Equal Pay

Gehaltsrunde 2025: Entgeltlücken schließen – oder weiter aufschieben?

Bis spätestens 2026 verlangt die EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz von Unternehmen konkrete Maßnahmen zur Analyse und Reduktion von Entgeltlücken – ab 2027 wird die Veröffentlichung verpflichtend. Unser „Kienbaum Faktencheck: Gehaltsentwicklung 2025“ zeigt: Die Sensibilität wächst, aber beim Handeln hapert es. Besonders Gehaltsrunden bleiben eine ungenutzte Chance. Wir haben in diesem Beitrag zusammengefasst, wo Unternehmen stehen, welche Risiken drohen – und wie gezielte Vorbereitung jetzt zum strategischen Vorteil werden kann.

Mit der Entgelttransparenz-Richtlinie EU/2023/970 stellt die Europäische Union Unternehmen vor eine klare Aufgabe: Bis spätestens Juni 2026 müssen UN umfassende Maßnahmen zur Analyse und Reduktion umsetzen, um der dann in Kraft tretenden Auskunftspflicht gerecht zu werden. Ab 2027 wird dann die Veröffentlichung der Entgeltlücken verpflichtend. Die Uhr tickt. Dennoch scheint der Weckruf bei vielen Unternehmen noch nicht vollständig angekommen zu sein.

In unserem aktuellen „Kienbaum Faktencheck: Gehaltsentwicklung 2025“ haben wir 670 Unternehmen befragt, wie sie sich auf die Anforderungen der Richtlinie vorbereiten – mit einem differenzierten, teils ernüchternden Bild: Zwar erkennen immer mehr Unternehmen die zunehmende Relevanz des Themas, aber viele handeln noch nicht entschlossen genug. Besonders deutlich wird das bei einem zentralen Hebel: der bewussten Nutzung der regulären Gehaltsrunden zur Reduktion von Entgeltlücken.

Steigende Relevanz – langsames Handeln

Seit dem Inkrafttreten der Richtlinie im Jahr 2023 beobachten wir eine wachsende Sensibilisierung in den Unternehmen. Während im Herbst 2023 noch jedes vierte Unternehmen Entgeltgleichheit als „kaum relevant“ einstufte, ist es im Frühjahr 2025 nur noch jedes sechste. Im Gegenzug bezeichnet mittlerweile jedes dritte Unternehmen das Thema als „sehr relevant“. Dieser Trend deckt sich mit unserer Projektpraxis: Die Nachfrage nach Beratungsleistungen zu Equal Pay und Entgelttransparenz ist in den letzten Monaten spürbar gestiegen.

Faktencheck Gehaltsentwicklung 2025 Relevanz Lohngleichheit im Unternehmen

Doch zwischen Relevanzbewusstsein und tatsächlichem Handeln klafft in vielen Unternehmen noch eine Lücke. Viele Unternehmen stehen noch ganz am Anfang: Es fehlt an einer sauberen Datengrundlage, an der Definition von „gleichwertiger Arbeit“ im Sinne der Richtlinie oder an belastbaren Berechnungen zur Entgeltlücke. Diese Vorarbeiten sind aufwendig, aber unerlässlich – denn ohne valide Basis lassen sich Entgeltunterschiede weder seriös beziffern noch wirksam reduzieren. Wir unterstützen aktuell viele Unternehmen genau bei diesen grundlegenden Arbeitsschritten.

Gehaltsrunde als Chance – doch nicht alle nutzen sie

Einer der effektivsten und zugleich pragmatischsten Hebel zur kurzfristigen Reduktion von Entgeltlücken ist die gezielte Nutzung bestehender Gehaltsrunden. Diese bieten einen natürlichen Anlass für Gehaltsanpassungen, ohne dass das Thema für einzelne Mitarbeitende stigmatisierend wirkt. Zudem können Unternehmen bestehende Budgets nutzen, um Entgeltungleichheiten strukturell zu adressieren.

Unsere Umfrage zeigt jedoch: Nur 16 % der deutschen Unternehmen haben die aktuelle Gehaltsrunde 2025 genutzt, um Entgeltlücken aktiv zu reduzieren. Erstaunlich – und aus unserer Sicht kritisch zu Hinterfragen – ist jedoch, dass 43 % der deutschen Unternehmen angaben, keine Maßnahmen ergriffen zu haben, da „in ihrem Unternehmen keine Entgeltlücken bestehen“. Diese Einschätzung steht in starkem Kontrast zu unserer Beratungserfahrung: In keinem einzigen Unternehmen, das wir in den letzten Jahren untersucht haben, konnten wir eine vollständige Entgeltgleichheit nachweisen. Die Annahme, dass das eigene Unternehmen hier eine weiße Weste hat, ist oft trügerisch – und kann später zu unangenehmen Überraschungen führen.

Wie viel Budget für die Gehaltsrunde ist genug?

Auch bei den Unternehmen, die aktiv geworden sind, zeigt sich ein sehr gemischtes Bild: Im Durchschnitt wurden 15 % des Gehaltsanpassungsbudgets zur Reduktion von Entgeltlücken eingesetzt. Doch etwa die Hälfte dieser Unternehmen investierte weniger als 5 % – was angesichts des üblichen Ausmaßes von Entgeltlücken nach unserer Erfahrung kaum ausreichen dürfte. Etwa 20 % dieser Unternehmen verwendeten hingegen zwischen 15 und 50 % des Budgets, einige wenige sogar mehr als die Hälfte. Das zeigt: Wo Unternehmen die Lücke ernsthaft angehen, wird auch substanziell investiert.

Faktencheck Gehaltsentwicklung 2025 Anteil Budget GehaltsanpassungenDabei ist es entscheidend, wie diese Budgets verwendet werden. Unternehmen müssen eine bewusste Entscheidung treffen: Wollen sie primär die offensichtlichen Härtefälle adressieren – also einzelne Mitarbeitende mit besonders auffälligen Lücken – oder flächendeckend für mehr Gleichheit sorgen? Beide Ansätze haben ihre Berechtigung, erfordern jedoch unterschiedliche Vorgehensweisen.

Gleichzeitig dürfen andere Ziele der Gehaltsrunde nicht aus dem Blick geraten: Leistungsträgerbindung, strategisch wichtige Rollen oder gezielte Marktanpassungen bleiben relevant – auch vor dem Hintergrund zunehmenden Fachkräftemangels. Entgeltgerechtigkeit ist kein Gegenspieler zu Performance Management, sondern muss Teil eines ausgewogenen Gesamtkonzepts sein.

Transparenz als Schlüssel

Die EU-Richtlinie setzt auf Transparenz – und das aus gutem Grund. 65 % der befragten Unternehmen erwarten, dass durch ein „Mehr“ an Vergütungstransparenz die Entgeltlücke im eigenen Haus reduziert werden kann. Der kommende individuelle Auskunftsanspruch (ab Juni 2026) wird die Diskussion weiter anheizen. Unternehmen, die bis dahin nicht vorbereitet sind, riskieren nicht nur Imageschäden, sondern auch erhebliche interne Spannungen und rechtliche Unsicherheiten.

Faktencheck Gehaltsentwicklung 2025 Transparenz im Verguetungssystem

Ab 2027 müssen Unternehmen dann auf Basis der realen Entgeltdaten aus 2026 ihre Entgeltlücken veröffentlichen. Wer also heute nicht misst, kann unmöglich wissen, was er morgen veröffentlichen muss – und das unter Umständen mit spürbaren Konsequenzen. Umso wichtiger ist es, spätestens jetzt die nötigen Grundlagen zu schaffen: von der Datenerhebung über die Definition gleichwertiger Arbeit bis hin zur internen Kommunikation.

Fazit: Handeln statt abwarten

Die EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz ist kein Papiertiger. Sie ist verbindlich, sie ist anspruchsvoll – und sie kommt mit hoher Geschwindigkeit. Unternehmen, die jetzt noch abwarten oder das Thema unterschätzen, laufen Gefahr, von der regulatorischen Realität überrollt zu werden. Die nächste Gehaltsrunde ist dabei nicht nur eine Möglichkeit, sondern die letzte Chance, bestehende Ungleichheiten rechtzeitig zu adressieren.

Dabei sind wir überzeugt, dass Unternehmen die Richtlinie nicht nur als eine rechtliche Anforderung interpretieren sollten. Sie ist gleichzeitig die Chance die eigenen Vergütungssysteme und -prozesse zu modernisieren, optimieren und auf die Unternehmensstrategie auszurichten.

Unsere Empfehlung: Prüfen Sie, wie gut Ihr Unternehmen auf die Anforderungen vorbereitet ist. Unser kostenfreier Equal Pay Readiness Check bietet eine schnelle erste Standortbestimmung. Und wenn Sie weitergehen möchten, stehen wir mit fundierter Analyse, pragmatischen Tools und strategischer Beratung an Ihrer Seite. Damit Entgeltgerechtigkeit nicht nur ein Ziel bleibt – sondern Realität wird.

Jetzt vorbereiten – 2026 ist morgen.


Gerne unterstützen wir Sie bei der Analyse & Maßnahmen zur Behebung des Gender Pay Gaps.