Inflations­ausgleichszahlungen – Marktpraxis und rechtliche Aspekte

Inflations­ausgleichszahlungen – Marktpraxis und rechtliche Aspekte

Die hohe Teuerungsrate setzt auch die Arbeitgeber in der Versorgungswirtschaft unter Druck. So fordert bspw. verdi für die tariflich Beschäftigten aktuell ein Gehaltsplus von 10,5 %. Mit der Inflationsausgleichsprämie hat der Gesetzgeber bereits im vergangenen Jahr den Unternehmen ein Instrument an die Hand gegeben, um zumindest kurzfristig eine gewisse finanzielle Entlastung der Arbeitnehmer zu ermöglichen.

Ob und wann es eine Inflationsausgleichsprämie für die Tarifbeschäftigten geben wird, steht zur Zeit noch nicht fest – dies wird sich erst im Rahmen der Tarifverhandlungen zeigen.

Die Unternehmenspraxis – auch außerhalb des Tarifsektors – ist nach einer Kienbaum Erhebung uneinheitlich. Während rund die Hälfte der Unternehmen derzeit keine Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie beabsichtigt, zieht die andere Hälfte entweder die Zahlung einer solchen Sonderzahlung in Betracht oder hat diese bereits umgesetzt.

Dass solche Sonderzahlungen ein interessantes Instrumentarium darstellen, belegt die Tatsache, dass 50 % der Arbeitnehmenden hierin eine sinnvolle Alternative zur Anhebung des Fixgehalts sehen. 58 % der befragten Arbeitnehmenden sind zudem der Meinung, dass ihr Arbeitgeber die Möglichkeit der steuer- und sozialversicherungsfreien Sonderzahlung wahrnehmen sollte.

Um einen spürbaren Effekt zu erzielen, muss die Sonderzahlung aber deutlich über 2.000 € liegen. Zwar wären immerhin 55 % der Befragten auch mit weniger als den steuerlich begünstigten 3.000 € zufrieden. Andererseits sollte die Auszahlung nach Aussage der befragten Arbeitnehmenden im Durchschnitt zumindest 2.200 € betragen.

Die Arbeitgeber sollten aber durchaus auch andere Möglichkeiten nutzen, für ihre Arbeitnehmer eine gewisse finanzielle Entlastung zu realisieren. Bspw. bietet die in 2022 auf 50 € monatlich angehobene Sachbezugsfreigrenze die Möglichkeit, Arbeitnehmern das voraussichtlich ab 1. Mai geltende 49 € Ticket steuerfrei zukommen zulassen. Dieses ermöglicht die kostenfreie Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs in ganz Deutschland und kann somit dazu beitragen, die ebenfalls drastisch gestiegenen Mobilitätskosten abzumildern.

Rechtlicher Rahmen der Inflationsausgleichsprämie

Bei der Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie ist es wichtig, die gesetzlichen Voraussetzungen des § 3 Nr. 11c EStG einzuhalten, damit die erstrebte Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der Leistung gewährleistet ist.

Die Prämie kann an Arbeitnehmer im steuerrechtlichen Sinne (§ 1 Abs. 1 S. 1 LStDV) bis zu einer Höhe von 3.000 € in Form von Zuschüssen und Sachbezügen ausgezahlt werden. Dabei sind mehrere Teilbeträge ebenso möglich wie die Inanspruchnahme in verschiedenen Arbeitsverhältnissen. Für die Einhaltung des Gewährungszeitraums (bis 31.12.2024) ist der Auszahlungszeitpunkt und nicht der Zeitpunkt der Vereinbarung maßgeblich.

Besonders zu beachten ist, dass die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden muss. Dieses Erfordernis ist gesetzlich in Form eines Negativkatalogs definiert, wobei insbesondere die Prämie nicht im Wege einer Entgeltumwandlung finanziert werden darf (§ 8 Abs. 4 S. 1 EStG). Diese Voraussetzung wirkt sich in der Gestaltungspraxis im Zusammenhang mit der Gewährung von Sonderzahlungen (z. B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) aus, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt eine bislang gewährte steuerpflichtige Sonderzahlung nun ganz oder teilweise durch eine Zahlung der steuerfreien Inflationsausgleichsprämie zu ersetzen. Sofern es sich um freiwillige Sonderzahlungen handelte, kann der Arbeitgeber diese aussetzen und durch eine Inflationsprämie ersetzen; bei rechtlich verpflichtenden Zahlungen wäre eine solche „Umwidmung“ steuerschädlich. Bei der Vorgehensweise des wirksamen Widerrufs einer vereinbarten Sonderzahlung und der anschließenden Gewährung der Prämie ist Vorsicht geboten, da nicht geklärt ist, auf welchen Zeitpunkt zur Ermittlung des Anspruchs auf Sonderzahlung abzustellen ist

Zum anderen muss die Gewährung der Leistung zum Zweck der „Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise“ dienen. Laut der Gesetzesbegründung werden an diesen Zweckzusammenhang keine besonderen Anforderungen gestellt. Vielmehr soll es genügen, dass der Arbeitgeber bei Gewährung der Leistung in beliebiger Form (z. B. durch entsprechenden Hinweis auf dem Überweisungsträger im Rahmen der Lohnabrechnung) deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht. Damit ist jedoch nicht geklärt, ob der Arbeitgeber mit der Leistung auch noch weitere Zwecke verfolgt darf und mithin die Höhe der Leistung an Bedingungen, wie Betriebszugehörigkeit, Arbeitszeitvolumen oder den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses knüpfen darf. Die Aussagen des BMF zu dieser Frage sind nicht eindeutig, wenn es in seinen FAQ einerseits meint, dass die Frage der Zulässigkeit solcher Bedingungen eine arbeitsrechtliche sei und für die Steuerfreiheit unschädlich; andererseits soll eine Auszahlung als Weihnachtsgeld nicht den notwendigen Inflationsbezug aufweisen.

Abseits tariflicher Regelungen ist die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie an sich für den Arbeitgeber freiwillig. Ihre Verteilung auf die Belegschaft unterliegt jedoch der Mitbestimmung des Betriebsrats.

Dieser Artikel erschien ursprünglich als Gastbeitrag für die ZfK (Zeitung für kommunale Wirtschaft).