Brave Leadership
19. November 2025
|4 Minuten Lesezeit
Kapital trifft Werte – Wie Private Equity zum Wachstumsmotor für den Mittelstand wird
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Der deutsche Mittelstand steht vor gewaltigen Herausforderungen: Digitalisierung, Nachfolgeproblematiken und der Zwang zur Internationalisierung erfordern nicht nur Mut, sondern auch Kapital. In der jüngsten Ausgabe der Kienbaum Brave Leadership Serie widmeten sich unsere Gäste dem Spannungsfeld zwischen traditionellem Unternehmertum und Finanzinvestoren. Unter dem Titel „Kapital trifft Werte“ diskutierten die Expert:innen, warum die alte Heuschrecken-Rhetorik ausgedient hat und wie echte Wachstumspartnerschaften entstehen.
Die Kienbaum-Moderator:innen Eberhard Hübbe (Managing Director/Partner) und Dr. Isabella Peres (Senior Manager) versammelten in dieser Session eine Runde, die alle Facetten einer Private-Equity-Transaktion abdeckt: Von der Unternehmerseite über Investor bis hin zum M&A-Berater. Zu Gast waren Alexander Geisinger (CEO, Auxeum Group), Marc Thiery (Gründer & Managing Partner, Deutsche Private Equity, DPE), Christian Kasten (Partner, DPE) sowie Henning von Poser (Managing Director, Transfer Partners).
Das Ziel der Diskussion war klar: Berührungsängste abbauen und aufzeigen, wie professionelles Beteiligungskapital mittelständische Unternehmen zukunftsfähig macht.
Vom regionalen Spezialisten zum europäischen Player: Der Fall Auxeum
Einen authentischen Einblick in die Praxis gab Alexander Geisinger. Er schilderte, wie die Auxeum Gruppe, eine auf die chirurgische Behandlung von Lipödemen spezialisierte Klinikkette, an Wachstumsgrenzen stieß. Geisinger erklärte, dass es regulatorisch in Deutschland für Ärzte und Einzelpersonen äußerst schwierig sei, über regionale Grenzen hinaus zu expandieren.

Alexander Geisinger, CEO der Auxeum Group
Um das medizinische Konzept flächendeckend in Deutschland auszurollen, entschied sich das Unternehmen bewusst für Private Equity. „Wir brauchten Expertise, Erfahrung und Kapital“, so Geisinger. Seine Bilanz nach den ersten Jahren der Partnerschaft: Die Erwartungen wurden sogar übertroffen. Statt lediglich ein deutschlandweiter Akteur zu werden, schaffte es Auxeum sogar, in die Schweiz und die Niederlande zu expandieren. Künftig will man sich europaweit aufstellen. Eine Entwicklung, die ohne einen externen Partner und dessen Mut zu großen Investitionen so nicht möglich gewesen wäre.
Private Equity: Mehr als nur Geld
Marc Thiery räumte in seinem Impuls mit dem veralteten Image der Branche auf. Er betonte, dass es bei Private Equity im Mittelstand heute primär um die Kombination aus Kapital und Expertise gehe. „Wir verstehen die Kultur des Mittelstands“, versicherte Thiery.
Die Diskussion zeigte, dass deutsche Mittelständler oft über exzellente Produkte verfügen, aber bei Themen wie Digitalisierung, Pricing oder Vertriebssteuerung Aufholbedarf haben. Hier setzen die Investoren an, ohne – wie Thiery betonte – operativ ins Management einzugreifen. Zwar existierten i. d. R. vertragliche Mitspracherechte, doch diese würden in einer gut funktionierenden Partnerschaft, die auf Dialog basierte, faktisch kaum genutzt.
Der Prozess: Transparenz als Schlüssel

v.l.: Marc Thiery (Deutsche Private Equity), Henning von Poser (Transfer Partners), Dr. Isabella Peres (Kienbaum)
Einigkeit herrschte in der Runde darüber, dass eine solche Partnerschaft auf guter Vorbereitung basieren muss. Henning von Poser erläuterte aus der Perspektive des M&A-Beraters, wie wichtig es für Unternehmer ist, frühzeitig den Marktwert realistisch einzuschätzen und die richtige Käufergruppe zu identifizieren.
Sobald im Unternehmen die Entscheidung gefallen ist, einen Investor ins Boot zu holen, gehe es zuallererst um Transparenz, so Christian Kasten. Viele mittelständische Unternehmen würden oft nur bedingt kennzahlengesteuert geführt. In den ersten 100 Tagen liege der Fokus daher oft auf der Herstellung von Transparenz und der Professionalisierung der Strukturen: Die richtigen Kompetenzen und die nötigen Kapazitäten herzustellen, sei hier entscheidend. Digitalisierungsexpert:innen seien ebenso nötig wie der Auf- bzw. Ausbau einer Management-Ebene, die das Unternehmen auf die nächsten Jahre führen soll. Dafür werde zunächst intern nach den nötigen Talenten gesucht, notfalls aber von extern besetzt. Ziel müsse es sein, Organisationen schnell skalierbar zu machen und innerhalb von 6-12 Monaten spürbare Ergebnisse zu liefern.
Henning von Poser gab zu bedenken, dass Unternehmen, die bis dato oft von Eigentümer:in oder CEO allein geführt wurden, nun durch den Einstieg eines PE-Partners einen Counterpart auf Augenhöhe bekommen. Dieser Partner nehme, so von Poser, kein Blatt vor den Mut – etwas, was in der gewohnten Hierarchie häufig fehlt. Auf diese Weise kann der Einstieg dem Unternehmen einen großen strategischen Schub geben.
Kulturwandel und Talentmanagement: Keine Angst vor dem Investor

Christian Kasten (Deutsche Private Equity)
Ein wichtiger Teil der Diskussion drehte sich um den Faktor Mensch. Die Sorge, dass ein Finanzinvestor die Unternehmenskultur zerstöre, entkräfteten unsere Gäste einhellig. Im Gegenteil: Christian Kasten und Marc Thiery berichteten, dass Private Equity in ihrem Fall – aber auch allgemein – oft als Katalysator für eine Leistungs- und Wertekultur wirke. Ein Punkt, den auch Alexander Geisinger aus eigener Erfahrung bestätigte.
Marc Thiery betonte in diesem Zusammenhang, dass gerade die HR von der Professionalisierung profitiere: Im Mittelstand oft nur als administrative Funktion gesehen, wird sie nun fast zwangsläufig zum strategischen Partner für Recruiting und Retention.
Alexander Geisinger: „Die Königsdisziplin ist Retention! HR ist damit einer der Schlüsselfaktoren, dass man nicht nur rekrutiert, sondern vor allem hält.“
Ein mehrfach hervorgehobener Punkt: Top-Talente suchen heute Wachstum und Gestaltungsmöglichkeiten. Alexander Geisinger bestätigt, dass es durch den Wachstumskurs der Auxeum Gruppe gelang, Mitarbeitende zu gewinnen, die für eine rein regionale Praxis nicht erreichbar gewesen wären. Außerdem würden Angestellte durch Beteiligungsprogramme, so von Poser und Kasten, zu Mitunternehmer:innen gemacht, was die Identifikation mit dem Unternehmen und dem Unternehmenserfolg massiv steigere.
Fazit: Eine Partnerschaft auf Augenhöhe
Die Session verdeutlichte, dass Private Equity für den deutschen Mittelstand weit mehr ist als eine reine Finanzierungsform. Es ist ein Instrument zur Professionalisierung und Internationalisierung. Grundlage dafür ist die gemeinsame Einsicht, dass es sich in jeder Hinsicht um eine „Wachstumspartnerschaft“ handeln muss, bei der Vertrauen und Leistungsbereitschaft große Möglichkeiten mit sich bringen.
Brave Leadership Serie
Die Kienbaum Veranstaltungsreihe Brave Leadership liefert regelmäßig Einblicke in werteorientierte Führung – mit Best Practices aus verschiedenen Branchen und konkreten Impulsen für Ihren Führungsalltag.
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