So gelingt eine menschengerechte Digitalisierung der Öffentlichen Hand

So gelingt eine menschengerechte Digitalisierung der Öffentlichen Hand

Wir reden seit Jahren über die Digitalisierung der Verwaltungen in Deutschland. Häufig ist von Technologie die Rede, der Ausstattung, von Plattformen. Aber ohne Veränderungen bei den Menschen wird es nicht gehen. Warum nicht etwas einführen, womit Unternehmen sehr gute Erfahrungen gemacht haben?

„Wir haben die Faxe dicke“, wurde im Zuge der Corona-Pandemie zu einem geflügelten Wort. Anlass war die Tatsache, dass die meisten Gesundheitsämter die Infizierten-Listen per Fax an das Robert-Koch-Institut senden mussten. Es gab kaum digitale Workflows, was die Systeme gelinde formuliert träge und fehleranfällig machte. Und dies ist nur ein Beispiel.

Die Digitalisierung und der damit einhergehende technologische sowie kulturelle Wandel stellt den bisher größten zu bewältigenden Transformationsprozess für die Verwaltungen der deutschen Kommunen dar. Um als Kommune für die Bürger und die Wirtschaft attraktiv zu sein, müssen die Stadtverwaltungen die Herausforderungen der Digitalisierung annehmen und deren Chancen konsequent umsetzen.

In den meisten Kommunen wurden bereits diverse Maßnahmen auf den Weg gebracht, um Rückstände in der IT-Infrastruktur aufzuholen und die Grundlagen für einen sicheren und zeitgemäßen Betrieb der städtischen IT zu schaffen. Doch mit dieser Optimierung sind bestenfalls die Weichen für die digitale Zukunft der Stadtverwaltungen gestellt – es gibt noch sehr viel zu tun.

Veränderungsprozess zur Digitalisierung der Verwaltung

Im ersten Schritt braucht es eine tiefgehende Anerkennung der Dringlichkeit und der Relevanz: Die Digitalisierung der Verwaltungen ist nicht „nice to have“: Sie ist überfällig! Mit jedem neuen Tag steigt die Abhängigkeit der Städte von der IT. Das Megathema Digitalisierung muss nach innen und außen sichtbar werden.

Schritt zwei: Für die Beschäftigten der Kommunen muss eine digitale, moderne und attraktive Arbeitswelt geschaffen werden. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zurecht einen digitalen Zugang zu allen digitalisierbaren Bürgerservices der Städte. Sämtliche Funktionsbereiche einer Kommune müssen dafür digitalisiert werden.

Was sich zunächst technisch als lösbare Aufgabe darstellt, ist jedoch meist ein großer und sehr herausfordernder Veränderungsprozess. Insbesondere für die Mitarbeitenden der betroffenen Bereiche, die teilweise stark von alten traditionellen und hoheitlichen, hierarchiegetrieben Strukturen geprägt sind, in Silos denken und gewohnt sind, sich in diesen zu bewegen. In vielen Abteilungen bestehen große Beharrungskräfte, eine Absicherungsmentalität und eine zu starke Komplexität.

Es braucht also einen dritten Schritt: Um in diesem Umfeld die Digitalisierung erfolgreich voranzutreiben, bedarf es einer ordnenden und dirigierenden Hand. Zur Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie und deren Umsetzung muss in den kommunalen Verwaltungen ein CDO etabliert werden! Während der CDO in der Businesswelt mittlerweile weit verbreitet ist, war er in der kommunalen Verwaltung bis vor wenigen Jahren noch rar gesät – und dies, obwohl die Digitalisierung dort nicht nur zum Wohl der Gesellschaft und der Wirtschaft, sondern vor allem zum Wohl der einzelnen Menschen genutzt werden kann.

Was der CDO der Öffentlichen Hand leisten sollte

Doch welche Fähigkeiten und Eigenschaften muss ein CDO der Öffentlichen Hand haben? Wie schafft er/sie es die digitale Transformation für die Zukunft kontinuierlich voranzutreiben? Dafür lohnt zunächst ein Blick in sein Aufgabenspektrum:

Der oder die Chief Digital Officer (CDO) ist digitaler Chefstratege, Lotse und treibende Kraft des Digitalisierungsprozesses, in dem sich Kommunen seit einiger Zeit befinden. Er oder sie ist der Koordinator der Digitalisierungsbestrebungen einer Stadt. Hierfür muss der CDO laufend Informationen einholen, sie bündeln und richtig einordnen. Sie oder er wirbt aktiv für die Digitalisierung, kommuniziert geschickt und transportiert die relevanten Themen in die Verwaltung, die Politik und in die Gesellschaft.

Chief Digital Officer in der Verwaltung

Dabei muss ein oder eine CDO die Digitalisierung vermenschlichen und greifbar machen, Mitarbeiter:innen, Fachabteilungen, die Politik und vor allem die Bürgerschaft gewinnen. Das verlangt einen stetigen Austausch über die Notwendigkeit und Vorteile der digitalen Transformation – eine Transformation, die an niemandem vorbeigeht und die nicht aufzuhalten ist.

 

Mitarbeiter:innen der Verwaltung, die noch so oft mit Vorurteilen gegenüber der Digitalisierung zu kämpfen haben, müssen überzeugt werden, welche Vereinfachung die Digitalisierung ihrer Prozesse mit sich bringt. Der CDO ist der empathische Reiseleiter in die digitale Welt. Diese Reise unternehmen die Bürgerinnen und Bürger gerne. Oft wissen sie aber gar nicht, welche Services sie bereits digital nutzen können. So ist es nicht nur die Aufgabe des CDO, attraktive digitale Services zu entwickeln, sondern für diese auch zu werben.

“Der CDO ist der empathische Reiseleiter in die digitale Welt”

All das verlangt umfangreiche Kompetenzen in der Digitalisierung und auch im IT-Management, eine Erfolgsbilanz bei der Leitung tiefgreifender digitaler Transformationsprojekte und Erfahrung in Organisationsentwicklung sowie im Change-Management. Der CDO muss über hervorragend erprobte, mehrjährige Managementqualitäten verfügen – er muss Coach, Manager, Katalysator und Netzwerker sein.

Und last but noch least: Der CDO sollte über Erfahrung in der Öffentlichen Hand verfügen. Er muss die Herausforderungen des nicht nur technischen, sondern vor allem auch kulturellen Wandels der anstehenden digitalen Transformation der öffentlichen Verwaltung kennen und mit seiner Vision, seiner Kommunikationsstärke und seiner hohen Sozialkompetenz umsetzen können.
Dann schafft es der CDO, in der Verwaltung ein digitales Mindset und Digital Leadership zu etablieren. Und damit Garant für die langfristig erfolgreiche Digitalisierung der Öffentlichen Hand zu sein. Bis die Faxgeräte eines Tages in den Elektroschrott wandern.