Spannungsfeld Vergütung

Geschäftsleitungsbezüge in öffentlichen Unternehmen: Zwischen Wettbewerbsfähigkeit und öffentlicher Wahrnehmung

Wie viel ist „angemessen“? Die Vergütung von Vorständen und Geschäftsführungen in öffentlichen Unternehmen steht im Spannungsfeld zwischen Marktanforderungen und öffentlicher Erwartung. Regulatorische Vorgaben, Branchenspezifika und Unternehmensgrößen beeinflussen die Höhe der Bezüge erheblich. In einer aktuellen Kurzstudie analysieren wir die Vergütungsstrukturen in 140 öffentlichen Unternehmen und erkennen deutliche Unterschiede – etwa zwischen Branchen oder in der Rolle des Vorsitzes. In diesem Artikel fassen wir Herausforderungen und den richtigen Maßstab für faire, marktgerechte Geschäftsleitungsvergütung der Studie zusammen.

Die Vergütung von Vorständen und Geschäftsführungen im öffentlichen Sektor folgt eigenen Rahmenbedingungen und Herausforderungen. Regulatorische Vorgaben, transparenzgesetzliche Bestimmungen und wirtschaftliche Aspekte beeinflussen die Gehaltsstrukturen und Vergütungshöhen maßgeblich.

Die Gesellschafterinnen und Gesellschafter bzw. die Aufsichtsrätinnen und Aufsichtsräte öffentlicher Unternehmen stehen dabei vor der Herausforderung, eine Balance zwischen Angemessenheit, Transparenz und dem kritischen Blick der Öffentlichkeit zu finden. Dreh- und Angelpunkt in diesem Spannungsfeld ist die Frage nach der Angemessenheit der Bezüge – eine Fragestellung, die nicht eindeutig zu beantworten ist. Zwar bieten der Public Corporate Governance Kodex des Bundes (PCGK), sowie die entsprechenden Kodizes von Ländern und Kommunen Orientierungshilfen, doch bleibt der Begriff der Angemessenheit ein unbestimmter Rechtsbegriff, der im Einzelfall durch das Überwachungsorgan bewertet werden muss. Ein wesentliches Kriterium ist dabei das jeweilige Vergleichsumfeld, das Aufschluss über die marktübliche Vergütung gibt.

Markteinblick in Vergütungshöhen und -strukturen in öffentlichen Unternehmen

Kienbaum hat auf Grundlage der Geschäftsberichte die Vergütungen von Vorständen und Geschäftsführungen in 140 Unternehmen des öffentlichen Sektors ausgewertet und in einer Kurzstudie aufbereitet. Die hierin enthaltenen Vergütungsinformationen ermöglichen eine erste Orientierung im Marktvergleich. Neben der Höhe der Vergütung werden dabei auch strukturelle Unterschiede innerhalb einer beispielhaften Branche beleuchtet.

In der Kurzstudie betrachten wir die Geschäftsleitungsvergütung, differenziert nach Grundvergütung und erfolgsabhängigen Vergütungsbestandteilen. Die Vergütungsdaten basieren auf den in 2024 publizierten Geschäftsberichten für das Geschäftsjahr 2023.

Große Schwankungsbreiten der Bezüge

Die monetäre Jahresgesamtvergütung liegt pro Kopf in den betrachteten Unternehmen im Median bei 342 Tsd. €. Gleichwohl zeigen sich je nach Branche und Unternehmensgröße größere Schwankungsbreiten in der Vergütung.

Ein maßgeblicher Einflussfaktor ist nach wie vor die Unternehmensgröße: Je größer das Unternehmen desto höher liegen im Regelfall auch die Bezüge der Geschäftsleitung. Begründet ist das in der engen Beziehung zwischen Verantwortung und Vergütung. Die Leitung größerer Unternehmen ist komplexer, stellt höhere Anforderungen an die Fähigkeiten der Vorstands- und Geschäftsführungsmitglieder und ist mit höherer Personalverantwortung verbunden. Diesen engen Zusammenhang belegen auch die Ergebnisse der Kienbaum-Studie.

So liegen die Pro-Kopf-Bezüge von Vorständen und Geschäftsführern in Unternehmen mit mehr als 2.500 Beschäftigten zum Teil mehr als dreimal so hoch wie in Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten.

Aber auch die Branchenzugehörigkeit hat einen Einfluss auf die Vergütungshöhe: Insoweit wirkt sich insbesondere aus, dass die Komplexität der Aufgaben, unterschiedliche unternehmerische Risiken, die notwendige unternehmerische Initiative und die damit verbundenen Anforderungen an die Person im Bereich öffentlicher Unternehmen sehr branchenspezifisch ausgeprägt sind, was auch die Höhe der Bezüge in stärkerem Maße beeinflussen kann. Für öffentliche Unternehmen bedeutet dies – auch vor dem Hintergrund der Regelungen in den unterschiedlichen Public Corporate Governance Kodizes zum Vergleichsumfeld (z. B. Ziffer 5.3.2 des PCGK Bund) – dass eine differenzierte Betrachtung der jeweiligen Branchen bzw. Vergleichsmärkte erforderlich ist, die die jeweiligen spezifischen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen berücksichtigt und gleichzeitig den Bedürfnissen der Geschäftsleitungen nach einer marktgerechten Vergütung gerecht wird.

So liegt beispielsweise in unserer Stichprobe die Pro-Kopf-Gesamtdirektvergütung von Vorstands- und Geschäftsführungsmitgliedern in Unternehmen aus dem Infrastruktursektor (= Energie-/Versorgungswirtschaft und ÖPNV) im Median gegenüber den übrigen erfassten Branchensegmenten um mehr als 50 % höher.

Ein weiterer Einflussfaktor ist die hierarchische Stellung innerhalb des Geschäftsleitungsorgans: Die hervorgehobene Position der/des Vorsitzenden schlägt sich auch in der Höherdotierung nieder. Allerdings ist die Diskrepanz zu ordentlichen Gremiumsmitgliedern in aller Regel nicht so groß wie in Unternehmen mit überwiegend privater Eignerstruktur. Während dort der Vorsitzerzuschlag in der Regel im Schnitt bei 50 % bis 60 % liegt, beträgt dieser bei den hier untersuchten Unternehmen durchschnittlich rund 20 %.

Dynamisierung der Bezüge

Die Preisentwicklungen der vergangenen Jahre hatten auch Einfluss auf die Gehaltsentwicklung im Top Management. Durchschnittliche Steigerungsraten von 3 bis 4 % bei der Grundvergütung waren durchaus üblich. In den hier betrachteten öffentlichen Unternehmen ist dagegen eine gewisse Zurückhaltung zu beobachten. So stieg die Grundvergütung von 2022 auf 2023 im Median um moderate 1,9 %, die Gesamtdirektvergütung 3,0 %.

Bei der Interpretation dieser Entwicklung sollten jedoch besondere unternehmensspezifische Umstände berücksichtigt werden – etwa personelle Veränderungen im Vorstand oder Abfindungszahlungen. Solche Faktoren können die Ergebnisse beeinflussen und unter Umständen verzerren. Zudem bestehen auch Unterschiede in der Gehaltsanpassungspraxis. Nicht alle Verträge sehen eine turnusmäßige Anpassung der Grundvergütung oder zumindest eine entsprechende Überprüfung vor. Zum Teil wird die Vergütung auch erst im Falle einer Vertragsverlängerung angepasst, was dann naturgemäß einen größeren Sprung zur Folge haben kann.

Grundsätzlich sinnvoll ist eine regelmäßige Überprüfung und ggf. Fortschreibung der Grundvergütung. Dies verhindert abrupte Gehaltssprünge bei Vertragsverlängerungen und sorgt für Marktgerechtigkeit.

Bedeutung variabler Vergütung nimmt zu

Anteil an GesamtdirektvergütungIn öffentlichen Unternehmen ist der Anteil der variablen Vergütung an der Gesamtdirektvergütung (noch) nicht so stark ausgeprägt wie in privatwirtschaftlichen Firmen. Bei den in dieser Studie betrachteten Unternehmen beträgt der variable Anteil im Median 19 %. Besonders in kleineren Unternehmen liegt der Anteil der variablen Vergütung oft auch deutlich unter 20 %. In großen Unternehmen, beispielsweise der Versorgungswirtschaft, liegt dieser dagegen bei bis zu 30 % und teilweise auch darüber.

Die Bedeutung von Long Term Incentives wird künftig weiter zunehmen, da auch viele Public Corporate Governance Kodizes diesen Vergütungsbestandteil vorsehen – so beispielsweise auch der PCGK des Bundes (Ziffer 5.3.2).

Betriebliche Altersversorgung – wichtigste Zusatzleistung

Insbesondere die betriebliche Altersversorgung ist für Vorstands- und Geschäftsführungsmitglieder öffentlicher Unternehmen eine zentrale Zusatzleistung, da die gesetzliche Rente in der Regel nicht ausreicht, um den gewohnten Lebensstandard im Ruhestand zu sichern.

Hier hat sich in den letzten Jahren ein signifikanter Wandel vollzogen: Waren in der Vergangenheit endgehaltsbezogene Leistungszusagen üblich, so dominieren mittlerweile beitragsorientierte Zusagen, bei denen kein bestimmter Ruhegeldprozentsatz mehr zugesichert wird, sondern Arbeitgeberbeiträge, die – in der Regel über externe Versorgungsträger – in Anwartschaften auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden. Die spätere Höhe hängt insbesondere vom Erfolg der Kapitalanlage bzw. der Verzinsung ab.

Die Schwankungsbreite der aufgewendeten Beiträge ist auch hier signifikant: Während Vorstands- und Geschäftsführungsmitglieder in kleineren kommunalen Unternehmen oftmals nur über eine Zusatzversorgungskassenzusage verfügen, erhalten Organmitglieder in größeren öffentlichen Unternehmen nicht selten höhere Beitragszusagen.


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Vergütung Vorstand Geschäftsführer öffentliche Unternehmen 2025