„Wer im Öffentlichen Dienst arbeitet, hat die Frage nach „purpose“ schon beantwortet.“

„Wer im Öffentlichen Dienst arbeitet, hat die Frage nach „purpose“ schon beantwortet.“

Aachen – Düsseldorf – Köln und dann wieder Düsseldorf: Dr. Stephan Keller, seit 2020 Oberbürgermeister der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt, ist ein vielseitiger Rheinländer, vor allem aber ein hocherfahrener Verwaltungsmanager. Mit dem promovierten Juristen, der in Düsseldorf an der Spitze einer Verwaltung mit über 10.000 Mitarbeitenden steht, sprachen wir über Führung in auch für den Öffentlichen Dienst herausfordernden Zeiten.

Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller

Dr. Stephan Keller, Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf

Führung: Was heißt das für Sie, Herr Oberbürgermeister?

Ich verstehe das so: Ziele aufzuzeigen, Orientierung zu geben und dann dafür zu sorgen, dass sich ein Team gemeinsam und erfolgreich auf den Weg machen kann.

Wie wurden Sie als Führungskraft, was Sie sind? Was hat Sie geprägt, was treibt Sie an?

Meinen Führungsstil habe ich im wahrsten Sinne des Wortes „on the job“ entwickelt. Ich habe immer viel von den Menschen gelernt, für die ich bzw. mit denen ich gearbeitet habe. Das Gute habe ich übernommen, das weniger Überzeugende bewusst vermieden. Und mir war und ist immer wichtig, auch fachlich zu überzeugen. Das in Verbindung mit einem wachen Auge für die Bedürfnisse der Mitarbeitenden macht mich aus als Führungskraft.

In den Krisen unserer Zeit erleben wir gerade wie unter einem Brennglas: Die Verwaltung braucht ein Update – in Strukturen und Prozessen, aber auch im Mindset und in der Führungskultur: Wie führt man, um dieses Update herbeizuführen? Worauf kommt es an?

Die Öffentliche Verwaltung ist in zwei Dimensionen von Versäulung geprägt: horizontal in den Silos von Zuständigkeiten, vertikal in der starren Hierarchie einer Organisation. Ich bin überzeugt: Diese doppelte Versäulung müssen wir aufbrechen, um Verwaltung schneller und schlagkräftiger zu machen. Deshalb setze ich für große Veränderungsprojekte auf Task Forces oder Projektgruppen, in denen weitgehend hierarchiefrei und agil an Themen gearbeitet werden kann. Dazu braucht es bei allen Mitarbeitenden, vor allem aber den Führungskräften eine neue Haltung.

Agile Teams, Schnellboote: In vielen Unternehmen wird ja schon länger mit dieser Aufstellung versucht Innovation, gar Disruption voranzutreiben. Die Kunst besteht dann darin, das Kerngeschäft weiter am Laufen zu halten und die Mitarbeitenden mit tradierten Rollen und Aufgaben nicht abzuhängen. Für die öffentliche Verwaltung stelle ich mir das noch schwieriger vor.

Entscheidend ist, dass Mitarbeitende sowohl den Dienst in der Linie als auch das Arbeiten in Projekten kennen. Deswegen ist es so wichtig, dass es hier personellen Austausch gibt, Wechsel zwischen Tätigkeiten in der Linie und Aufgaben in Projekten. Dazu gehört kluge Personalplanung und -entwicklung.

Der Öffentliche Dienst bietet den Mitarbeitenden viel. Dennoch erleben wir auch hier einen wachsenden Fachkräftemangel auf allen Ebenen der Verwaltung und längst nicht mehr beschränkt auf Spezialistenpositionen in der IT oder beim Bau. Was ist Ihre Botschaft: Warum ist der Öffentliche Dienst attraktiv?

Wer im Öffentlichen Dienst arbeitet, hat die Frage nach dem, was man heutzutage „purpose“ nennt, schon beantwortet. Sinn und Zweck der Verwaltung ist das Gemeinwohl, wir arbeiten unmittelbar für die Bürgerinnen und Bürger. Das ist immer noch ein starkes Motiv für einen Job in der Verwaltung – vor allem auf kommunaler Ebene. Aber das allein reicht nicht: Wir können punkten mit Arbeitsplatzsicherheit und einer – meistens jedenfalls – guten Balance zwischen Arbeit und anderen Themen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist uns im Öffentlichen Dienst sehr wichtig. Was ich mir wünsche, ist wieder mehr Wertschätzung für den Öffentlichen Dienst und die Menschen, die sich hier tagtäglich für unser Gemeinwesen engagieren.

Change-Prozesse sind immer eine große Herausforderung: für Organisationen und für Menschen. Wo holen Sie sich ganz persönlich Inspiration für den Change? Woher kommt die Kraft dazu?

Eine echte Kraftquelle ist für mich der Sport, aber der kommt leider gerade ein bisschen zu kurz. Aber ich ziehe auch viel Kraft aus dem Erreichen von Zielen, aus dem guten Ergebnissen unserer Arbeit.

Wen oder was würden Sie mit auf eine einsame Insel nehmen, um nach Rückkehr eine noch bessere Führungskraft zu werden?

Als Kraftquelle: mein Rennrad. Außerdem meinen E-Reader voll mit guten Romanen. Ich lese wirklich gerne und nehme daraus immer etwas mit für meinen Führungsalltag. Und Musik: Jazz und Rockmusik aus den 80er und 90er Jahren. Das hält beweglich in Kopf und Körper!

 

Über den Gesprächspartner:

Dr. Stephan Keller ist seit 2020 Oberbürgermeister der nordrhein-westphälischen Hauptstadt Düsseldorf. Der promovierte Jurist ist seit über 20 Jahren in der Politik und Verwaltung. In seiner Position als Oberbürgermeister ist er der Chef der Stadtverwaltung und trägt die Verantwortung für alles, was die Verwaltung erarbeitet und entscheidet. Er setzt sich insbesondere für Themen aus den Bereichen Verkehr, Sicherheit, Nachhaltigkeit, Familie und Digitalisierung ein.

Haben Sie Fragen? Sprechen Sie uns an!

Anne von Fallois | E-Mail: Anne.vonFallois@kienbaum.de | Tel.: +49 30 88 01 98-80

Weitere Informationen zu unseren Leistungen und Ansprechpartnern:innen: Unsere Expertise im Executive Search