Führung in der Digitalen Transformation
Dass Sie dieser Blog erreicht, hängt mit dem Internet zusammen. Es sorgt für eine schnelle, weltweite Vernetzung. Es sorgt dafür, dass im Wochenrhythmus neue Märkte jenseits traditioneller Absatzkanäle entstehen können.
Senior Consultant & Akademischer Leiter Consulting, Kienbaum Institut
Managing Director | HR & Organisation Transformation
Grundsätzliche neue Geschäftsmodelle ziehen traditionellen Anbietern den Boden unter den Füßen weg. Alles ist anders. Wir brauchen eine nie gekannte geistige Flexibilität und sehnen uns doch nach zwischenmenschlichem Kontakt. Digitalisierung heißt der Trend, der diese Gemengelage erzeugt. Und es ist klar, dass Führung vor diesem Hintergrund zur echten Herausforderung wird.
Die Dynamik und Komplexität der digitalen Welt zwingt Organisationen einerseits, ihr Bestandsgeschäft auszubauen und andererseits, aktiv Innovationen hervorzubringen, um handlungsfähig zu bleiben. Diese strategische Beidhändigkeit, die wir „Ambidextrie“ nennen, muss sich im Führungsverhalten von Managern widerspiegeln, die Unternehmen durch die Transformation steuern.
Unsere aktuelle Studie zu Führung zeigt aber: Nur fünf Prozent der Führungskräfte sind „beidhändig“. Das heißt, sie erleben ihr Führungsverhalten sowohl im Hinblick auf das Innovationsgeschäft als auch auf das Bestandsgeschäft als überdurchschnittlich ausgeprägt. Über die Hälfte schätzt sich durchschnittlich in Bezug auf beide strategischen Ausrichtungen ein.
Diese realistische Selbsteinschätzung hat einen Grund: Es gibt ihn nämlich nicht, den einen Führungsstil oder das exklusive Führungsverhalten, das die komplexen Herausforderungen der aktuellen Phase meistert. Vielmehr brauchen Führungskräfte ein breites Repertoire an Führungsstilen und -verhalten, um auf die unterschiedlichen Anforderungen einer digitalen Welt bestmöglich vorbereitet zu sein. Das bedeutet, Führungskräfte sollten ein Inventar aus aufgaben-, mitarbeiter- und veränderungsorientiertem Führungsverhalten besitzen, um auf strategische Herausforderungen reagieren zu können.
Im Kienbaum Leadership Compass unterscheiden wir drei Muster inhalts- und aufgabenorientierten Führungsverhaltens, das nachweislich auf die Erhaltung des Bestandsgeschäfts ausgerichtet ist. Dagegen gibt es vier Muster von mitarbeiter- und veränderungsorientiertem Führungsverhalten, welches Innovation und Transformation forciert:
Bestandsgeschäft
- Expertenorientierte Führung
Inhaltsfokus mit wenig disziplinarischer Führungsverantwortung
- Direktive Führung
Delegation und Disziplin
- Transaktionale Führung
Belohnung und Bestrafung
Innovationsgeschäft
- Strategische Führung
Strategie und Umweltanalyse
- Transformationale Führung
Mitarbeiterentwicklung und Motivation
- Ethische Führung
Mitarbeiterfokus und Wertschaffung
- Digitale Führungskompetenz
Digitaler Pionier und virtueller Teamleader
Verortung der unterschiedlichen Führungsstile auf dem Kontinuum der Ambidextrie
Um die digitale Transformation erfolgreich umzusetzen, benötigen Organisationen Führungskräfte, deren Verhalten primär die strategische Ausrichtung widerspiegelt, die ihre Führungsrolle verlangt. Dieser Ansatz wird als situativer Führungsansatz bezeichnet. Dabei werden in einer strategischen Geschäftseinheit, deren Fokus auf der Verbesserung und Instandhaltung bestehender Prozesse (Run the business) liegt, die Verantwortlichkeiten und die Rolle der Führungskraft insbesondere durch die stetige Optimierung bestehender Prozesse und Produkte bestimmt. Außerdem geht es darum, Fehler aufzudecken und zu vermeiden. Deshalb sollten Führungskräfte eingesetzt werden, deren vorherrschende Führungsstile transaktional, direktiv und expertenorientiert sind. In strategischen Geschäftseinheiten, die Innovationen entwickeln sollen (Innovate the business), umfassen die Verantwortlichkeiten der Führungsrolle, Opportunitäten für neue Geschäftsmodelle sowie Produkte und/oder Dienstleistungen zu entwickeln und zu nutzen. Um dieser Rolle gerecht zu werden, sind vor allem Führungskräfte mit einer starken Präferenz für transformationales, ethisches, digitales und strategisches Führungsverhalten gefragt.
Natürlich gibt es auch Organisationseinheiten, die beide Ausrichtungen kombinieren und somit Führungskräfte benötigen, die diese in ihrem Verhalten vereinen und eben „beidhändig“ führen. Diese Königsdisziplin ist besonders im Top Management von Organisationen relevant. Führungskräfte in diesen Positionen sollten beide Ansätze beherrschen, da hier strategische Entscheidungen verlangt werden, die sowohl das Bestands- als auch das Innovationsgeschäft betreffen.
Das individuell präferierte Führungsverhalten zu erfassen, um Aussagen über die Passung zur gegenwärtigen Führungsrolle zu treffen, ist deshalb von entscheidender Bedeutung für die Personalarbeit. Dafür können Instrumente wie der Kienbaum Leadership Compass genutzt werden, denn dieser gibt Führungskräften Feedback zum eigenen Verhalten und erlaubt differenzierte Status-quo-Analysen, Entwicklungsprogramme und Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der individuellen Führungsweise.
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