Michael Moser über Resilienz, Risikokultur und Verantwortung in unsicheren Zeiten
Krisen, geopolitische Spannungen und komplexe Marktbedingungen prägen die Gegenwart – und stellen Unternehmen vor neue Herausforderungen. Dr. Michael Moser, Vorstandsmitglied bei Fresenius, sprach auf der People Convention 2025 über die Kunst des kühlen Kopfes inmitten globaler Unsicherheiten und darüber, wie strategische Klarheit, integrierte Systeme und eine gelebte Risikokultur Unternehmen krisenfester machen können.
Kienbaum Redaktion
Wer die Packungsbeilage eines Medikaments liest, fokussiert sich oft stärker auf Risiken als auf die Wirkung – ähnlich, so Moser, sei es im Risikomanagement: Wir reden sehr viel über Risiken, aber wenig über die Chancen, die sich daraus ergeben.
In Anbetracht der vielen globalen Krisen, nicht zuletzt der stärker werdenden geoökonomischen Konfrontationen, sei es laut Dr. Michael Moser wichtig, den Vogelstrauß trotz allem zu meiden: Den Kopf in den Sand zu stecken, sei keine Option. Es gehe vielmehr darum, durch eine ausgereifte Strategie das Fundament zu bereiten, auf dem krisenfeste Unternehmen stehen, um Risiken souverän zu begegnen und notwendige Transformationen erfolgreich zu meistern.
Bei Fresenius habe man lange an dieser Strategie gearbeitet. Das helfe jetzt, Risiken gezielt zu begegnen. Ein Beispiel ist die Diversifizierung von Lieferketten durch Multi-Sourcing und lokale Versorgung.
Unternehmen ohne ein solches starkes Fundament dürften es laut Moser in Krisenzeiten sehr viel schwerer haben.
Integriertes Risikomanagement und Ownership-Kultur
Risikomanagement müsse laut Moser funktionsübergreifend gedacht werden. Compliance, Audit, HR und operative Führungskräfte sollen nicht nebeneinander, sondern miteinander agieren.
Eine zentrale Rolle spielt dabei die Risikokultur: Mit dem Motto „Not my problem – gibt’s nicht“ will Fresenius Mitarbeitende motivieren, Verantwortung zu übernehmen und Risiken aktiv anzugehen. Führungskräfte müssen ein Vertrauensumfeld schaffen, in dem offen über Probleme gesprochen wird – auch über Fehler. Denn das größte Problem ist nicht der Fehler an sich, sondern diesen nicht zu beheben. Ohne Fehler gibt es keine Weiterentwicklung. Dieses Mindset ist jedoch vielfach noch nicht etabliert.
Schauen Sie sich den gesamten Vortrag von Dr. Michael Moser auf der People Convention 2025 in voller Länge an
Weitere Inhalte der Konferenz finden Sie in unserem Rückblick der People Convention 2025
Bürokratieabbau und politische Verantwortung
Auch interne und externe Bürokratie erschweren den Umgang mit Risiken. Unternehmen sollten zunächst bei sich selbst ansetzen – gleichzeitig fordert Moser aber auch einen anderen politischen Ansatz: Weg von Überregulierung, hin zu vertrauensvollen Rahmenbedingungen. Am Beispiel der CSRD-Nachhaltigkeitsberichterstattung kritisiert er: Gut gemeint sei nicht immer gut gemacht.
Dabei könne man es sich im globalen Kontext nicht länger leisten, in Lagern von Schwarz-Weiß-Denkenden zu agieren. Nur mit einer pragmatischen Herangehensweise innerhalb von Grautönen – Nachhaltigkeit auf jeden Fall, aber mit Maß; Vertrauen und Eigeninitiative vor Regulatorik – sei es möglich, den Wirtschaftsstandort Europa wettbewerbsfähig gegenüber den USA und China zu halten.
Nachhaltigkeit als Resilienzfaktor
Für Moser ist dabei klar: Nachhaltigkeit und Resilienz gehören zusammen. Investitionen in Energieautarkie, Klimavorsorge und Innovation zahlen sich langfristig aus. Ebenso, wie die eigenen Mitarbeitenden gezielt und somit nachhaltig zu entwickeln – durch Strategic Workforce Planning und klare Kompetenzmodelle.
Nachhaltigkeit müsse daher auch in der Personalstrategie und Kultur verankert sein: Alles, was wir machen, wird schließlich durch Mitarbeitende verwirklicht.
Internationale Einblicke: Weniger Panik, mehr Agilität
Aus seiner Zeit in der Türkei und Brasilien hat Moser gelernt: Krisen gehören anderswo viel eher zum Alltag als hierzulande – was zu mehr Gelassenheit im Umgang mit Unsicherheit führt. Moser ist sich sicher: Regelmäßig aus der Komfortzone herauszukommen, sei am Ende hilfreich: Weniger Prozess, mehr Agilität würde uns in Deutschland guttun.