Zwischen Systemlösung und Individualität

Zwischen Systemlösung und Individualität

Gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden haben wir uns den diversen Fragen gewidmet, was ein erfolgreiches Performance Management System ausmacht und was Unternehmen brauchen, um dieses in ihrer Organisation erfolgreich zu implementieren. Aus den Blickwinkeln eines agilen Tech-Unternehmens, eines Start-Ups des Mittelstands und eines internationalen Konzerns sind wir einer Antwort nähergekommen.

Wir haben für Sie im Folgenden die Kundeninterviews unter den Themen Performance Kultur, Integriertes Vorgehen, Implementierung sowie Mindset zusammenfassend dargestellt. Vor dem Hintergrund der Praxisbeispiele endet dieser Beitrag mit einer kurzen Einordnung durch Kienbaum.

Performance Management Im Interview Abbildung 1 Abbildung 1 Kienbaum Performance Management Ansatz

Alles eine Frage der Kultur? Warum jedes Performance Management System erfolgreich sein kann, wenn es „nur“ zum Unternehmen passt.

Das klassische Performance Management System, die „one size fits all“-Lösung von der Stange inklusive Zielvereinbarung und Leistungsbeurteilung, kommt bekannter Weise an ihre Grenzen. Als erfolgversprechender werden vielmehr Lösungen gesehen, die das Performance Management stärker an der Unternehmenskultur, dem Leistungsbild sowie den Werten der Organisation und der Entwicklung der Mitarbeitenden ausrichten. Der Kienbaum Culture Frame zeigt auf, dass dabei grundsätzlich eine konstruktive Unternehmenskultur die richtigen Eckpunkte zur erfolgreichen Implementierung setzt. Die Unternehmen unserer Interviewpartner bauen auf den Voraussetzungen einer konstruktiven Kultur auf, die gewählten Lösungsansätze sind dabei jedoch sehr spezifisch und unterschiedlich ausgestaltet.

So legt Enreach als innovatives Tech-Unternehmen, in Teilen organisiert nach Holacracy, einen starken Fokus auf persönliches Wachstum und den Beitrag zum Unternehmenserfolg statt auf individuelle Performance. Auch Beförderungen und Vergütungssteigerungen erfolgen anhand des Mehrwertes, den die Mitarbeitenden für ihr Team und die Organisation darstellen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden über OKRs gesteuert, wobei Anforderungen stets transparent gemacht werden. Die Mitarbeitenden sollen demnach „zu einem Punkt kommen, an dem sie die höchste Zufriedenheit empfinden und gleichzeitig den größtmöglichen Beitrag zu den Organisationszielen erbringen“, erklärt Anita Klaver im Interview.

Bei ebm-papst neo steht die Partizipation im Vordergrund. Als recht neues, stark wachsendes Start-Up legt das Unternehmen großen Wert auf die fortlaufende Einbindung der Mitarbeitenden und ein ständiges Feedback weit über das Jahresgespräch hinaus. „Wenn der Mitarbeitende im Jahresgespräch überrascht ist über das ,Ergebnis‘, dann haben wir unterjährig etwas falsch gemacht.“, so Sauer und Kühnle.

Für Intersnack wiederum besteht die Anforderung, die vielfältigen internationalen Aktivitäten der verschiedenen Landesgesellschaften und Brands in eine gemeinsame Richtung zu bewegen, ohne dabei die regionalen Anforderungen und Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren. Die gemeinsame Performance Management Plattform muss deshalb auf einem Standard aufbauen und flexibel Freiheitsgrade zulassen können.

Die befragten Unternehmen haben demnach passende Performance Management Systeme entwickelt, welche die jeweilige Unternehmeskultur nicht nur abbilden, sondern auch fördern und weiterentwickeln – sei es in einem agilen Kontext, in der Start-Up Kultur im Rahmen eines Mittelständlers oder im Konzernumfeld, in dem es regionale mit internationalen Anforderungen abzustimmen gilt.

Wenn die Puzzleteile zueinander passen: Warum das Performance Management System integriert gedacht werden muss, um Wirkung zu entfalten

Unternehmen sowie deren Performance Management Systeme befinden sich im Wandel. Bausteine kommen hinzu oder verändern sich, was schnell zu Widersprüchen innerhalb der Organisation führen kann. So klingen beispielsweise selbstorganisierte Teams und eine Steuerung über OKRs erstmal vielversprechend, scheitern aber oft an einem klassischen Verständnis von Leistungsermittlung und Leistungsbeurteilung, wenn diese ausschließlich durch den direkten Vorgesetzten erfolgt. Um dies zu vermeiden, ist es wichtig, Leistungsmessung, -beurteilung und -konsequenz umfassender zu denken – wie bei einem Puzzle, in dem ein Teil zum anderen passt und sich so ein stimmiges Gesamtbild ergibt. Unsere Interviewpartner haben jeweils eigene Herausforderungen mit sehr spezifischen Lösungsansätzen und Integrationsgrad gefunden.

Nach der Umstellung auf eine holokratische, rollen-basierte Organisation stand Enreach vor der Herausforderung, Veränderungen an dem bestehenden Vergütungssystem vorzunehmen. Selbstorganisierte Teams verlangten eine hohe Transparenz des Vergütungssystems und einen stärkeren Fokus auf die persönliche Entwicklung. „Das System als Ganzes musste neu gedacht und ein kohärentes Set an Instrumenten geschaffen werden“, so Anita Klaver.

Ebm-papst neo steht aktuell vor der Herausforderung, ein eigenes Performance Management System zu gestalten, das auch in Einklang mit den Anforderungen des Mutterkonzerns stehen kann – ohne sich dabei in Widersprüche zu verstricken. „Als Start-Up Teil eines größeren Unternehmens zu sein bedeutet, dass man einerseits vom Rahmen und den Erfahrungen der Mutter profitieren kann, andererseits darin den eigenen Weg konsequent finden muss“, erläutern Sauer und Kühnle im Interview mit uns.

Für Intersnack war die Entwicklung eines strategischen Kompetenzmodells in Verbindung mit Kompetenzlevel als grundlegende Plattform im internationalen Verbund wichtig. Das Modell unterstützt maßgeblich das gemeinsame Verständnis für die Verhaltenssteuerung von Mitarbeitenden und Führungsverhalten, auch im internationalen Kontext. Damit wird es zu einem wichtigen Baustein in Richtung eines einheitlichen Beurteilungssystems.

Unsere Interviews machen deutlich, dass Performance Management Systeme über die unterschiedlichen Unternehmenskontexte hinweg immer auch einem Wandel unterliegen. Sie müssen anhand aktueller und individueller Herausforderungen ausgerichtet sein und die Mitarbeitenden in Change Prozessen und Organisationsentwicklungs-Prozessen mitnehmen und unterstützen.

Ready for Change? Was die Implementierung eines integrierten Performance Managements erfolgreich macht – unabhängig von seiner Ausgestaltung

Wurden ein ganzheitlicher, zur Unternehmenskultur passender Ansatz und seine Instrumente erst einmal identifiziert, stehen Unternehmen vor der nächsten Hürde: der Implementierung. Wesentliche unterstützende Erfolgsfaktoren für unsere Kundinnen und Kunden sind hierbei die Partizipation und das Training der Mitarbeitenden sowie ein durchdachtes Change Management.

Bei Enreach werden Mitarbeitende und Führungskräfte durch intensives Training und Begleitung an das neue System herangeführt, mit Leichtigkeit und im ständigen Dialog. Für den Change Management Prozess braucht es jedoch Zeit: „Die Aneignung neuer Praktiken und das ‚Verlernen‘ von Praktiken, die viele Jahre ‚einstudiert‘ wurden, braucht Zeit. Erwartungen müssen erkannt und gegebenenfalls korrigiert werden.“ Deshalb muss auch nicht alles von Anfang an perfekt funktionieren. Stattdessen sollte der Raum geschaffen werden, im Prozess zu lernen und inkrementelle Anpassungen vorzunehmen.

Ebm-papst neo legt entsprechend ihres Fokus auf Partizipation großen Wert auf den Einbezug der Mitarbeitenden in die Implementierung. Durch eine Bottom-Up Gestaltung, eine Befähigung der Mitarbeitenden und eine Delegation von Verantwortung kann das neue System mit Freude gestaltet werden. Eine hohe Partizipation aller Mitarbeitenden sorgt außerdem für höheres Einverständnis der Organisation mit den durchzuführenden Veränderungen.

Bei Intersnack war die gemeinsame Entwicklung der Performance Management Plattform in einer internationalen HR-Arbeitsgruppe essenziell. Die modulhafte Ausgestaltung des Systems der Vereinbarung von Zielen, Kompetenzen und eines entwicklungsorientierten Leistungsdialogs sind zentral für die regionale Akzeptanz im internationalen Kontext. Wichtig war hierbei, dass HR in Zusammenarbeit mit den Führungskräften Zielprofile abgestimmt und erarbeitet hat und so regionale Unterschiede flexibel abgebildet werden konnten.

Die erfolgreiche Implementierung eines ganzheitlichen Performance Management Systems erfordert demnach vor allem die Einbindung und das Training der Mitarbeitenden. In allen drei Praxisbeispielen wir die Akzeptanz unterstützt durch eine positive Fehlerkultur und die Bereitschaft zur stetigen Weiterentwicklung des Systems.

Ein System ist immer nur so gut wie die Menschen, die es leben: Welche Menschen und Mindsets die Implementierung in der Organisation erleichtern

Ein neues Performance Management System erfordert auch neue Denk- und Verhaltensweisen und ist damit auch immer mit Wandel verbunden. Wenn sich ein Performance Management System verändert, verändern sich auch die Anforderungen an die Beteiligten und die Rahmenbedingungen. Klarheit in den Anforderungen an die Rollen und der Umgang mit der Rollenerfüllung sind dabei wesentliche Erfolgsfaktoren für die Implementierung.

Ebm-papst neo hat viele hoch motivierte Mitarbeitende, die das Unternehmen aktiv mitgestalten. Durch den engen Kontakt und die Gleichbehandlung aller, beispielsweise beim Thema Bonus, welcher nur an die Erreichung der ambitionierten Unternehmensziele geknüpft ist, entsteht ein gemeinsames Mindset und ein starkes Wir-Gefühl. „Bei ebm-papst neo hat jeder (auch als Reinigungskraft, wenn es eine geben würde) einen Bonus, der an kollektive Ziele geknüpft ist.“ Mit der aktuellen Umstellung der Unternehmenssteuerung auf OKRs wird dieses gemeinsame Mindset nochmals befeuert.

Enreach legt großen Wert auf die richtigen Rahmenbedingungen, Führungsstile und Dynamiken. Bei ihnen hat beispielsweise der hohe Innovationsgrad und die agile Ausrichtung der Organisation die Grundlage und Notwendigkeit gelegt, um auch innovative HR-Praktiken einführen zu können. So setzt Enreach insbesondere auf Peer-to-Peer Feedbacks statt eindimensionaler Beurteilungen durch die Führungskräfte. Insbesondere das Mindset des Managements ist hierbei wichtig: „Das Management muss daran glauben und offen sein für Neues. Die Veränderung muss oben anfangen.“

Bei Intersnack werden im Performance Management Prozess auf einem international gleichen Standard sowohl die Sicht der Vorgesetzten als auch die Erwartungen der Mitarbeitenden eingeholt. Regional differenzierte Kompetenzprofile und Verhaltensanker geben Mitarbeitenden und Führungskräften die objektivierte Grundlage für einen entwicklungsorientierten Feedbackprozess. Das neue Performance Management System hilft so, veränderten Mitarbeiterbedürfnissen hinsichtlich Partizipation und Entwicklungsmöglichkeiten gerecht zu werden.

Es zeigt sich also, dass das Mindset der Führungskräfte, eine kollektive Erfolgsperspektive ebenso wie eine feedbackorientierte Führungskultur maßgeblich zum nachhaltigen Erfolg eines implementierten Performance Management Systems beitragen.

Fazit

Die interviewten Unternehmen haben allesamt sehr individuelle Positionierungen ihres Performance Managements vor dem Hintergrund ihrer Grundsätze zu Leistung, dem Geschäftsmodell und der Unternehmenskultur gewählt. Zentral für die erfolgreiche Ausgestaltung der Leistungssteuerung ist aus Kienbaum Sicht die grundlegende Positionierung im Spannungsfeld des klassischen, hybriden und agilen Performance Managements. So ist der OKR-Ansatz mit der Kollektivierung des Bonus vielversprechend für ebm-papst neo, ebenso wie das Ziel- und Kompetenzssteuerungssystem mit regionalen Freiheiten für Intersnack. Wie das Beispiel in der abschließenden Grafik zeigt, ist die Positionierung bei der Wahl und Ausgestaltung der Instrumente und des Prozesses der Leistungssteuerung wesentlich und entscheidend für den späteren Erfolg. Dieser Ausgestaltungsschritt im Abgleich mit der Kulturpassung ist essenziell, da sich die Ausgestaltung des Performance Management Systems auf die Mitarbeitszufriedenheit und -motivation einerseits sowie auf Ertrag und Wachstum des Unternehmens andererseits auswirkt.

Performance Management Im Interview Abbildung 2Abbildung 2 Projektbeispiel zur Einordnung im Performance Management Kontext

Unsere Interviewpartner:

 

Pia Schlei

Pia Schlei, HR Director Group bei Intersnack Group GmbH & Co. KG

Bedanken möchten wir uns bei unseren vier Interviewpartnern für ihren Input. Pia Schlei leitet den Bereich Personal bei Intersnack, dem international aufgestellten mittelständischen Konzern und Marktführer für salzige Snacks. Unter einem Dach vereint der Konzern eine Vielzahl an Brands. Eine besondere Herausforderung für das Performance Management ist die Unterstützung der Kreativität und des Willens, das Unternehmen international voranzutreiben sowie gleichzeitig eine regionale Identität zu wahren.

 

 

 

 

 

 

 

Thomas Sauer

Oliver KühnleThomas Sauer, Geschäftsführer und Oliver Kühnle, Group Director IT bei ebm-papst neo GmbH & Co. KG

Unsere weiteren Interviewpartner sind die „Chief Everything Officers“ Thomas Sauer und Oliver Kühnle von ebm-papst neo. Als ausgegliedertes Start-Up („Denkfabrik“) entwickelt das Unternehmen Digitalisierungsstrategien und digitale Geschäftsmodelle unter dem Dach der mittelständischen Mutter ebm-papst, dem weltweit führenden Hersteller von Ventilatoren und Motoren. In der Kultur von ebm-papst neo sind Schnelligkeit, Innovation und Agilität fest verankert, um die anspruchsvollen Wachstumsziele des innovativen Geschäftsmodells erreichen zu können.

 

 

 

 

 

 

 

 

Weiterhin bedanken wir uns bei auch Anita Klaver, Head HR bei Enreach. Der international aufgestellte Kommunikationsanbieter mit mehr als 900 Mitarbeitenden in elf europäischen Ländern setzt stark auf Innovation, Selbstorganisation und ein unternehmerisches Mindset der Mitarbeitenden. Weite Teile der Organisation sind nach Holacracy organisiert, was sich auch im Performance Management des Unternehmens widerspiegelt.

Haben Sie Fragen? Sprechen Sie uns an!

 

Hans-Carl von Hülsen | E-Mail: Hans-Carl.vonHuelsen@kienbaum.de | Tel.: +49 211 96 59-226
Nils Prüfer | E-Mail: Nils.Pruefer@kienbaum.de | Tel.: +49 211 96 59-221

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