„Leadership-Prinzipien sind nicht mehr optional, sondern Voraussetzung”

„Leadership-Prinzipien sind nicht mehr optional, sondern Voraussetzung”

Auch die traditionelle Bankenbranche ist vor Disruption und Krisen nicht gefeit. Martin Zoller, Vorstand bei Deutschlands führendem Dienstleister für Wertpapierservices, Deutsche WertpapierService Bank AG (dwpbank), appelliert daher an einen Führungsstil, der Menschen dazu befähigt, den Herausforderungen standzuhalten und das Beste aus sich herauszuholen. Denn „die Welt, so Zoller, „ist VUCA.“

Martin Zoller, Vorstandsmitglied der Deutschen WertpapierService Bank AG (dwpbank)

Martin Zoller, Vorstandsmitglied der Deutschen WertpapierService Bank AG (dwpbank)

Wie lautet Ihr Führungsverständnis auf den Punkt gebracht?

Ich habe Freude an Führung. Freude daran, Menschen mitzunehmen und zu entwickeln. Ich führe potenzialorientiert, d. h. ich schaue, wie ich Mitarbeitende unterstützen kann, ihre Potenziale zu heben. Wenn ich sehe, wie Menschen ihre Fähigkeiten weiterentwickeln und ihren Weg gehen, freut mich das. Diesen Punkt finde ich am Führen eigentlich am Schönsten. Führung und Selbstführung sind aber auch mit Herausforderungen verbunden. Wenn ich einen Führungs- oder einen Entwicklungsbedarf sehe, muss ich natürlich auch mal enger führen. Führung ist in meinen Augen, Freude an den Mitarbeitenden zu haben. Das merken sie und können selbst einen Nutzen daraus ziehen. Wer also keine Freude an Führung hat, ist aus meiner Sicht nicht als Führungskraft geeignet.

Wie wurden Sie die Führungskraft, die Sie sind? Was oder wer hat Sie geprägt?

Ich glaube, es ist eine Mischung aus zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, Freude an Verantwortungsübernahme und Führung, und der Tatsache, dass ich selbst gute Führungskräfte hatte. Da waren Menschen, die mir immer wieder Chancen gegeben haben, mich zu verändern und die an mich geglaubt haben. Mit drei meiner vorherigen Führungskräfte stehe ich heute noch in Kontakt. Sie unterstützen mich bei konkreten Fragestellungen als Mentoren mit ihren Perspektiven und Ratschlägen. Ich bin insbesondere einem meiner früheren Manager sehr dankbar, weil er sehr früh an mich geglaubt und mir eine sehr verantwortungsvolle Rolle anvertraut hat. Er legte Führung nicht nur fachlich aus, sondern eher über die Entwicklung von Persönlichkeit und Soft Skills, die eigene Außenwirkung, den Umgang mit interner Governance und diversen Stakeholdern. Ich habe von meinen Vorbildern lernen können und habe daraus meine eigene Herangehensweise an das Thema Führung entwickelt.

Was ist Ihr USP als Führungskraft?

Das ist eher ein Vierklang. Ich habe, erstens, per se ein Grundvertrauen in meine Kolleginnen und Kollegen. Ich vertraue darauf, dass sie wissen, was sie tun und sagen. Wichtig ist mir, den Freiraum, die Luft und das Vertrauen zu geben, dass sie ihre Themen und Teams im Griff haben und entsprechend vorantreiben können. Umgekehrt sollen sie auch mir vertrauen können.

Zweitens: Offenheit. Wenn es etwas gibt, was vielleicht auch nicht gerade optimal läuft, dann sprechen wir darüber, weil wir nur dann an einer Lösung arbeiten können. Insofern sind Offenheit in jederlei Richtung und Empfänglichkeit für positives wie negatives Feedback wichtig.

Der dritte Punkt ist Verbindlichkeit. Wenn wir uns auf etwas geeinigt haben, dann gehen wir auch in die Umsetzung und stehen zu unseren Vereinbarungen.

Schließlich ist mir Vielfalt sehr wichtig. Ich erhalte nur gute Ergebnisse und leistungsfähige und motivierte Teams, wenn ich nicht immer nur „more of the same“ habe. Sehr homogene Teams erreichen meines Erachtens weniger kreative Lösungen als heterogene Teams. Aus meiner ganz persönlichen Erfahrung kann ich berichten, dass ich bessere Ergebnisse, eine bessere Stimmung und damit auch bessere Voraussetzungen für eine gute Führung schaffe, wenn ich ein vielfältiges Team habe. Und damit meine ich nicht die Frauenquote oder Diversity als Lippenbekenntnis. Wichtig sind kulturelle Vielfalt und Vielfalt in den Skills.

Was bedeutet für Sie Führung in der VUCA-Welt?

Das Wichtigste für Führungskräfte und Teams gleichermaßen ist zu realisieren, dass die Welt heute VUCA ist. Wenn ich akzeptiert und verinnerlicht habe, dass kein Tag mehr ist wie der andere, dann kann ich damit anders umgehen. Entscheidungen treffe ich nicht nur für heute, sondern auch für morgen und übermorgen. Natürlich bleiben da immer Punkte, die man nicht vorhersehen kann. Wenn ich das akzeptieren kann, kann ich mich in dieser sich schnell verändernden Welt besser bewegen. Das beinhaltet, sich nicht reflexartig einzuigeln, wenn man nicht weiß, was kommt, sondern die Herausforderung anzunehmen. Diese Unsicherheiten zu managen, macht Führung letztendlich auch so spannend. Wir sprechen ganz viel über die agile Organisation, aber nicht, weil dieses Thema gerade hip ist – sondern weil Agilität Methoden beinhaltet, die uns helfen, mit Veränderungen und einem dynamischen Umfeld besser umzugehen. Wenn man sich das mal genau ansieht, ist Agilität letztendlich ein sehr straff organisierter Prozess, der es ermöglicht, in kurzen Abständen mit hoher Geschwindigkeit Veränderungen zu organisieren. Um dauerhaft Offenheit für agile Arbeitswesen dafür zu erlangen, muss man das Thema immer wieder in das Unternehmen hineintragen. Wir müssen aber auch den Mut haben, uns letztendlich auch einzugestehen, dass wir heute nicht alle Antworten für die Zukunft haben.

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Wie gelingt Transformation bei der dwpbank?

Jetzt gerade sind wir in einer kulturellen, strukturellen und technologischen Transformation. Wir gehen z. B. zunehmend Richtung Cloud, da dies die Plattform-Technologie der Zukunft ist. Dafür müssen wir unsere Arbeitsweisen umstellen. Klassische Wasserfallprojekte funktionieren in einem zunehmend agilen Umfeld nur noch eingeschränkt. Vielmehr bedeutet agiles Arbeiten auch einen Wandel unserer Arbeitskultur. Als dwpbank haben wir hierzu ein umfassendes Transformationsprogramm aufgesetzt. Und deshalb spreche ich so viel über potenzialorientierte Führung, die Menschen befähigt, entwickelt und ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Umfeld aktiv mitzugestalten. Was uns sicherlich in der dieser Transformation hilft, ist der Mix aus zahlreichen neuen Mitarbeitenden und erfahrenen Kolleginnen und Kollegen, die unsere Bank und Prozesse sehr gut kennen – sprich: Die Mischung macht’s.

Hier gilt es zu betonen, dass Bewerber und Mitarbeitenden von einem attraktiven Arbeitgeber letztendlich moderne Leadership-Prinzipien, einen offenen und fairen Umgang, eine starke Unternehmenskultur und flexible Arbeitsmodelle erwarten. Diese Punkte sind nicht mehr optional, sondern werden vorausgesetzt. Als dwpbank haben wir z. B. eine 60 % Home Office Regelung vereinbart. Wir bekommen hierzu auch sehr positives Feedback als Arbeitgeber insgesamt. Die jüngste Mitarbeiterbefragung ergab eine Mitarbeiterzufriedenheit von 91%. Des Weiteren haben wir einen tollen kunuu Score und wurden vor kurzem als „Most wanted Employer 2022“ im Bereich Banken im Raum Frankfurt ausgezeichnet.

Wie würden Sie den Purpose Ihrer Organisation beschreiben? Ist dieser allen Mitarbeitenden klar und wie wird dieser operationalisiert?

Meiner Auffassung nach ist der Begriff „Purpose“ in Teilen etwas überhöht. Wenn man sich den einen oder anderen Purpose durchliest, stellt man fest, dass diese oft sehr generisch sind. Deswegen verwenden wir bei der dwpbank den Begriff Leitprinzip. Ich glaube, sie würden derzeit von unseren Mitarbeitenden sehr differenzierte Antworten auf die Frage nach einem Leitbild bekommen. Wenn Sie jemanden in der IT oder Operations fragen, wird die Antwort sicherlich sein: Wir wollen Stabilität. Der Kunde muss einen guten Service bekommen, die Prozesse müssen laufen. Im Kundenmanagement wird die Antwort sein: Ich muss unseren Kunden den bestmöglichen Service bieten, die passenden Lösungen und Produkte entwickeln und anbieten können. Und jemand, der sich mit dem Risikomanagement befasst, wird antworten: Unsere Kunden vertrauen darauf, dass wir unsere Risiken richtig und proaktiv managen.

All diese Sichten lassen sich als deutscher Marktführer für Wertpapierservices auf unser Leitprinzip Kundenzentrierung verdichten.

Welche Haltung und welche Skills benötigen Sie, um Wachstum für sich persönlich und Ihre Organisation in Zukunft zu ermöglichen?

Ich glaube, eine wichtige Grundhaltung ist, dass man Veränderungen nicht als Gefahr, sondern als Chance begreift und sich auf diese Veränderungen einlässt. Dazu gehört für mich offen und neugierig zu sein, Fragen zu stellen und immer weiter zu lernen. Das sind meines Erachtens die Grundvoraussetzungen für persönliches und organisatorisches Wachstum.

Welche drei Personen würden Sie mit auf eine einsame Insel nehmen, um nach Rückkehr eine noch bessere Führungskraft zu werden?

Ich würde einen meiner Mentoren mitnehmen, bei denen ich meinen potentialorientierten Führungsstil gelernt habe, und mit dem ich eine persönliche Verbindung habe. Mit Blick auf meine jüngste Lektüre, würde ich auch zwei weitere Persönlichkeiten wie Bill Campbell („The Trillion Dollar Coach“) und Katy Milkman („How to Change“) mitnehmen.

 

Über den Gesprächspartner:

Martin Zoller, geboren 1978, verantwortet das Dezernat für Finanz- und Risikomanagement bei der Deutschen WertpapierService Bank AG, kurz dwpbank, dem führenden Dienstleister für Wertpapierservices für den deutschen Bankensektor. Seit Ende 2021 ist Zoller Vorstandsmitglied und ist neben den Funktionen CRO und CFO auch für Human Resources und Compliance zuständig. Zuvor war er für die Deutsche Börse AG tätig, wo er Head of Group Risk Management und bis März 2021 Head of Risk Management der Tochtergesellschaft Clearstream Banking AG war. Bis Ende 2018 war er Chief Risk Officer für die Clearstream Banking S.A. Bis dahin hatte Martin Zoller elf Jahre in unterschiedlichen Positionen für HSBC Trinkaus & Burkhardt AG und andere HSBC Gesellschaften gearbeitet, unter anderem als Head of Financial Crime Compliance und Head of Operational Risk.

Haben Sie Fragen? Sprechen Sie uns an!

Barbara Thiell | E-Mail: Barbara.Thiell@kienbaum.de | Tel.: +49 69 96 36 44-39

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