Vom Zielbonus zur Beteiligung: Wie Mittelständler Mitarbeitende beteiligen und gleichzeitig Ownership verankern können
Klassische Bonusmodelle belohnen das Erreichen von vorab gesteckten Zielen. Aber was passiert, wenn die Planung dieser Ziele zunehmend zur Herausforderung wird oder wenn die Planungsprozesse selbst die Ambition der Mitarbeitenden ausbremsen? Wie lassen sich unter diesen Bedingungen Motivation und Engagement der Mitarbeitenden aufrechterhalten? Denn in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit kann genau das zum entscheidenden Erfolgsfaktor werden. Eine Antwort liegt in der Mitarbeitendenbeteiligung, also der Beteiligung der Mitarbeitenden am gemeinsamen Erfolg.
Managing Director / Partner | Compensation & Performance Management
Tobias Schlegelberger
Manager | Compensation & Performance Management
Senior Consultant | Compensation & Performance Management
Viele mittelständische Unternehmen stehen aktuell unter massivem Druck: hohe Energie- und Personalkosten, unsichere Marktbedingungen und ein zunehmender Fachkräftemangel bringen Geschäftsmodelle an Grenzen und machen eine belastbare Planung schwer. Gleichzeitig verändert sich der Arbeitsmarkt. Vor allem junge Talente erwarten mehr als nur ein gutes Gehalt. Sinnstiftung, Mitgestaltung, Wertschätzung und das Begegnen auf Augenhöhe rücken in den Vordergrund. Das Ergebnis:
Fachkräfte als Schlüsselressource: Die Gewinnung und Bindung von Talenten wird zu einem zentralen Faktor für Wettbewerbsfähigkeit.
Geringe emotionale Bindung und Mitverantwortung: Ohne Identifikation mit dem Unternehmen sinkt nicht nur das Engagement, auch Innovationspotenziale bleiben ungenutzt, wenn unternehmerisches Denken in der Belegschaft kaum verankert ist.
Unsichere Planung schwächt Anreize: In volatilen Märkten wird die Planung zunehmend zur Glaskugel, sodass klassische Zielbonusmodellen an ihre Grenzen stoßen. Die enge Verknüpfung von Vergütung und (Budget-)Planung kann Motivation und Fairness untergraben und gleichzeitig konservative Zielsetzung begünstigen, bei der mutige und ambitionierte Vorhaben außen vor bleiben.
Mitarbeitendenbeteiligung als Faktor für langfristigen Erfolg
Langfristiger Erfolg braucht die Motivation, Bindung und Verantwortung der Mitarbeitenden. Die Mitarbeitendenbeteiligung kann genau hier ansetzen: Sie schafft eine echte Verbindung zwischen Belegschaft und Unternehmenserfolg – wirtschaftlich wie kulturell. Richtig umgesetzt können Mitarbeitendenbeteiligungen die Verbindung zwischen Unternehmen und Belegschaft stärken, langfristig die Innovationskraft von Unternehmen erhöhen und eine unternehmerische Kultur fördern.
Wertschätzung, die sichtbar wird: Beteiligungen senden ein starkes Signal, dass gemeinsamer Erfolg anerkannt und honoriert wird. Strategisch kommuniziert, erleichtert es die Gewinnung und Bindung von Fachkräften.
Identifikation und Mitgestaltung: Mitarbeitende profitieren nicht nur vom Unternehmenserfolg, sondern fühlen sich als aktiver Teil der gemeinsamen Unternehmung – dies erhöht die Bindung und das Engagement. Mitarbeitende bringen eigene Ideen ein, übernehmen Verantwortung und treiben Innovationen voran.
Motivation trotz Unsicherheit: Beteiligungsmodelle funktionieren auch, wenn genaue Zielvorgaben schwer planbar sind. So schaffen sie Motivation auch ohne starre Bonusziele.
Viele Mittelständler haben mit der Einführung von Mitarbeitendenbeteiligungen gute Erfahrungen gemacht. Und ein Blick auf die gängigen Modelle in der Praxis zeigt: Es muss nicht kompliziert sein.
Wie kann die Mitarbeitendenbeteiligung konkret aussehen?
In AGs – insbesondere börsennotierten – sind Aktienbeteiligungen etabliert: Mitarbeitende erwerben Aktien und profitieren von Kursgewinnen und Dividenden. Häufig bieten Unternehmen die Aktien zu einem vergünstigten Kurs (sog. Discount Shares) oder Zusatzaktien beim Kauf oder langfristigem Halten von Aktien (sog. Matching Shares) an. Für viele mittelständische Unternehmen kommen solche echten Beteiligungsmodelle – aufgrund einer anderen Rechtsform oder weil die Eigentümerstruktur nicht verändert werden soll – nicht infrage.
Alternative Formen, wie Mezzanine-Beteiligungen (z. B. stille Beteiligungen oder Genussrechte), ermöglichen eine wirtschaftliche Beteiligung ohne gesellschaftsrechtliche Mitsprache. Mögliche steuerliche Vorteile dieser Modelle gehen jedoch ohne echte Unternehmensanteile in der Regel verloren. Zudem sind sie in der Praxis oft wenig flexibel und rechtlich komplex.
Für viele Mittelständler hat sich daher der Weg über virtuelle Beteiligungen als erfolgsversprechend erwiesen. Sie bilden die Logik einer echten Beteiligung wirtschaftlich ab, ohne in die Eigentümerstruktur einzugreifen. Mitarbeitende werden am Erfolg oder Wertzuwachs des Unternehmens beteiligt, ohne formal Anteile zu halten – ein großer Vorteil bei der Umsetzbarkeit. Typische Formen virtueller Beteiligung sind:
- Kennzahlenbasierte Erfolgsbeteiligungen: Mitarbeitende werden am Wert oder Wertzuwachs einer Erfolgskennzahl beteiligt.
- Phantom Shares: Mitarbeitende erhalten virtuelle Aktien, deren Wertentwicklung an die des Unternehmens gekoppelt ist.
- Virtuelle Aktienoptionen (VSOP): Mitarbeitenden werden virtuelle Aktienoptionen gewährt. Diese sichern das Recht auf eine spätere Auszahlung zu, die vom Zuwachs des virtuellen Unternehmenswerts abhängt.
Welche Beteiligungslösung passt zu welchem Unternehmen?
Die virtuellen Beteiligungsmodelle gehen mit verschiedenen Zielen und Vorteilen einher, weshalb sie in Abhängigkeit des jeweiligen Kontexts gewählt werden sollten.
Unternehmensprofil | Zielsetzung | Form der Beteiligung | Vorteile |
Mittelständische Unternehmen mit stetigem moderatem Wachstum oder hoher Planungs- unsicherheit |
Motivation & wirtschaftliche Teilhabe |
Erfolgsbeteiligung | Einfach zu verstehen und umzusetzen, Fokus auf Profitabilität, hohe Flexibilität |
Fokus auf Unternehmenswert & langfristige Bindung | Phantom Shares | Bildet echte Beteiligung nach (Ownership-Gedanke), hohe Flexibilität |
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Mittelständische Unternehmen in dynamischer Wachstumsphase |
Wertsteigerung & langfristige Bindung | VSOPs oder Phantom Shares | Starker Wachstumsanreiz, bildet echte Beteiligung nach, hohe Flexibilität |
(Börsennotierte) Aktiengesellschaft |
Breite Identifikation & Motivation | Mitarbeitendenaktien | Anwendbar auf breite Belegschaft, bekanntes Modell |
Fazit: Beteiligung als Weg zu mehr Ownership
Wo klassische Bonusmodelle in volatilen Zeiten an ihre Grenzen stoßen, bieten Mitarbeitendenbeteiligungen eine echte Alternative: Sie schaffen Bindung, stärken Identifikation und setzen neue Anreize auch ohne plangenaue Zielsetzung. Gerade virtuelle Beteiligungsmodelle haben sich in vielen mittelständischen Unternehmen als praktikabel erwiesen, da sie flexibel in der Ausgestaltung und vergleichsweise einfach umzusetzen sind. Für Unternehmen, die in unsicheren Zeiten Verantwortung verankern und Partizipation an gemeinsamem Erfolg ermöglichen wollen, kann die Mitarbeitendenbeteiligung ein wirkungsvolles Instrument sein.