Interview mit Commerzbank-CHRO Sabine Mlnarsky

Die Mitarbeitenden immer im Fokus – auf gleicher Ebene mit Investoren und Kunden

Die Commerzbank hat 2023 ein Rekordergebnis erzielt und ist weiter auf Wachstumskurs. Sabine Mlnarsky ist seit Januar 2023 als CHRO verantwortlich für das Personalressort in der Bank. Im Interview mit Kienbaum Managing Director Dr. Sebastian Pacher erläutert sie die Bedeutung von HR für die Nachhaltigkeitstransformation sowie den Bedeutungswandel von HR-Themen im Aufsichtsrat.

Die Commerzbank hat 2023 ein Rekordergebnis erzielt und ist weiter auf Wachstumskurs. Wie sehen Sie den Beitrag von HR in diesem Kontext?

Unsere HR-Einheiten haben in den vergangenen Jahren maßgeblich zur Restrukturierung der Commerzbank beigetragen. In dieser Zeit haben wir für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Perspektiven geschaffen – sowohl für diejenigen, die in der Bank geblieben sind, als auch für alle, die sich verändert haben. Ziel war und ist, dass die Commerzbank ein zukunftsfähiger und attraktiver Arbeitgeber bleibt.

Welche Prioritäten haben Sie sich in Ihrer Rolle gesetzt? Was steht auf Ihrer Agenda?

Sabine Minarsky, Personalvorständin, Commerzbank AG

Sabine Mlnarsky, Personalvorständin, Commerzbank AG (Foto: Commerzbank AG)

Im Fokus stehen für mich die Themen Arbeitgeberattraktivität und die Zufriedenheit unserer Mitarbeitenden. Wir setzen dabei auf „People Relations“, das heißt: Wir konzentrieren uns darauf, die Beziehungsebene von Bank und Mitarbeitenden zu stärken und den Weg der Mitarbeitenden ins und im Unternehmen zu gestalten. Ebenso wichtig ist für mich die Qualität des Recruitings. Bei der Rekrutierung neuer Mitarbeitender liegt ein Schwerpunkt klar auf dem Thema Nachwuchs. Wir wollen in den kommenden Jahren jährlich rund 500 Nachwuchskräfte in Erstausbildung einstellen, also Auszubildende und dual Studierende, außerdem rund 200 Trainees. Gleichzeitig investieren wir verstärkt in die Aus- und Weiterbildung unserer Teams und in ein Arbeitsumfeld, das sich den Bedürfnissen der Menschen wie auch der Organisation flexibel anpasst.

Auch in Bezug auf die Zusammensetzung von Führungsgremien wie Vorstand und Aufsichtsrat wird die Bedeutung von Diversität zunehmend anerkannt. Wie wichtig ist für Sie Diversität? Welche Dimensionen von Diversität sind für ein Unternehmen wie die Commerzbank besonders wichtig?

Diversity und Inklusion sind Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Dazu gehört für uns eine Unternehmenskultur, die alle einbezieht und in der alle sie selbst sein können – über die unterschiedlichen Diversity-Facetten hinweg. Ich bin fest davon überzeugt, dass Vielfalt sich nachhaltig positiv auswirkt – auf die Innovationskraft und den Unternehmenserfolg unserer Bank genauso wie auf die Gesellschaft. In der Commerzbank nehmen wir in Sachen Diversität schon seit vielen Jahren eine Vorreiterrolle ein, bestätigt durch regelmäßige Zertifizierungen und Rankings, wie zum Beispiel dem kürzlich verliehenen Gender Diversity Index 2023 der Boston Consulting Group. Hier liegen wir auf Platz 2 von 99 Unternehmen weltweit. Wie ernst wir das Thema Vielfalt nehmen, zeigt sich beispielsweise an der Besetzung von höheren Führungspositionen: Im Aufsichtsrat haben wir aktuell eine Frauenquote von 40 Prozent, im Vorstand sind aktuell zwei von sieben Vorstandsmitgliedern weiblich. Mit dem Wechsel im COO-Ressort werden dem Vorstand ab dem Herbst dann drei Frauen angehören. Und die nächste Generation steht schon in den Startlöchern.

Welche Rolle sollte HR für die Nachhaltigkeitstransformation von Unternehmen spielen? Gibt es Themen, bei denen Sie HR im Lead sehen?

Nachhaltigkeit ist ein fester Bestandteil unserer Unternehmensstrategie. Human Resources spielt bei der Umsetzung eine wichtige Rolle. So bieten wir unseren Mitarbeitenden zum Beispiel umfassende Nachhaltigkeitsqualifizierungen, um ihr Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu schärfen und sie mit dem notwendigen Know-how auszustatten. Studentische Nachwuchskräfte können bereits seit dem Jahr 1990 das Commerzbank-Umweltpraktikum in einem Nationalpark oder einem Biosphärenreservat absolvieren. Die Chance, in einem der 22 Schutzgebiete zu arbeiten, haben bereits rund 2.000 junge Menschen genutzt. Und mit unserem Aktionsplan Inklusion setzen wir schon seit 2018 ein Zeichen für mehr gelebte Inklusion im Arbeitsumfeld und sind damit ein Vorbild für andere Unternehmen. Zusätzlich leistet HR beispielsweise mit einem etablierten Gesundheitsmanagement oder Unterstützungsangeboten in den Bereichen Pflege und Kinderbetreuung einen wertvollen Beitrag zur sozialen Nachhaltigkeit.

Ich befürworte, dass Nachhaltigkeitsziele zunehmend in die Vergütungssysteme großer Unternehmen integriert werden.

Was halten Sie davon, dass gerade in börsennotieren Unternehmen neben den klassischen finanziellen Zielen auch Nachhaltigkeitsziele (z.B. Reduktion von CO2-Emissionen) Einzug in die Vergütungssysteme von Vorständen und Führungskräften halten?

Ich befürworte die Entwicklung sehr, dass Nachhaltigkeitsziele zunehmend in die Vergütungssysteme großer Unternehmen integriert werden. Das ist ein wichtiger Schritt, um soziale und ökologische Verantwortung in der Unternehmensführung zu fördern. In der Commerzbank haben wir Nachhaltigkeitskriterien fest im Vergütungssystem verankert. Nachhaltigkeitsziele, beispielsweise Fortschritte bei der CO2-Reduktion, fließen in die variable Vergütung mit ein. Das gilt für die Vergütung der Vorstände und Führungskräfte genauso wie für die Vergütung unserer Mitarbeitenden.

Sie haben selbst einen HR-Hintergrund und sind absolute HR-Expertin. Für wie wichtig halten Sie HR-Kompetenz in Aufsichtsräten? Ganz allgemein gesprochen: Brauchen wir in Zukunft mehr HR-Expertise in Aufsichtsräten?

Im Moment beobachte ich einen Bedeutungswandel von HR-Themen in Aufsichtsratssitzungen. Waren diese in der Vergangenheit noch „Nebenthemen“, so spielen HR-Themen heute eine wichtige Rolle bei der strategischen Ausrichtung von Unternehmen. In der Commerzbank stellen wir im Rahmen unserer Strategie 2027 unsere Mitarbeitenden in den Fokus – auf gleicher Ebene mit Investoren und Kunden. Hierüber wurde bei der Ausarbeitung der strategischen Ziele auch in den Aufsichtsratssitzungen ausführlich gesprochen. Unser Aufsichtsrat unterstützt das ohne Wenn und Aber.

 

Dieses Interview ist ursprünglich für die Fachzeitschrift BOARD (Ausgabe 03/2024) erschienen.