Thomas Wessel über nachhaltige HR-Strategien in unsicheren Zeiten
Wie kann Transformation zugleich sozialverträglich, zukunftsfähig und wettbewerbsstärkend gestaltet werden? Thomas Wessel, Personalvorstand und Arbeitsdirektor bei Evonik, gab auf der People Convention 2025 tiefe Einblicke in die HR-Strategie eines Chemiekonzerns im massiven Umbruch.
Kienbaum Redaktion
Evonik Industries steht vor der größten Neuausrichtung seiner Konzerngeschichte. Der Spezialchemiehersteller strukturiert sein Portfolio radikal um, mit dem Ziel, einen größeren Fokus auf nachhaltige Produkte und zukunftsfähige Technologien zu legen. Ein Drittel der Belegschaft soll in diesem Zuge bis 2026 sozialverträglich abgebaut werden. Diese Maßnahme sei notwendig, um die Position im globalen Wettbewerb zu sichern.
Nachhaltigkeit als Leitmotiv: Planet, Profit und People
Der Konzern verfolgt den Dreiklang „Next Generation Solutions, Technologies und Culture“. Während Produktinnovationen wie biobasierte Tenside oder Wasserstoff-Membrantechnologien den ökologischen Fußabdruck des Konzerns verbessern und die wirtschaftliche Zukunft sichern sollen, liegt der Fokus im HR-Bereich auf einer neuen Unternehmenskultur: „Next Generation Culture“ beschreibt die kulturelle Transformation, die auf Vertrauen, Dialog und Resilienz setzt. Dabei steht nicht nur die Organisation im Fokus – auch die individuelle Widerstandskraft der Beschäftigten wird systematisch gefördert, etwa durch kontinuierliche Befragungen und digitale Gesundheitsangebote.
Sozialpartnerschaft statt Spaltung
Wessel betonte die zentrale Rolle der Mitbestimmung. Mit dem „Deutschlandpakt“ sichert Evonik bis Ende 2032 zu, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Stattdessen setzt das Unternehmen auf natürliche Fluktuation, Altersabgänge und gezielte Vermittlung. Auch bei Standortverkäufen verfolgt man strenge „Good Home“-Kriterien, bei denen tarifliche Standards und Mitbestimmungsrechte erhalten bleiben sollen. Diese Herangehensweise sei nur möglich, weil in der Vergangenheit Vertrauen aufgebaut wurde – eine Basis, die sich nun auszahlt.
Schauen Sie sich den gesamten Vortrag von Thomas Wessel auf der People Convention 2025 in voller Länge an
Weitere Inhalte der Konferenz finden Sie in unserem Rückblick der People Convention 2025
Perspektive schaffen: Talentförderung und Standortbekenntnis
Im Rahmen der Restrukturierung investiert Evonik weiter gezielt in Talentmanagement und Qualifizierung. Mit Programmen wie dem „Evonik Explorer“ bietet das Unternehmen individuelle Entwicklungspfade für Beschäftigte. Besonders hervorgehoben wird die Rolle der Führungskräfte, die aktiv auf die Transformationsreise mitgenommen werden. Obwohl die Notwendigkeit bestehe, hinter die Handelsbarrieren zu kommen – also international zu expandieren – bekennt sich das Unternehmen klar zum Standort Deutschland: Über 40 % des Umsatzes und 60 % der Belegschaft entfallen weiterhin auf hiesige Standorte. Deutschland wird zudem weiterhin das Zentrum für Forschung & Entwicklung bleiben. Gezielte Investitionen sollen die verbleibenden Standorte zukunftsfähig machen.
HR als Kulturtreiber: Wandel mit Haltung gestalten
Wessels Beitrag macht deutlich, dass Transformation nicht nur technische oder strukturelle Veränderung bedeutet, sondern vor allem auch eine Frage der Haltung ist. Das Operating Model von HR wird wie ein lebender Organismus stetig feinjustiert, um sowohl Transformation operativ umzusetzen als auch das Tagesgeschäft zukunftsorientiert zu gestalten. Für Evonik ist klar: Wer Wandel erfolgreich managen will, braucht nicht nur Strategie, sondern auch gelebte Werte, Resilienz und eine klare Haltung gegenüber gesellschaftlichen Entwicklungen.