlen sich in der Regel nicht verantwortlich für die disziplinarische Führung ihres Teams.

Expertenorientierte Führungskräfte konzentrieren sich auf die optimale Nutzung des bestehenden Wissens und der Fähigkeiten. Dieser inhaltsorientierte Stil bildet auf der Ambidextrieskala den exploitativen Rand.

Direktive Führung:

Direktive Führungskräfte bevorzugen eine klare Struktur und eine gut definierte Rollenverteilung. Sie sind leistungsorientiert und legen großen Wert auf Disziplin und Ordnung. Anweisungen werden erteilt und von den Mitarbeitenden wird erwartet, dass sie diesen folgen. Direktive Führungskräfte sind oft effektiv in Krisensituationen oder bei der Umsetzung strategischer Initiativen, wo klare Richtlinien und eine straffe Führung erforderlich sind.

Direktive Führungskräfte schaffen Strukturen und Prozesse, die auf die Erfüllung kurzfristiger Ziele abzielen. Dieser delegative Stil folgt auf der Skala daher der expertenorientierten Führung im exploitativen Bereich.

Transaktionale Führung:

Transaktionale Führung basiert auf einem Austauschverhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden. Hier werden klare Erwartungen und Ziele gesetzt, und die Mitarbeitenden werden entsprechend ihrer Leistung belohnt oder „bestraft“. Verantwortung wird delegiert, und die Führungskraft überwacht die Arbeit der Mitarbeitenden engmaschig.

Das Beheben und Monitoring von Fehlern sowie die Einhaltung von Regeln, Routinen und Plänen bestimmen den Arbeitsalltag bei diesem Stil. Kontrolle ist ein zentraler Aspekt dieses Führungsstils, weswegen er ebenfalls im exploitativen Bereich verortet wird.

Strategische Führung:

Strategische Führungskräfte verfolgen einen pragmatischen und funktionalen Ansatz. Ihr Fokus liegt auf der Analyse der Umwelt und der Ableitung konkreter Ziele. Sie verstehen die Bedürfnisse der Organisation und übersetzen diese in umsetzbare (Teil-)ziele. Strategische Führungskräfte stellen sicher, dass ihre Mitarbeitenden über die erforderlichen Ressourcen verfügen, und arbeiten daran, Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Durch konstruktives Feedback lernen die Mitarbeitenden strategischer Führungskräfte aus Fehlern. Als mitarbeiter- und veränderungsorientierter Führungsstil, der Ziele aus einer Analyse der Umwelt ableitet, gehört der strategische Führungsstil in den explorativen Bereich der Ambidextrieskala.

Transformationale Führung:

Transformationale Führungskräfte inspirieren ihre Mitarbeitenden, indem sie eine anspruchsvolle, aber klare Zukunftsvision vermitteln. Sie bieten ihren Mitarbeitenden Freiraum und Selbstbestimmung bei der Arbeit an ihren Zielen. Diese Führungskräfte agieren als Vorbilder und motivieren ihr Team, indem sie einen Sinn und Zweck in der Arbeit vermitteln. Obwohl die Erreichung der Unternehmensziele für sie Priorität hat, schaffen sie ein Umfeld, in dem Mitarbeitende sich persönlich engagieren und entwickeln können.

Transformationale Führungskräfte fördern ein hohes Maß an Engagement und motivieren ihre Mitarbeitenden, über bestehende Grenzen hinauszudenken. Mit einem Fokus auf die Mitarbeiterentwicklung gehört die transformationale Führung in den explorativen Bereich auf der Ambidextrieskala.

Ethische Führung:

Ethische Führungskräfte stellen ihre Mitarbeitenden in den Mittelpunkt und handeln wertorientiert und transparent. Sie fördern aktiv die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung ihrer Mitarbeitenden und schenken ihnen dafür das nötige Vertrauen. Emotionale Unterstützung und soziale Verantwortung sind wichtige Säulen ihres Führungsstils.

Ethische Führung befindet sich ebenfalls im explorativen Bereich, da sie einen starken Fokus auf die Mitarbeitenden und ihre Entwicklung legt. Ethische Führungskräfte schaffen ein vertrauensvolles und wertschätzendes Umfeld, in dem Mitarbeitende ermutigt werden, Verantwortung zu übernehmen und ihre eigenen Ideen einzubringen. Da sie einen starken Fokus auf die Mitarbeitenden und ihre Entwicklung legt, befindet sich die ethische Führung ebenfalls im explorativen Bereich.

Digitale Führungskompetenz:

Führungskräfte mit einer starken digitalen Kompetenz sind die Pioniere des digitalen Zeitalters. Sie verstehen es, ihre Mitarbeitenden in virtuellen Team zu führen und binden diese aktiv in die Entscheidungsfindung ein. Führungskräfte mit digitaler Führungskompetenz sehen Veränderungen als Chance und spornen so ihre Mitarbeitenden an, mit neuen Ideen zu experimentieren. Sie wissen, wie die Vorteile digitaler Technologien maximiert werden und schaffen eine innovatives und agiles Umfeld.

Als Fusion aus virtueller Führung, geteilter Führung und digitaler Kompetenz bildet dieser Führungsstil den Gegenpol zur expertenorientierten Führung.

Jeder der skizzierten Führungsstile hat seine Berechtigung. So sind die vier skizzierten explorativen Führungsstile beispielsweise in der Produktentwicklung sinnvoll, während exploitative Führung z. B. im Controlling Sinn ergibt. Allerdings gibt es Risikofaktoren bzw. Persönlichkeitsmuster, die eher mit exploitativen Führungsstilen in Zusammenhang stehen und die vermieden werden sollten. Konkret sind dies:

Unnahbarkeit – „Andere als Objekt“

Tendenz zu rationalem, unsensiblen Verhalten, welches oft in risikobehafteten Entscheidungen resultiert.

Pragmatismus – „Der Zweck heiligt die Mittel“

Tendenz, ethische und moralische Standards im Hinblick auf die Zielerreichung zu ignorieren.

Selbstüberschätzung – „Die Anderen sind da, um mich zu bewundern“

Fokus auf die eigene Person und Streben nach Bewunderung durch Andere.

Fazit

Führungsstile sind so vielfältig wie die Persönlichkeiten der Führungskräfte selbst. Es gibt keinen universell effektiven Stil, sondern vielmehr einen Stil, der am besten zu der jeweiligen Situation, den Mitarbeitenden und den Zielen passt. Erfolgreiche Führungskräfte sind sich ihrer eigenen Stärken und Schwächen bewusst und sind in der Lage, ihren Stil an die jeweilige Situation anzupassen.

Letztendlich ist effektive Führung nur durch eine ständige Weiterentwicklung und Anpassung möglich. Führungskräfte, die offen für neues Lernen sind, die Vielfalt schätzen und das Potenzial ihrer Mitarbeitenden erkennen und fördern, ihnen Vertrauen schenken aber auch in der Lage sind die Zügel mal komplett selbst in die Hand zu nehmen, werden in der sich schnell verändernden Geschäftswelt von heute erfolgreich sein.

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Passende Veranstaltungen

Virtuell am 7. November 2024 um 10:00 Uhr // Kostenfrei: Brave Leadership: Mut zur transformationalen Führung

Virtuell am 10. Oktober 2024 um 10:00 Uhr // Kostenfrei: Brave Leadership: Erfolg ist wichtiger als Angst

Zugehörige Publikationen

Das mittlere Management in der Sandwich-Position
Studie vom 4. Oktober 2022 – Von
Lukas M. Fastenroth, Prof. Dr. Walter Jochmann


lead – Das Kienbaum Leadership Journal
Whitepaper vom 5. August 2021 – Von
Jens Bergstein, Frank Stein


Kienbaum Leadership Compass

Der Kienbaum Leadership Compass dient Unternehmen als ein hilfreiches Tool, um den Stil einer jeweiligen Führungskraft zu analysieren und konkrete Handlungsempfehlungen zu formulieren. Sieben Führungsstile werden dabei berücksichtigt, die sowohl das Kern- als auch das Innovationsgeschäft abbilden. Jeder Stil wird dabei durch bestimmte Merkmale, Stärken und Anwendungsbereiche definiert. Der Kompass bietet Führungskräften eine Orientierung, um den eigenen Stil zu reflektieren und Strategien abzuleiten, um ihre Mitarbeitenden am wirkungsvollsten zu führen.

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